Le crime de la rue de Chantilly

Le crime de la rue de Chantilly
Fernsehfilm, Frankreich 1965/67 Regie: Guy Jorré  Buch: Jacques Vigoreux, nach dem Roman von Marie-François Goron  Kamera: Jacques Duhamel  Kameramann: Bernard Sury Musik: Alain Bernaud Schnitt: Marguerite Renoir  Kostüme: Jacqueline Guyot Regieassistenz: Michel Pezin Script: Annick Jorré Ausstattung: Éric Simon Produktionsleitung: Pierre Pardon Produktionssekretärin: Ida Fassio Produzent : Pierre Braunberger Produktion: Les films du jeudi EA: 23.09.1968
Darsteller:
Gabriel Gobin (Jaminot), Annick Allières (Fifi), André Weber (Fil en Double), Georges Beauvilliers (Lésinet), Marcel Gassouk (Balembois), Pierre Pernet (Loutard), Pierre Marteville (Maladon), Lucien Raimbourg (Concierge), Raoul Curet (Belocq), Claude Jade (Lily, als Claude Jorré), Christian Azzopardi (Léon),  Henri Charrel (Cholard), André Faure (Marquis), Charles Moulin (Hotelier), Henri Poirier (Inspektor), Jean Daguerre (Kommissar), Paul Bisciglia (Baptiste), Michel Ferrand (Milchmann), Claudine Berg (Brothändlerin), Yvon Lec (Arzt), Raymond Devime (der Angestellte), Darling Légitimus (Prostituierte), Alain Mottet (Erzähler) u.a.

Die Verfilmung des 1909 erschienenen Romans von Marie-François Goron schildert die polizeilichen Ermittlungen im Fall eines Raubmords in einer Bank.
Zwei Auftritte von Claude Jade eröffnen und schließen den Film als idyllischer Kontrast zur düsteren Geschichte: in der Rolle der fröhlichen Näherin Lily bändelt sie mit dem Burschen Léon an.

André Héraud und Claude Jade 1964 in „Die Schule der Frauen“

In ihrem ersten Film agiert Claude Jade noch unter ihrem Mädchennamen Claude Jorré. Der ist zumindest in Dijon und der Côte-d’Or nicht mehr ganz unbekannt. Am 27. Mai 1964 spielt sie die Agnès am Théâtre de Dijon. Das Herzrasen bei der Ankündigung „Mesdames, Messieurs, das Stück beginnt in zehn Minuten“ begeistert die Debütantin; auch, dass ihr viel beschäftigter Cousin und Pate Guy Jorré, der als Fernsehregisseur arbeitet, aus Paris anreist, um dieses wichtige Ereignis mitzuerleben. Zwei Tage später erscheint in den „Dépêches“ eine Kritik von Bernard Laissus: „Eine exzellente Entdeckung: Claude Jorré.“
Sie geht gemeinsam mit André Héraud als Arnolphe, Michel Huvet als Horace und ihren weiteren Partnern mit dem Stück auf Tournee durch das gesamte Departement  Côte-d’Or : Châtillon-sur-Seine, Montbard, Genlis, Saint-Jean-de-Losne und Laumes. Mit den Aufführungen an der Comédie de Bourgogne sind es für Claude Jorré 40 Vorstellungen in drei Monaten.

Guy Jorré (16. August 1927 – 15. November 2019) war der Sohn von Georges Jorré, dem zehn Jahre älteren Bruder von Claudes Vater Marcel Jorré. Er war Claude Jades Pate und Regisseur zahlreicher Fernsehfilme.
Er hatte an der Filmhochschule IDHEC studiert und begann 1957 beim Fernsehen als Assistent von Marcel Cravenne. Er drehte unter anderem die Balzac-Verfilmung „Vater Goriot“ (1972) mit Charles Vanel. Oft besetzte er seine Frau Annick Allières, die in „Le crime de la rue de Chantilly“ die Rolle der Fifi spielte. Sein bevorzugter Schauspieler war Jacques Dufilho („Josse“, Le Fou du viaduc“, „Le Roi Muguet“, „Le soleil des autres“). 1975 erhielt Guy Jorré für seinen Fernsehfilm „Une place forte“ den Prix de la francophonie. Sein letzrer Film war 1995 „Un ange passe“ mit Roger Souza, Renée Faure und Annick Allières.

Als die Jorrés die Sommerferien in einem Chalet im Queyras verbringen, erreicht sie ein Telegramm von Claudes Paten, eben jenem jungen Regisseur Guy Jorré. Er bereite einen Fernsehfilm vor und brauche dringend ein Photo von seiner Cousine.
Ihr zuletzt aufgenommenes Portrait zeigt sie als Zwölfjährige mit Zöpfen. Also hinab aus einem in 1.800 Meter Höhe gelegenen Dorf zu einem Photographen in Briançon. Die Aufnahme, die sie ihm senden, zeigt ein starres Lächeln, von dem Claude enttäuscht meint, es verleihe ihr einen Hauch von Einfältigkeit.
Guy Jorré ist dennoch zufrieden und Claude hat im Sommer 1965 ihren ersten Drehtag – in Versailles. Als Lily eröffnet und schließt sie den im Fin-de-siècle angesiedelten Kriminalfilm „Le crime de la rue de Chantilly“. Sie rägt ein 1900er Kostüm mit einem langen geflochtenen Zopf und dazu geknöpfte Stiefeletten: „eine perfekte Cousette !“

Christian Azzopardi als Leon und Claude Jade als Lily in „le crime de la rue de Chantilly“

Sie bedauert, dass sich die Maskenbildnerin auf direkten Wunsch der Regie weigert, ihr Make-up, Eyeliner und Mascara aufzutragen. Sie bekommt lediglich Puder, um nicht zu glänzen.
Die Rolle ist klein, doch bleibt sie mit ihrem Verehrer Léon die einzige unbekümmerte Figur.  In einer düsteren Moritat mit Personal von der verruchten Dirne (Guy Jorrés Frau Annick Allières) bis zu gemeinen Halunken und Totschlägern bricht die Wirkung ihrer Cousette Lily diese Düsternis mit natürlichem Liebreiz auf.

Etwas schüchtern beklagt sich der Arbeiter Léon, dass Lily an ihm vorbeigeeilt sei ohne ihn zu grüßen. Er hoffe, sie würde nicht die Verabredung zum Ball am nächsten Abend vergessen. Sie entschuldigt sich lächelnd und sagt ihm, es bestünde kein Grund zur Sorge. Nun müsse sie sich aber sputen, verabschiedet sie sich und eilt weiter.
Nach der Klärung des Verbrechens begegnen wir am Ende des Films den beiden Figuren Lily und Léon, die in idyllischem Kontrast zur Hauptgeschichte stehen, wieder: sie sind nun ein Paar. Und es erscheint der zweite Artikel zu Claudes Karriere – der „Figaro“ druckt ein Photo von Claude als Lily. Ihrem Filmpartner Christian Azzopardi, der zuvor unter anderem in Marcel Carnés “Les tricheurs“ gespielt hatte, gehört später das Pariser Restaurant Coupe-Chou, das Claude Jade am 14. Dezember 1972 besuchen wird – mit Ehemann Bernard Coste und ihren Hochzeitsgästen.

Guy Jorrés Frau Annick Allières, die unter anderem als Brigitte Bardots Freundin Noémie in „En cas de malheur“ (Mit den Waffen einer Frau) bekannt wurde, vermittelt Claude Jorré 1966 ihre erste Serienrolle als Co-Star der Heldin in „Prunelle“. Nun ändert sie ihren Namen – in Claude Jade.