La Crim – Le secret

Claude Jade als Armande de Montcourtet in „La Crim‘ – Le secret“ (2004)

LA CRIM‘ : LE SECRET    (Das Geheimnis)

TV 2004 Regie: Dominique Guillo  Buch: Anne-Marie Catois, Eric Prugnaud, Laurent Vivier Kamera: Thierry Jault  Schnitt: Maguelone Pouget  Ausstattung: Dominique Douret Casting: Laurence Lustyk Regie-Assistenz: Loïc Dugué, Laetitia Paoli  Kostüm: Francine Lapassade Maske: Pascale Fau, Frisuren: Diana Mojito Produzent: Jean-Pierre Ramsay Levi  Produktion: FR2, FIT Productions Erstausstrahlung: 05.03.2004  France 2 Deutsche Erstaustrahlung: 17.09.2007 TV5 [OmU]
Darsteller:
Isabel Otero (Hélène Vallon), Jean-François Garreaud (Lemarchand), Didier Cauchy (Scandella), Claude Jade (Armande de Montcourtet), Christian Bujeau (Xavier de Montcourtet), Tristan Calvez (Arnaud de Montcourtet), Alexandra London (Bailly), Teco Celio (Paulo), Jean Dell (Belmonta), Séverine Ferrer (Célia), Jean-Pierre Lazzerini (Legrand), Dominique Guillo (Alexandre Siskowski), Stéphanie Pasterkamp (Nathalie), Blanche Raynal (Irène Legaennec), Sophie Barjac (stellvertretende Staatsanwältin), David Le Roch (Hotelangestellter) u.a.

Frauenheld und Vermögensverwalter Jean Alberti wurde ermordet. Unter den Verdächtigen ist auch sein Geschäftspartner und Freund, Baron Xavier de Montcourtet. Es stellt sich heraus, dass Alberti eine Affäre mit Armande, der Frau des Barons, hatte…

Jean-François Garreaud und Alicia Alonso mit Claude Jade als Armande de Montcourtet in „La Crim‘: Le secret“ (2004)

Im März 2004 strahlt France 2 den Krimi „Le secret“ aus der Serie „La Crim“ aus – in jenem Monat veröffentlichte Claude Jade bei Éditions Milan ihre Erinnerungen „Baisers envolés“. In einem Interview mit Amélia Vilar del Peso, Chefredakteurin des Magazins „Boulogne Billancourt“, anlässlich der Veröffentlichung ihrer Memoiren, bezog sie sich auch auf „La Crim“ und die Besetzungssituation für ältere Schauspielerinnen.

Am 5. März 2004 Erstausstrahlung von „La crim: Le secret“, im März veröffentlicht Caude Jade auch ihre Erinnerungen „Baisers envolés“

Als Claude Jade erwähnt, dass man ihr gerade keine großen Sachen anbiete und die Mehrzahl der Schauspielerinnen ihres Alters wie in ihrem Fall zu jung für die Großmütter und zu alt für die Ehefrau eines 60jährigen sind („Es ist wie es ist“), bemerkt Vilar del Paso: „Sie könnte verbittert sein nach dreißig Jahren in diesem Metier mit mehr als 70 Filmen für die große und die kleine Leinwand und den zahlreichen Rollen am Theater, aber nichts. Köstlich würden einige sagen. Es ist sinnlos, bei ihr nach Starallüren zu suchen.“

Zu jener Zeit am Runden Tisch des UJJEF (Union des Journaux d’Entreprise de France) äußert sie sich in einer Debatte zur Stellung der Frau in der Berufswelt und zu ihrer Bezahlung: „In meinem Metier ist das Problem ein anderes, denn Schauspieler werden nach ihrem Bekanntheitsgrad bezahlt. Das Dienstalter und die Fülle der Engagements spielen keine Rolle, die Popularität schon. Und schließlich sind die Rollen ‚reifer Frauen’ selten und oft uninteressant.“

Im Monat der Buchveröffentlichung, am 5. März 2004, liefert sie in „La Crim‘: Le secret“ eine starke Leistung als Armande de Montcourtet. Der Krimi wird ebenso wie „Vrai ou faux“ (Wahr oder falsch), den sie anschließend für die Serie „Groupe Flag“ dreht, in Deutschland erst 2007 nach ihrem Tod zu sehen sein, beide laufen mit deutschen Untertiteln auf TV5 Europe. Auf die kühle Frau eines Barons, deren Liebhaber ermordet wurde, folgt die Witwe Emma Nazarov, die Falschgeld in Umlauf bringt; bereits jene „vielle dame indigne“ oder „unwürdige Greisin“, die sie sich fürs Alter gewünscht hätte.

Es ist nach ihren zwei Jahren als Hauptdarstellerin der Serie „Cap des Pins“ (1998-2000), der Nebenrolle in „Sans famille“ (2000) und den beiden Kurzfilmen „La Rampe“ (2000) und „À San Remo“ (2003), nach dreijähriger TV-Film-Pause ihre erste Fernsehrolle.
Rollen werden mit zunehmendem Alter für Schauspielerinnen seltener.
Jean-Daniel Verhaeghe, bei dem sie in „Eugénie Grandet“ und „Sans famille“ gespielt hatte, wollte ihr die Rolle der Thérèse de Fontanin in der Miniserie „Les Thibaults“ geben, doch die Produzenten verjüngten die Figur und besetzen eine 14 Jahre jüngere Schauspielerin. So wird sie als Gaststar in der Krimireihe engagiert.

Claude Jade schildert in „Baisers envolés“ ihre Sicht auf diese Art Besetzungen: „Auch die Art und Weise, wie man den Beruf ausüben kann, hat sich verändert. Heute muss man viele Türen passieren, bevor man einen Regisseur, vor allem beim Fernsehen, treffen kann. Zunächst muss man einen Termin mit einem Casting Director vereinbaren – ein Beruf, der in meinen Anfängen noch unbekannt war -, der vom Sender beauftragt wird, mögliche Schauspieler für eine Rolle auszuwählen; Sie müssen Probeaufnahmen machen, die in einem düsteren Büro schnell gefilmt werden, mit einer Szene aus einem Text, den Sie im letzten Moment lesen müssen. Sie wissen nichts über das Drehbuch oder die Figur, also los geht’s!

Anschließend werden die Videos den Verantwortlichen des Senders, dem Produzenten und schließlich dem Regisseur gezeigt, die alles miteinander vergleichen. Und wenn du Glück hast, kannst du für vier oder fünf Drehtage engagiert werden. Die Zeiten, in denen sich die größten Regisseure die Zeit nahmen, die Schauspieler zu treffen, ihne zu sagen, dass sie mit ihnen arbeiten wollen, sind lange vorbei… Es ist mir schon passiert, dass ich mich geweigert habe, unter solchen Bedingungen Probeaufnahmen zu machen, um zu beweisen, dass ich in der Lage bin, eine Rolle in einer der vielen Krimiserien zu spielen, mit denen das Fernsehen die Zuschauer überhäuft.

Ja, ich gebe zu, dass ich auch einen gewissen Stolz habe, aber ich arbeite gerne, weil es mir Spaß macht, und das scheint mir für einen Schauspieler am wichtigsten zu sein. Jedes Mal, wenn ich engagiert wurde, geschah dies, weil ich den Wunsch eines Regisseurs verspürte. Man sollte nicht die echten Begegnungen und die zwischenmenschlichen Beziehungen vergessen, die in diesem „verdammten Metier“ so wichtig sind! Ein Film ist vor allem eine Teamarbeit, bei der ein gutes Einvernehmen von entscheidender Bedeutung ist.“ Claude Jade war nie eine Schauspielerin, die Probeaufnahmen gescheut hat und improvisierte sich so mit Durchsetzungskraft zu ihren Rollen: als Édouard Molinaro ihr die Rolle der Arabelle in „Mein Onkel Benjamin“ geben wollte, bat sie um ein Casting für die Manette und setzte sich durch. Als sie Marcel Cravenne für „Die Insel der 30 Tode“ zu jung erschien, änderte sie Erscheinungsbild und Stimme und bekam die Hauptrolle in der Kultserie.
Dass sie 1998 für ihre Verdienste für die Französische Kultur zum Chevalier de la legion d’honneur ernannt wurde, 2000 in Miami den „New Wave Award“ für ihre „trendsetzende Rolle in der Filmwelt“ und 2002 in Puget-Théniers den „Prix réconnaissance des Cinéphiles“ erhalten hatte, ist auch nach ihrer durchgehend zweijährigen Präsenz in der Hauptrolle von „Cap des Pins“ keine Garantie für neue Rollen.

„Le secret“ erzählt ein Drama an der Grenze zur griechischen Tragödie: Eine verheiratete Aristokratin ist nach der Ermordung ihres Geliebten – und wie sich später herausstellt, dem Vater ihres Sohnes – gezwungen, ein jahrelanges Geheimnis aufzudecken.
Jean Alberti ist tot, mit einer Hantel erschlagen liegt er im Swimmingpool seiner Villa. Sein Geschäftspartner und bester Freund Xavier de Montcourtet (Christian Bujeau) ist ebenso entsetzt und verzweifelt wie dessen Frau Armande (Claude Jade), als sie und Sohn Arnaud (Tristan Calvez) von dem Mord erfahren.

Armande (Claude Jade) und Arnaud (Tristan Calvez) umarmen Ehemann und Vater Xavier

Als die Kriminalbeamten herausfinden, dass Alberti kurz vor seinem Tod Sex hatte, gesteht Armande de Montcourtet, seine Geliebte gewesen zu sein – seit einem Jahr. Ihr Mann habe von Anfang an Bescheid gewusst, „Depuis le début“, haucht Claude Jade brüchig und voller Qual als Armande und ergänzt unter tränenerstickter Stimme: „Depuis tout le débout.“

Die Polizisten erfahren, dass Jean Alberti einen Detektiv auf  Arnaud de Montcourtes Verlobte Célia angesetzt hatte. Diese hatte ein Verhältnis mit einem in der Schickeria operierenden Betrüger, was der Detektiv fotografisch beweisen konnte.

Jene von Séverine Ferrer gespielte Célia gerät kurzzeitig unter Verdacht.
Doch es stellt sich heraus, dass Armande de Montcourtet das „schäbige Flittchen“ Célia – eine junge Freizeit-Prostituierte, die Arnaud wegen des Vermögens schröpfen wollte  –  durchschaut hatte. Armande hatte 70.000 Euro ausgegeben, um Célia mit den Bildern vom Stelldichein bloßzustellen und eine Heirat zwischen ihr und Arnaud zu verhindern. Und Claude Jades Armande findet dies im Verhör durch die Polizei durchaus gerecht.

Weitere Ermittlungen ergeben, dass Xavier de Montcourtet seit einem Unfall vor 25 Jahren impotent ist. Da Arnaud 24 Jahre alt ist, gesteht Armande nicht nur die Zahlung an Belmonta – Jean Alberti ist ihr Liebhaber seit Beginn ihrer Ehe. Xavier hatte sie einst gedrängt, sich einen Liebhaber zu nehmen, doch die Schwangerschaft war ein Unfall. Die Montcourtets und Alberti schwörten sich damals, das Familiengeheimnis nie zu verraten.

Arnaud (Tristan Calvez) wird schließlich festgenommen.

Bailly (Alexandra London), Arnaud (Tristan Calvez), Armande (Claude Jade)

Die Verhaftung des Sohnes bringt für Claude Jade eine kurze Wiederbegegnung mit Alexandra London, der Heldin aus “Eugénie Grandet“, in dem beide Schauspielerinnen zehn Jahre zuvor gespielt hatten.


Claude Jades eindrucksvoller Zusammenbruch erfolgt, als Armande erkennt, dass Arnaud seinen eigenen Vater getötet hat und gesteht dies wider das falsche Mordgeständnis ihres Mannes. Arnaud, der seine Mutter mit jenem Mann, den er immer bewundert hatte, im Bett ertappt hatte und annahm, dass Alberti sowohl mit Armande als auch mit seiner Verlobten Sex hatte, gesteht letzten Endes den Mord – ohne zu wissen, dass Alberti sein Vater war.

Regie zum Krimi „Le secret“ führte Dominique Guillo, der in der Rolle des Leutnant Alexandre Siksowski zu den Hauptdarstellern der Serie gehörte und in diesem Film nur einen Kurzauftritt hatte. Guillo, hatte zuvor bereits zwei Kurzfilme gedreht, einen davon mit „La Crim“-Star Jean-François Garreaud, und es war für „La Crim“ seine fünfte Regiearbeit. Claude Jade erfüllt ihre Arbeit mit großer Sensibilität, von Beginn an von schmerzhafter Verzweiflung  getragen, um Fassung ringend, souverän die Interessen ihres Sohnes verteidigend und flehend, Arnaud möge nie erfahren, dass Alberti sein Vater war.

Kurz nach der Ausstrahlung erscheint ihr Buch und Claude Jade erklärt im Magazin „Boulogne Billancourt“:

„Ich war nie ehrgeizig, wenn jemand mit mir arbeiten wollte, war ich motiviert, es zu tun, ansonsten… Im Übrigen habe ich mich nicht geändert, ich gehe niemandem entgegen. Ich habe einen Agenten, der das macht, aber ich bin von der Schule der Begegnungen zwischen Regisseur und Schauspieler. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass ich zum Casting renne.  Ich will noch spielen, aber man bietet mir nicht viel an.“ Es klingt wie ein herzlicher Aufruf, kommentiert Amélia Vilar del Peso. Claude Jade wird in ihrem nächsten TV-Krimi eine „unwürdige Alte“ spielen, dann erscheint Autor und Regisseur Jacques Rampal mit „Célimène et le cardinal“. Die Célimène wird ihre letzte Rolle.

 

 

Claude Jade in „La Crim‘ – Le secret“ (2004) von Dominique Guillo