Das berühmte Motiv des Filmplakats von François Truffauts „Domicile conjugal“, Claude Jade und Jean-Pierre Léaud lesend im Bett, inspirierte später weitere Filmemacher des europäischen Kinos:
In Ingmar Bergmans „Scener ur ett äktenskap“ (Szenen einer Ehe, 1973) sitzt Liv Ullman mit Brille lesend neben Erland Josephson im Bett. Und in der neuen Generation zitiert Jean-Christophe Honoré das im Bett lesende Paar in seinem Film „Dans Paris“ (2006) und erweist ihm auch 2008 in „Les chansons d’amour“ Referenz.
Das Ehebett in „Domicile conjugal“ ist bei weitem nicht das einzige, das Claude Jade in ihrer Karriere bespielt hat.
Hier eine Auswahl.
LA PRUNELLE (1967)
Das erste Bett, das Claude Jade in ihrer Filmographie bezieht, ist die Pritsche in einem Schlafwagenabteil. Das Doppelstockbett teilt sie sich mit dem Star der TV-Serie „La Prunelle“, Armande Navarre.
Tantchen Prunelle und Nichte Rosette (hier bettfein im Nachthemd) verfolgen in der Episode „Prune et X 25“ einige Gauner im Zug.
LES OISEAUX RARES (1967)
Das Schlafzimmer der Zwillinge Juliette (Françoise Godde, rechts) und Martine (Dominique Labourier, im Hintergrund) ist zugleich Lagezentrum der Massonneau-Schwestern in der 60teiligen Serie.
Sylvie (Claude Jade) heckt aber auch im zweiten Schlafgemach, das sie sich mit Valérie (Bernadette Robert) teilt, Pläne aus, die für Chaos sorgen.
BAISERS VOLÉS (Geraubte Küsse, 1968)

Antoine (Jean-Pierre Léaud) und Christine (Claude Jade) im Ehebett von Christines Eltern
Vor der berühmten Verlobungsszene am Frühstückstisch – mit Zwiebacktrick, kleinen Zetteln und dem Flaschenöffner als Ring – steht in „Baisers volés“ die erste gemeinsame Nacht seiner Helden. Wenn Antoine Doinel und Christine Darbon in François Truffauts Filmzyklus das Bett teilen, fährt die Kamera über Teile eines zerlegten Fernsehapparats, als seien es abgelegte Kleider, gleitet die Treppen hinauf, schwenkt auf Christines leeres Bett und endet auf den Liebenden im Schlafzimmer der Eltern Christines. Truffaut streicht am Set zärtlich eine Strähne aus Claude Jades Gesicht – eine Geste, die sie später richtig zu deuten weiß: Antoine ist hier François‘ Stellvertreter und Truffaut selbst macht seiner Hauptdarstellerin wenig später einen Heiratsantrag (siehe „Baisers volés“).
SOUS LE SIGNE DE MONTE-CRISTO
(Der Rächer aus dem Sarg / Gejagt wie Monte Christo, 1968)
Gar nicht zärtlich wird Claude Jade in ihrem zweiten Kinofilm gebettet. Was auch immer die Schurken (Jacques Van Dooren, Iska Khan, César Torres) mit ihr vorhaben – keine Angst! Edmond Dantès, Bertuccio und Louis eilen herbei und setzen dem Treiben ein Ende. Mit dem Darsteller des Edmond, Paul Barge, wird Claude Jade in späteren Produktionen („La Mandragore“, „Cap des Pins“) das Bett teilen. Siehe auch: „Sous le signe de Monte-Cristo“
MAUREGARD (1969)

Balzac als Bettlektüre und Verlobung per Luftpost: Claude Jade und Annick Korrigan in „Mauregard“
Wie die Verlobung in ihrem Debüt bei Truffaut ist auch die in der Familiensaga „Mauregard“ unkonventionell. Geschrieben und inszeniert von „Baisers volés“-Co-Autor Claude de Givray, ist es eine Fernverlobung, ebenfalls zur Frühstückszeit, jedoch im Bett.
Der Verlobung mit Hilfe einer Brieftaube geht in dieser Bettszene eine gemeinsame Lektüre voran. War es in „Baisers volés“ Antoine Doinel, der Balzacs „Die Lilie im Tal“ las und damit dem Film eines seiner Motive gab, sind es nun die Waise Françoise (Claude Jade) und ihre adelige Freundin Hélène (Annick Korrigan), die sich gegenseitig aus Balzacs Roman vorlesen:
„Nie habe ich eine schönere Frau gesehen! Welche Hand und welcher Wuchs! Ihr Teint löscht die Lilie aus, und ihre Augen haben den Glanz eines Diamanten!“ zitiert Hélène eine Beschreibung der Arabelle und bezieht sie auf die von Claude Jade gespielte Françoise.
Bei ihrer Besetzung als Waise Françoise schwärmt Truffaut: „Mit deinen großen Augen könntest du allein die zwei Waisen spielen“ – gemeint sind die „Zwei Waisen im Sturm“, gespielt von Lilian und Dorothy Gish, denen er später seinen Film „Die Amerikanische Nacht“ widmete.
Zurück von den Schwärmereien Balzacs und Truffauts ans Bett in der Touraine: Hélène, die vor kurzem ihren standesgemäßen Verlobten und guten Freund Maxence de Mettray erfolgreich mit Françoise verkuppelt hat, will der Freundin zu ihrem Glück verhelfen.
An jenem Sommermorgen im Jahre 1885 flattert der Antrag Maxences ans Fenster. Hélène improvisiert nach Lesen der Nachricht, nimmt ihren Ring ab und streift ihn Françoise über den Finger. Natürlich hätte sie einen Flaschenöffner, wie er in „Geraubte Küsse“ zur Verlobung Verwendung findet, nehmen können – doch der wurde erst acht Jahre später – 1893 – erfunden.
Am Drehort zu „Mauregard“ erscheint François Truffaut und macht Claude einen Antrag.
Parallel zu „Mauregard“ dreht sie 1969 in Hollywood einen Film, in dem sie statt der Rüschenkleider Kostüme von Pierre Balmain und Edith Head trägt: Alfred Hitchcocks „Topas“.
TOPAZ (Topas, 1969)
Nicole saß auf Michèles Bettrand – ein Bild längst vergessener Vertrautheit, das sie beide für unwiederbringlich gehalten hatten. „O Mama, Mama!“ „Scht … ich bin ja jetzt bei dir.“ „Papa versucht, es vor mir zu verheimlichen, aber ich weiß, ich werde François nie wiedersehen.“
(Leon Uris, „Topas“, Roman, 1967)
„Claude Jade scheint mir nach allem, was ich über den Roman ‚Topaz‘ weiß, für eine der Rollen sehr geeignet zu sein“, schreibt François Truffaut am 4. Juli 1968 an Alfred Hitchcock.
Die Bettszene zwischen Michèle und ihrer Mutter aus Uris‘ Bestseller erscheint so ähnlich im Film. Hitchcock aber hat wohl Mitleid mit Michèle: Er lässt François Picard den Mordanschlag aus dem Roman überleben und in die Szene platzen.
Hitchcocks „Topas“, mit 4 Millionen Dollar sein bis dahin teuerster Film, hat Geld für teure Nachbauten – und nun mehr Drehtage für Michel Subor als François – verschlungen ; da blieb wohl für ein Bett in dieser Szene wenige Minuten vor Filmende nichts übrig. So weint Michèle auf einer Schlafcouch – die Sparversion einer Bestseller-Bettszene. Ob „Topas“ vielleicht auch deshalb so floppte?

Sollte das Bett aus dem Roman der Rückbank einer Limousine ähneln? Hitchcock: „Claude Jade ist eine ruhige junge Dame, doch für ihr Benehmen auf dem Rücksitz eines Taxis würde ich keine Garantie übernehmen.“
LE TÉMOIN (Der Zeuge, BE/F 1969)
Eine neue Liebe nach der Trennung von François Truffaut: Da dreht Claude Jade gleich nach ihrer Rückkehr aus Hollywood mit ihrem neuen Freund Jean-Claude Dauphin in Belgien einen romantischen Thriller und sie spielen zudem zwei Verlobte – und mit wem landet Claude Jade in „Le témoin“ im Bett? Mit Gérard Barray, Frauenschwarm sowie Mantel- und Degenheld der 60er. Doch statt eines edlen d’Artagnan gibt Barray hier einen zwielichtigen Museumsdirektor, dem Claude Jade als Mordzeugin Cécile verfällt. Für ihn lässt sie sogar ihren Verlobten sausen. Wie es zu diesem Chaos kommen konnte? Vielleicht, weil Autorin und Regisseurin Anne Walter nicht einen einzigen Drehtag am Set zu „Le témoin – Der Zeuge“ erschien.
MON ONCLE BENJAMIN
(Mein Onkel Benjamin / Der Mann im roten Rock, 1969)

Claude Jade führt Jacques Brel zum Bett aus Gras auf einem Feld im Vallée de Chevreuse
So wie Claude Jade erfolgreich eine Nacktszene ablehnt, verweigert ihre Manette dem Draufgänger Benjamin seit Beginn des Films das Bett. Im Finale ergreift sie die Initiative und wählt als Bett einen Schober auf einem Feld am Wald von Rabouillet. (siehe „Mon oncle Benjamin“)
DOMICILE CONJUGAL
(Tisch und Bett / Das Ehedomizil, 1970)

Christine – unter einem Portrait Rudolf Nurejews – liest Liliane Perrins „La route étraite“
Allein sieben Szenen der vielen Alltagsminiaturen in François Truffauts „Domicile conjugal“, gedreht in seiner Wohnung und seinen Büroräumen, spielen im und am Bett.

Claude Jade und François Truffaut in der Klinik Belvédère de Boulogne
Bereits ihr erster Drehtag ist eine Bettszene. Claude hat sich in Indien eine Gelbsucht eingefangen und muss das Bett hüten. Truffaut schreibt ihr: „Meine kleine Claude, nein, nein und nochmals nein, trotz deines gelben Teints werde ich dir nicht die Rolle der Japanerin geben!“ Die Drehpläne werden umgestellt und sie hat ihren ersten Drehtag in der Klinik Belvédère de Boulogne, in der auch Truffauts Töchter Eva und Laura geboren wurden: sie darf während der Arbeit liegen. Der Filmsohn, den Claude Jade behütet, ist in Wirklichkeit ein Mädchen. (siehe La fête des mères)
Wenn Christine das Kind bekommen hat und Antoine in der Klinik an ihrem Bett sitzt, hat sie den Baby-Blues. Eben noch war sie ein junges Mädchen, aber sofort nach der Geburt sagt sie „Lass mich allein!“ Und er, der Mann, versteht das nicht: „Ich wollte dich an einem Abend wie diesem nicht allein lassen.“ – „Schließlich hab ich das Kind ja auch allein gekriegt.“
Claude Jade: „Diese Szene macht klar, weshalb François der Lieblingsregisseur der Frauen ist. Es ist wahr, dass sich seine Filme an die Frauen wenden. Er besaß durchaus eine feminine Seite. Verblüffend, wie einfühlsam er war.“
„Wenn man Antoine und Christine im Bett beobachtet, benehmen sie sich nicht wie Mann und Frau, sie sind viel eher wie Bruder und Schwester“, beurteilt Claude Jade die Bettszenen in „Domicile conjugal“.
Wie Kinder, die Erwachsene spielen, sind sie, wenn Christine im Bett ihre Brüste betrachtet und schwört, wenn sie ein Kind bekäme, es auf keinen Fall zu stillen. Antoine, der feststellt, dass eine der Brüste größer als sie andere ist, will ihnen zu deren besserer Unterscheidung Namen geben.
Er schlägt zuerst Laurel und Hardy vor und nennt dann „diese hier Don Quijote und die kleine dicke da Sancho Panza“.

Christine weckt Antoine: Sechs Schafe, fünf Schafe, vier Schafe, drei Schafe, zwei Schafe, ein Schaf, null Schafe!
Christine schwärmt für den (homosexuellen) Tänzer Rudolf Nurejew, Antoine interessiert sich seit der Begegnung mit Kyoko für japanische Frauen, da sie „keine andere Frau“ sondern „ein anderer Kontinent“ sei. Die einzige Szene im Ehebett, in der durch einen Fetisch Erotik entsteht, ist jene, in der Antoine Christine bittet, ihre nach dem Lesen abgelegte Brille wieder aufzusetzen.
Ein vorläufiges Ende findet die Ehe, als Christine von Antoines Affaire mit der Japanerin erfährt. Als sie ihre Nachtwäsche in ihrem Geigenkasten versteckt, um im Hotel zu schlafen, rastet Antoine aus und reißt die Matratze vom Bett. Für ein Foto von Antoine am Nachttisch findet Christine rasch Ersatz: Sie zieht es aus dem Rahmen, zurück bleibt ein Portrait ihres Schwarms Rudolf Nurejew.

les contemporains de François Truffaut: Claude Jade, Jean-Pierre Léaud
LE BATEAU SUR L’HERBE (1971)
„La Gonzesse est partie – Die Tussi ist weg“ schmiert Eleonor (Claude Jade) mit Lippenstift auf ihr Bettlaken, als sie vorläufig das Anwesen verlässt, auf dessen Wiese die zwei Freunde Olivier (John McEnery) und David (Jean-Pierre Cassel) ein Schiff bauen. Und sie kehrt zurück mit einer Lüge…
Zuvor hatte sie mit David in Paris in Oliviers Appartement übernachtet. Am nächsten Morgen erschrickt Eleonor, als Olivier in der Wohnung auftaucht. Er versichert ihr, kein Dieb sondern ein Freund zu sein, kniet vor dem Bett und sie gibt die Bestellung für das Frühstück auf…
Für ihre erste negative Rolle erhält sie Kritikerlob: „Claude Jade, hier mal ganz anders, muss man gesehen haben … Erstaunliche Claude Jade !“, schreibt „Image et son“ und Variety meint: „Miss Jade bringt die richtige Mischung aus Konventionalismus und Eigeninteresse in ihre Rolle“. „La revue de deux mondes“ zeigt Verständnis für ihre Figur: „Die Rolle, die Claude Jade spielt, ist nicht grundsätzlich unsympathisch; zweifellos vereint sie in ihrem Spiel eine Koketterie und eine Perfidie, die ein junges Mädchen heimsucht, von allen Männern geliebt zu werden – und sei es vom besten Freund des Geliebten.“
Claude Jade stürzt sich mit Vergnügen ins Luderbett und in ihr neues Image, den Bruch mit der braven Heldin.
Als der Film ins Rennen um die Goldene Palme geht, schreibt Truffaut, dem dieses neue Rollenbild nicht behagt: „Ich bin froh (nur für dich) über die Teilnahme in Cannes“
LES FEUX DE LA CHANDELEUR (Kerzenlicht, 1972)

Ein Bild, dass Truffaut gefällt: Claude strahlend mit Bernard Le Coq am Bett von Annie Girardot

Bettenbeziehen mit unkonventioneller „Mamuchka“: Claude Jade und Annie Girardot
„Ich wünsche, dass ‚die Feuer der Lichtmess‘ erfolgreich werden (oder erfolgreich sein wird), vor allem für dich, um ,das Boot auf dem Gras‘ zu löschen und dich wieder als angenehm zu ersetzen in den Köpfen der Menschen; ich küsse Dich zärtlich, du bist wirklich meine dritte Tochter, dein françois“
Als Tochter einer Sufragette (Annie Girardot) ist sie wieder angenehm, mit kleinen Widerhaken. Laut filmdienst “sensibel inszeniert, psychologisch überzeugend ausgelotet und exzellent gespielt”, bietet das Drama reichlich Konflikte um die Betten einer Familie.

sanft und schön: Claude Jade
Und wie ein Jahr zuvor „Le Bateau“ ist 1972 Serge Korbers „Les feux de la Chandeleur“ Frankreichs offizieller Beitrag für das Festival von Cannes. Und zu Truffauts Freude ist diesmal nichts mehr mit intriganter Tussi :
In ihrem Bett liegt die gerade noch renitente Tochter Laura wach, verzaubert vom Kuss eines Freundes ihrer Mamouchka, einem Kuss auf die Wange. Der Zauber dieser Verwandlung wird verstärkt von einem der besten aller Filmkomponisten: Michel Legrand.

Trost auf dem Bett für Laura (Claude Jade) bei Schwägerin Annie (Gabriella Boccardo)

Nichts mit Ausschlafen: Claude Jade und Bernard Le Coq als Geschwisterpaar in „Kerzenlicht“
LA MANDRAGORE (1972)
Vergnügt genießt Claude Jade die zweite Zusammenarbeit mit Paul Barge aus “Sous le signe de Monte Cristo” in einem TV-Film nach Niccolò Machiavellis „La Mandragola“.
Da sie im Film das Original-Haarnetz von Elizabeth Taylor aus „Der Widerspenstigen Zähmung“ trägt (siehe „Gut behütet“), bedarf es auch hier einer List, das Herz der Heldin zu erobern.
In das Renaissance-Bett der verheirateten und kinderlosen Lucrezia findet der verliebte „Wunderheiler“ Callimaco mit angeklebter Nase und der Behauptung, nach dem selbstlosen Liebesakt am Gift eines Fruchtbarkeitstranks zu sterben.
IL Y A LONGTEMPS QUE JE T’AIME (1972)
Sie begegnen sich in einem Antiquariat und ahnen, sich schon lange zu kennen. Im Bett stimmt Claude Jade in das von Jean Barney gesungene Lied „À la claire fontaine“ ein: „Il y a longtemps que je t’aime, jamais je ne t’oublierai“.
1995 sind Claude Jade und Jean Barney im Fernsehfilm „Porté disparu“ ein Ehepaar.
HOME SWEET HOME (Trautes Heim, 1973)

Streit um ein Bett im Altenheim: Claude Jade und Jane Meuris in „Home sweet Home“
Endlich wieder ein Imagewechsel für Claude Jade: das Kräftemessen um ein Bett etabliert Pflegerin Claire gleich zu Beginn als wirklich unsympathisches Fräulein. Sie beharrt auf Vorschriften, denn Flore hat es wider die Heimordnung gewagt, ihr Bett umzustellen. Der Streit um das Bett gipfelt später in einer Revolte (siehe „Home sweet Home“)
PRETRES INTERDITS (Der Abbé und die Liebe, 1973)

Germaine Delbat, Michèle Watrin, Robert Hossein und Claude Jade
„Das reinste Gesicht des französischen Films“ (Combat, 1973) verführt einen Priester in dessen Bett ?
In der Kammer des Abbé wird nur Françoises Knie verarztet, doch sie verliebt sich auf den ersten Blick (s. rechts) in den katholischen Kommunisten, den ein echter Frauenschwarm spielt: Robert Hossein, Held der barocken „Angélique“-Filme.
Wenn sich das Paar schließlich liebt und ein Kind zeugt, wird das zölibatäre Bett nicht entweiht: sie wählen dafür den Waldboden.
(siehe „Prêtres interdits“)
MA MIE ROSE (Alle lieben Mami Rose, 1975)
Ein weiterer Frauenschwarm aus drei Filmen der „Angélique“-Reihe, mit dem sich Claude Jade das Bett teilt, ist Claude Giraud.
Claude und Claude spielen ein Ehepaar am Rande der Scheidung, das mit Hilfe der Grand-mère au pair ihres Sohnes wieder zueinander – und zurück ins Bett – findet.
Claude Jade wünscht sich für das Älterwerden die Eleganz Gisèle Casadesus‘ (hier im Bett als Mamie Rose). Claude schwärmt: „Sie ist eine große Dame, eine reizvolle Person, gebildet und diskret, eine wunderbare Schauspielerin !“ Gisèle Casadesus wird in „Schach dem Roboter“ Claudes Mutter spielen.
LE CHOIX (BE/F, 1975)

Claude Jade und Gilles Kohler in Jacques Fabers „Le Choix“

Jean-Pierre (Gilles Kohler) und Anne (Claude Jade)
Claude Jade in einer Doppelrolle: Als lebenslustige Anne balgt sich sich in Brüssel mit ihrem Geliebten Jean-Pierre (Gilles Kohler) im Bett und ist dabei so freizügig, wie es sich Édouard Molinaro sechs Jahre zuvor für „Mein Onkel Benjamin“ erhofft hätte.
Als Jean-Pierre in Nizza mit Juliette einem Ebenbild Annes begegnet, gleicht diese einem Traum.
Belgiens Beitrag für Karlovy Vary ist ein etwas symbolüberfrachtetes Drama, jedoch von Claude Jade in ihrer Doppelrolle wunderbar nuanciert gespielt.

Juliette (Claude Jade) und Jean-Pierre (Gilles Kohler)
LES ROBOTS PENSANTS / LE COLLECTIONNEUR DE CERVEAUX
(Schach dem Roboter, 1976)

Klappe am ersten Drehtag für Claude Jade; rechts mit Regisseur Michel Subiela
Claude Jade ist als erfolgreiche Pianistin Penny Vanderwood Heldin eines Horrorfilms nach einem Roman von Georges Langelaan („Die Fliege“).
Im Bett liest Penny in der Zeitung die Ankündigung zu einem einem Schachturnier gegen den Roboter eines gewissen Comte de Saint-Germain, der ihr kürzlich seine Aufwartung machte.
Dort entdeckt sie, dass der Roboter genau so spielt wie ihr verstorbener Verlobter Robert. Als sich herausstellt, dass Roberts Sarg leer ist, will Penny das Geheimnis lösen und wagt sie sich in die Villa des Comte.
Bald schwebt Penny – vom Grafen unter Drogen gesetzt und auf ein Bett gefesselt – in höchster Gefahr.

Seine deutsche Erstausstrahlung hatte der Horrorklassiker in der Reihe „Das Gruselkabinett“.
LES ANNEAUX DE BICETRE (Zwischen Tod und Leben, 1976)

Die Verfilmung von Georges Simenons „Glocken von Bicêtre“ spielt ausschließlich in, auf und an einem Bett
1976 muss Claude Jade ihre Rolle in Nelly Kaplans Erotikdrama „Néa“ absagen, denn ihre Taille hat sich zu sehr verändert: sie ist schwanger. Stattdessen spielt sie nun, parallel zu ihrer Nonne in „Kita no misaki“, die Krankenschwester Blanche in „Zwischen Tod und Leben“.
Ähnlich dem Habit ihrer Nonne ermöglicht ihr die kaschierende Schwesterntracht den Dreh mit einem beeindruckenden Partner: Michel Bouquet. Und bis auf einige Traumsequenzen spielt der Film – fast wie bei „Néa“ – in, auf und an einem Bett.
Als Blanche agiert Claude Jade am Bett ihres Patienten Maugras, der nach einer Hirnembolie halbseitig gelähmt ist.
Claude Jade lernt im Hospital Saint-Antoine die genauen Gesten einer Krankenschwester und liefert mit Michel Bouquet an einem Krankenbett des Hospitals Bicêtre ein ebenso präzises wie bewegendes Kammerspiel leiser Töne.
FOU COMME FRANÇOIS (1976/77)

Claude Jade mit Michel Creton in ihrem ersten Film nach Pierres Geburt
Ende 1976, dank Gymnastik bei Star-Osteopath Pierre Pallardy ist Claude Jade nach der Geburt von Pierre im August wieder in Form, beginnt sie in Marseille mit den Dreharbeiten zu „Fou comme François“ – als Luce ist sie die Mutter gleich zweier Kinder. Als Luces Mann François (Michel Creton) freiwillig die Arbeitslosigkeit wählt, belastet diese Entscheidung seine Ehe. Er durchbricht eine Wand und zieht sich zurück in sein erweitertes Zimmer mit Hängematte, sein neues Bett. Die Liebesszene in dem Schlafnetz ist auch eine Art Rückbildungsgymnastik.

Rückbildungsgymnastik: In eher unbequemer Position entflieht das Paar kurzzeitig der Krise.
UNA SPIRALE DI NEBBIA (IT, 1977)
In großen Lettern prangt VISCONTI auf den Plakaten, darüber, deutlich kleiner, der Vorname Eriprando. Der Neffe eifert Onkel Luchino nach und seziert die italienische Bourgeoisie – auch in ihren Betten. Als unglücklich verheiratete Maria Teresa wird Claude Jade mit Cesare (Roberto Posse) verkuppelt, doch als er an ihr Bett kommt, weist sie ihn zurück. Als der Film in Paris unter dem unpassenden Titel „Caresses Bouregoises“ läuft, ruft Claude es nicht gerade von den Dächern. François Truffaut sieht ihn dennoch. Der Macher der „Amerikanischen Nacht“ erklärt, er hätte die Nachtszenen bei Tag gedreht und nennt Viscontis Regie enttäuschend. Claude Jade stimmt ihm zu: „Man kann nicht immer Meisterwerke drehen, selbst bei einem Visconti.“
LA PASSION DE CAMILLE ET LUCILE DESMOULINS (1978)
Mit Bernard Alane, dem Hector aus „Mein Onkel Benjamin“, begibt sich Claude Jade erneut zurück ins 18. Jahrhundert. Sie spielen das Revolutionspaar vom Kennenlernen bis zum Schafott. In der einzigen Bettszene, die den Geschichtsbüchern nach im Spätherbst 1791 spielt, kann Lucile ihren Mann aufmuntern: Sie erwartet ein Kind.
VOLPONE (1978)
Von 1977 bis 1984 spielt Claude Jade in sechs Inszenierungen der Theaterlegende Jean Meyer.
1978 entsteht „Volpone“ fürs Fernsehen: Zentrum der Handlung ist das Bett des angeblich todkranken Volpone (Jean Le Poulain). Mit enormer Spielfreude agiert Claude als naive Colomba. Ebenfalls um das Bett erbschleichen Francis Huster, Jacques Marin, Geneviève Fontanel, Francis Lemaire und Meyer selbst als Corbaccio.
L’AMOUR EN FUITE (Liebe auf der Flucht, 1979)

Jean-Pierre Léaud und Claude Jade
Im letzten Film von Truffauts Doinel-Zyklus bittet Christine Antoine, etwas netter zu ihrer Freundin Liliane (Dani) zu sein und ertappt die beiden im Bett. Antoines Entschuldigung:
Liliane habe sein Buch gelesen und – um es zu schonen – in Zeitungspapier eingebunden. Und das habe ihn dann so gerührt, dass er mit ihr schlafen musste.
L’ÎLE AUX TRENTE CERCUEILS (Die Insel der dreißig Tode, 1979)
Nachdem sie bei ihrer Ankunft auf der „Insel der dreißig Särge“ Schreckliches erlebt hat und sich erstmals ausruht, wird Véronique (Claude Jade) nachts von seltsamen Geräuschen geweckt. Es ist nur der Hund Aramis, der mit ihr das Bett teilen will. Fortan trägt Claude Jade während des dreimonatigen Drehs Leckerlis bei sich – für Aramis, der im Roman Tout-Va-Bien heißt. Alles wird gut, Véronique.
NOUS NE L’AVONS PAS ASSEZ AIMÉE (1980)
Die sensibel erzählte Gesichte der schizophrenen Gisèle beginnt und endet mit einem Bett: Die nach vielen Jahren aus der Psychiatrie entlassene Gisèle versucht den Neuanfang und zerbricht am Umgang der Gesellschaft mit ihrer Depression. Eine bewegende Leistung, quälend intensiv gespielt von Claude Jade, die zu jener Zeit bereits ein Jahr in Moskau lebte. An ihrer Seite: Eva Darlan als Gisèles Cousine Françoise.
LA GROTTE AUX LOUPS (1980)
Cousin und Cousine sind das in einem Doppelmord ermittelnde Paar nur in André Bessons Roman „Die Wolfshöhle“. In der Übertragung des Sujets aus den 50ern in die 70er Jahre ist der Kuss zwischen René und Solange gleichsam etwas unverfänglicher.
In einem Bett aus Schnee hätte René (Alain Claessens) nach einem Mordanschlag fast geendet, hätte ihn Solange nicht dort gefunden.
Während der Dreharbeiten im Doubs im französischen Jura friert Claude Jade übrigens mehr als im Moskauer Winter, in den sie nach Drehschluss zurückkehrt.
COMMISSAIRE MOULIN: L’AMIE D’ENFANCE
(Kommissar Moulin: Die Freundin aus der Kindheit, 1981)

Gästebett für eine Schulfreundin: Jean-Paul Moulin (Yves Rénier) und Isabelle Mencier (Claude Jade)
Als Pendlerin zwischen zwei Welten weiß Claude Jade ihr Bett in Paris zu schätzen.
Als Kommissar Moulins „Freundin aus der Kindheit“ bezieht sie ebenfalls in Paris Quartier. Bevor Moulin (Yves Rénier) und seine alte Freundin aus Nantes einem Doppelmörder eine Falle stellen, richten sie im Gäsetzimmer ein Klappbett her.
Doch die aparte Isabelle wechselt von dort recht bald ins Schlafgemach und in die Arme des berühmten TV-Kommissars.
TEHERAN 43 (Teheran 43, UdSSR/F/CH 1981)
In ihrem ersten sowjetischen Film spielt Claude Jade eine junge Pariserin: Françoise hat sich in der Tür geirrt und macht es sich bequem auf dem Bett ihres wesentlich älteren Nachbarn Max Richard (Armen Dshigarchanian). Der Mann, der vor 37 Jahren ein Attentat auf Churchill, Stalin und Roosevelt verübte, ahnt nicht, dass Françoise sich nicht zufällig in der Tür geirrt hat. (siehe „Teheran 43“)
LENIN W PARISHE (Lenin in Paris, UdSSR 1981)
Um die Filmzensur zu umgehen, findet Sergej Jutkewitsch für die Liebesgeschichte zwischen Lenin und Inès Armand einen Stellvertreter: Trofimow (Waldimir Antonik). Der hätte Inessa (Claude Jade) gern im statt am Bett, doch die Revolutionärin sieht keine Zukunft für eine dauerhafte Romanze. Das Paris des Jahres 1910 entstand übrigens in Moskauer Ateliers. (→ „Lenin in Paris“)
Die emanzipierte Lektorin Laura verbringt ein Wochenende mit Liebhaber Christian (Erik Colin) im Grand Hotel in Dinard. Sein Versagen im Bett interessiert Laura nicht. Als sie sich ihrem Manuskript widmet, schmeißt er ihr wütend ein weiteres auf das Bett. Laura ist seit ihrer Scheidung die Eigenheiten diverser Bettgefährten gewohnt…
Vom Mittsiebzieger Frédéric erfährt Laura von ihrer irritierenden Ähnlichkeit mit seiner vor 40 Jahren von der Gestapo verschleppten Frau Lise, ebenfalls von Claude Jade gespielt. Lise liest als 18jährige erfreut im Bett das Schreiben von der Aufnahme an der Hochschule in Rennes.
Am Bett ihrer zukünftigen Schwiegermutter, einer Gräfin (Nicole Bermin), erfährt sie, dass sie nicht studieren sondern für die Familie da sein soll, im Bett wird ihr Sohn gezeugt.
Im Bett erfährt sie von der Heimkehr ihres Mannes und im Bett belauscht sie seine Aktivitäten für die Résistance. Dem folgt ein Abschiedskuss am Kinderbettchen… Dass Laura die Tagebücher von Lise im Bett liest, macht „Lise et Laura“ neben „Tisch und Bett“ zum Claude-Jade-Film mit den meisten Bettszenen.
RENDEZVOUS IN PARIS (Rendezvous in Paris, BRD/F 1982)

Ehebett: Evelyn (Claude Jade) und Kurt Droste (Harald Kuhlmann) im Berlin der 1930er Jahre
Im Bett neben Kurt sehnt sich Evelyn nach Paris, denn dorthin hat sie der Amerikaner Frank (Barry Stokes) eingeladen. Der will nur eine weitere Bettgespielin… Claude Jade blieb für diesen deutschen Film überwiegend hinter dem Eisernen Vorhang: Sie reiste von Moskau in die Tschechoslowakei, wo Gabi Kubachs „Rendezvous in Paris“ größtenteils entstand.
UNE PETITE FILLE DANS LES TOURNESOLS (1984)
Im heimischen Bett findet Marelle (Claude Jade) seit dem Tod ihres Mannes Daniel keinen Schlaf oder sie weint sich in diesen.
Als sie an den Ort seiner Kindheit reist, studiert sie auf einer Matratze Fotos, die sie schließlich in eine Höhle führen, ein Totenreich wie bei Orpheus und Eurydike. – „Une petite fille dans les tournesols“
VOGLIA DI VOLARE (Wie im Flug, IT/F 1984)

Portraits von „Mamma“ Barbara über dem Bett von Serientochter Adreina
Erneut eine Deutsche spielt Claude Jade in der Miniserie „Voglia di volare“.
Adreina (Linda Celani) will ihre getrennten Eltern Davide (Gianni Morandi) und Barbara (Claude Jade) wieder versöhnen und unternimmt sogar einen Selbstmordversuch, damit Mamma Barbara an ihr Bett eilt.
Nachdem sich Barbaras Neuer, US-General Steve, als Schläger entpuppt und ihr ein Veilchen verpasst hat, verlässt Barbara den Schuft, begegnet Davide bei der Beerdigung seines Vaters – und kehrt zurück ins Ehebett.
Das Ehebett von Diplomatengattin Claude Jade stand zur Zeit der Dreharbeiten – 1984 – inzwischen in Zyperns Hauptstadt Nicosia.
TABLEAU D’HONNEUR (1992)

Claude Jade im Bett mit Marguerite Duras‘ „Der Liebhaber“
Im Bett hat Gabrielle Martin (Claude Jade) vorerst nur einen Liebhaber: den „L’Amant“ von Marguerite Duras (Foto oben). Ihrem Ehemann unterstellt sie beim Telefonat mit einer Freundin einen sexuellen Einfallsreichtum à la Walt Disney, nicht ahnend, dass der Gatte fremdgeht…
(siehe „Tableau d’honneur“)
BONSOIR (1992)

„Je vous présente mon ami !“ – Michel Serrault und Claude Jade in Jean-Pierre Mockys „Bonsoir“
Eine schöne Gegenbesetzung verdankt Claude Jade dem Regissseur Jean-Pierre Mocky. Damit sie nicht enterbt wird, quartiert die lesbische Caroline den obdachlosen Alex (Michel Serrault) in ihrem Bett ein und gibt ihn als ihren Liebhaber aus.
(→ „Bonsoir“)
CAP DES PINS (1998 bis 2000)

30 Jahre nach ihrem ersten und 26 Jahre nach ihrem zweiten Film erneut ein Paar: Claude Jade, Paul Barge
In „Sous le signe de Monte Cristo“ und in „La Mandragore“ fanden die von Claude Jade und Paul Barge gespielten Paare ihr Happy End. Im Abschluss dieser Chronik begegnen wir den beiden als zentralem Paar der Serie „Cap des Pins“ erneut, doch Gérard Chantreuil, Chef eines Kosmetikkonzerns, und seine Frau Anna führen keine glückliche Ehe.
1998, das Jahr, in dem Claude Jade für ihre künstlerischen Verdienste zum Chevalier de la légion d’honneur ernannt wird (s. rechts), ist für ihre Anna in „Cap des Pins“ das Jahr der verletzten Frau. Der Macho geht fremd und nennt seine Frau selbst im Bett „Ma pauvre Anna“. Claude Jade über ihre Rolle als Mutter zweier erwachsener Kinder, die ständig von ihrem Mann gedemütigt wird:
„Ihr mütterliche Seite hat in mir eine tiefe Resonanz. Ich selbst habe einen großen Sohn von 22 Jahren, Pierre. Ihre mangelnde Dynamik und ihre Unterwerfung ärgern mich jedoch. Eine Frau, die einmal aktiv und leidenschaftlich war, muss ihrer Erstarrung entkommen können.“
Ihre Anna hat in „Cap des Pins“ bis März 2000 281 Episoden lang Zeit, „mon pauvre Gérard“ zu sagen, sich gegenüber ihrem infamen Mann zu behaupten und sich zu emanzipieren.
Im gleichen Jahr erhält Claude Jade selbst in Palm Beach den „New Wave Award“ für ihre „trendsetzende Rolle in der Filmwelt, die Generationen von Schauspielerinnen geprägt hat“.
Zum Schluss Mode verschiedener Epochen für das Schlafzimmer, präsentiert von Claude Jade.
zum Vergößern anklicken.