Teheran 43

TEHERAN 43
Тегеран-43 / Tegeran-43 / Téhéran 43
UdSSR/Frankreich/Schweiz 1980 R: Alexandr Alow, Wladimir Naumow, B: Alov, Naumow, Michail Schatrow, K: Walentin Shelesniakow, M: Georges Garvarentz P: Mosfilm, Mediterrannée Cinéma, Pro Dis Film  L: 145 Min.
D: Natalja Belochwostikowa (Marie/Nathalie), Igor Kostolewski (Andrej), Armen Dshigarchanian (Max), Claude Jade (Françoise), Alain Delon (Georges Foche), Curd Jürgens (Alec Legraine), Albert Filosow (Scherner), Georges Géret („Dennis Pew“), Nikolai Grinko (Hermolin), Gleb Strishenow (Gérard Simon), Wsewolod Sanajew (Gastwirt), Nartai Begalin (Naphtai), Evelyne Kraft (Jill), Jacques Roux (Mr Johnson), Mike Marshall (wütender Terrorist), Jess Hahn, Igor Klass, Jelena Dobronrawowa, Natascha Naumowa u.a.

1943 planen die Deutschen ein Attentat auf Churchill, Stalin und Roosevelt. Während der Teheraner Konferenz soll der Killer Max Richard zuschlagen. Die vom Nazi Scherner geplante Operation  kann durch den russischen Agenten Andrej vereitelt werden – nicht zuletzt dank der Hilfe der in ihn verliebten französischen Dolmetscherin Marie. Paris 1980: Anwalt Legraine will die Memoiren des damals untergetauchten Attentäters Max Richard auf einer Auktion verkaufen. Max vertraut derweil der jungen Françoise seine Dokumente an. Sie versteckt ihn vor Scherner, der eine Jagd auf alle damals Beteiligten eröffnet.

Московский международный кинофестиваль Александр Алов Владимир Наумов Клод Жад Тегеран-43 teheran 43 Claude Jade Aleksandr Alov Vladimir Naumov Alexandr Alov Vladimir Naoumov Wladimir Naumow Teheran 43

Die Regisseure Alxander Alow und Wladimir Naumow mit Claude Jade bei der Premiere von „Teheran 43“ auf dem Internationalen Filmfestival Moskau 1981

Françoise (Claude Jade) trägt Yves Saint Laurent, Max (Armen Dshigarkhanian) eine Browning Hi-Power

Curd Jürgens und Claude Jade. Dreharbeiten zu „Teheran 43“

Als Claude Jade im Juni 1979 von Unifrance als Schauspielerin für die französische Delegation des Moskauer Internationalen Filmfestivals eingeladen wird, ist sie als Ehefrau des Kulturattachés Bernard Coste gleichzeitig Gastgeberin der Russen und Gast als Französin. Hier begegnet sie dem Produzenten Georges Cheyko, den sie zehn Jahre zuvor bei einer Aufführung von „Die Schlacht an der Neretva“ im Beisein General Titos in Sarajevo kennengelernt hatte: „Claude, was machst du hier? Ich habe dich gar nicht im Flugzeug gesehen.“
Claude_Jade_Tegeran-43_Teheran-43Cheyko, der die mit französischer Beteiligung entstehende sowjetische Großproduktion „Teheran 43“ des renommierten Regieduos Alexandre Alov und Vladimir Naumov koproduziert, hat für den vorwiegend mit sowjetischen Schauspielern besetzten Film bereits Alain Delon, Curd Jürgens und Georges Géret engagiert. Er bietet ihr sofort eine Rolle in dem komplexen Politthriller an. In der auf zwei Zeitebenen – 1943 und 1980 – angesiedelten Geschichte spielt sie in der Gegenwart die Rolle der jungen Pariserin Françoise, die „Schläfer“ einer Terroristengruppe und eine Art Doppelagentin ist. Françoise erschleicht sich das Vertrauen ihres Nachbarn Max Richard (Armen Dshigarchanian), der als ehemaliger Attentäter der Nazis seine Memoiren veröffentlichen will.

1980_Armen_Dzhigarkhanyan_Claude_Jade_Teheran_43So sonderbar der Altersunterschied anmutet, wird Françoise seine Geliebte, der er in seiner Einsamkeit die geheimen Dokumente des Mordanschlags anvertraut. Die Gespräche zwischen Max und Françoise eröffnen immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit zu einem anderen Paar: die Französin Marie Louni (Natalia Belochwostikowa) und der Russe Andrej Borodin (Igor Kostolewski) verhinderten in Teheran das Attentat und werden sich im heutigen Paris wiederbegegnen. Sie sind die eigentlichen Helden, die vom dubiosen Gegenwartspaar Max und Françoise kontrastiert werden.

Merkwürdiges Kennenlernen: mit Charme (Claude Jade) gegen Pistole (Armen Dshigarchanian mit Browning Hi-Power)

Merkwürdiges Kennenlernen: mit Charme (Claude Jade) gegen Pistole (Armen Dshigarchanian mit Browning Hi-Power). „Teheran 43“

Tegeran_43_Claude_Jade_Armen_Dzhigarkhanyan_Teheran_43Claude Jades erster Auftritt in „Teheran 43“ ist bizarr: Sie verschafft sich mit einem Schlüssel Zutritt zu Max‘ Versteck. Er zieht beim ersten Nesteln am Schloss die Waffe und geht in Deckung, während sie nach dem Eintreten von innen abschließt. „Was machen Sie hier“, erschrickt sie ob des Fremden, der nur baff entgegnet: „Ich wohne hier.“ Jetzt erst bemerkt auch die angebliche Nachbarin, dass sie in der falschen Wohnung ist. Dass die absurd konstruierte Situation gelingt, ist Claude Jades entwaffnender Natürlichkeit zu verdanken. Aus Schreck wird peinliches Erkennen, das sie mit Freundlichkeit auflöst. Charmant entschuldigt sie sich und sogleich hat Max jemanden gefunden, mit dem er endlich seine Geheimnisse teilen kann. Ihr Zögern vor der arglosen Zusage überzeugt den Narren und Claude Jade als plötzlicher Eindringling lässt nach kurzer Verwirrung auch dem Zuschauer ein Gefühl der Sicherheit. Bleiben alle Figuren in „Teheran 43“ eindeutig, so ist Claude Jades Françoise in jeder ihrer Szenen widersprüchlich und unberechenbar.

Françoise gibt sich unbedarft und kokett, wenn sie ihre Zeit im schäbigen Kabuff  ihres merkwürdigen Nachbarn verbringt und Einblick in seine wertvollen Dokumente erhält. Als Max ihr versichert, sie sei seit 35 Jahren der erste Mensch, der mit ihm diese ungeheuer wertollen Aufnahmen sehe, stellt Françoise ihn auf die Probe: „Du müsstest doch eigentlich Angst vor mir haben“,  jagt ihm einen kurzen Schreck ein, bevor sie es lachend als Scherz abtut. Im weiteren Verlauf wird Françoise ihn einen Narren nennen und ihm verraten, dass sie von seinem einstigen Auftraggeber Scherner (Albert Filosov) geschickt wurde, um herauszufinden, wo die Dokumente versteckt sind. Alles andere, so Françoise, wolle Scherner dann selbst erledigen. „Nein, glaub es nicht“, korrigiert sie sich sogleich wieder.

Inspektor Foche (Alain Delon) übernimmt den Ausstausch der Geiseln - Max erkennt in den TV-Nachrichten Scherner und warnt Françoise.

„Teheran 43“: Inspektor Foche (Alain Delon) übernimmt den Ausstausch der Geiseln – Max erkennt in den TV-Nachrichten Scherner und warnt Françoise.

Altnazi Scherner will die Auktion der Memoiren durch Max’ Anwalt Legraine (Curd Jürgens in seiner letzten Kinorolle) verhindern. Françoise hat anscheinend Mitleid mit dem alten Mann, leugnet dann wiederum ihre Geständnisse ebenso wie die Barmherzigkeit und ihre Verbindung zu Scherner. Dieser wird bei einer Flugzeugentführung gegen Geiseln ausgetauscht und beginnt mit der Jagd auf alle einstigen Zeugen des Attentats. Marie wird kurz nach ihrem Wiedersehen mit Andrej ermordet und ein tapferer Polizeiinspektor bleibt ebenfalls auf der Strecke. Den spielt Alain Delon in einer Rolle, die so sauber ist wie sein weißer Trenchcoat.tegeran-43_Claude_Jade_Armen_Dzhigarkhanyan_Teheran_43
Max nimmt Scherners neue Opfer kaum zur Kenntnis: Unter der skeptischen Beobachtung Françoises richtet er seine Browning unentwegt auf den Fernseher, in dem auf alten Aufnahmen die einstigen Zielscheiben Churchill, Stalin und Roosevelt spuken. Françoise lässt ihm sein bitteres Vergnügen, bittet ihn jedoch weiterhin, ihr nicht zu vertrauen.

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Teheran-43_Claude_Jade_Curd_JurgensAls Françoise einen neuen Unterschlupf gefunden hat („Es ist ein gutes Versteck, dort wirst du sicher sein.“), folgt Max seiner Vertrauten in einen düsteren Keller, wo ihn kurz darauf  Scherners findet und ihn erschießen lässt.
Claude_Jade_Francoise_film_Teheran_43Am Ende des Films wird der geschäftstüchtige Legraine Scherner und Françoise verhören. Auf die Frage, weshalb er sich nur wenige Monate vor seiner Entlassung von Geiselnehmern habe freipressen lassen, antwortet Scherner: „Um zu beweisen, dass das einzige Gesetz unserer Zeit die Gewalt ist“. Während Curd Jürgens – in der deutschen Fassung von Ernst Wilhelm Borchert synchronisiert – spricht, zeigt die Leinwand in Großaufnahme Françoise, die nichts sagt. Claude Jade deutet Skrupel an, um dann wieder Gelassenheit zu gewinnen. Es bleibt am Ende ungewiss, ob sie in den Diensten Scherners oder Legraines steht oder auf eigene Rechnung agiert. Claude Jade schreibt 25 Jahre später: „Ehrlich gesagt, habe ich nicht sehr viel von dem verstanden, was ich da zu machen hatte.“

Albert Filozov, Claude Jade und Curd Jürgens in „Teheran 43“

Starfoto des Progress Filmverleih zum DDR-Kinostart von "Teheran 43" 1982

Starfoto des Progress Filmverleih zum DDR-Kinostart von „Teheran 43“ 1982

Die großen Momente in „Teheran 43“ gehören Natalja Belochwostikowa und Igor Kostolewski. Das von Charles Aznavour  gesungene Titellied „Une vie d’amour“ ist Leitmotiv ihrer Romanze und wurde zum Klassiker. Der Film lockte 100 Millionen Zuschauer allein in die sowjetischen Kinos. 1982 in voller Länge in den Kinos der DDR gestartet, wurde der Film in der Bundesrepublik in gekürzter Version unter dem reißerischen Titel „Killer sind immer unterwegs“ als Alain-Delon-Vehikel vermarktet. Auch wenn Delon und sie Nebenrollen spielen: Claude Jade ist als  Françoise geheimnisvoll zwischen offensiver Ehrlichkeit und widerrufener Lüge – eine zwielichtige Rolle inmitten klar definierter Helden und Schurken.
„Teheran 43“ erhält den Goldpreis auf dem Internationalen Filmfestival in Moskau, das 1981 mit dem Film „Lenin in Paris“  eröffnet wird.

Festivalsieger Moskau 1981: "Teheran 43"-Regisseur Alexandr Alow mit den Stars Natalia Belochwostikowa, Claude Jade, Igor Kostolewski und Armen Dshigarchanian. Hinter dem Regisseur flaniert Albert Filosow . Eröffnungsfilm des Festivals ist "Lenin in Paris" - ebenfalls mit Claude Jade.

Festivalsieger Moskau 1981: „Teheran 43“-Regisseur Alexandr Alow mit den Stars Natalia Belochwostikowa, Claude Jade, Igor Kostolewski und Armen Dshigarchanian. Hinter dem Regisseur flaniert Albert Filosow . Eröffnungsfilm des Festivals ist „Lenin in Paris“ – ebenfalls mit Claude Jade.

Alexandr Alov, Vladmir Naumov, Claude Jade und Natalia Belochwostikowa bei der Moskauer Premiere

Claude Jade lernte bereits seit ihrem Umzug nach Moskau Russisch, doch in „Teheran 43“ ist es die bekannte sowjetische Schauspielerin Natalja Fatejewa, die Claude Jade in der russischen Fassung ihre Stimme leiht.

Natalja Fatejewa, 1966 Filmpartnerin von Armen Dschigarchanjan, spricht Claude Jades Rolle Françoise auf Russisch

Mosfilm setzt auch in der Postproduktion auf große Namen:  Natalja Fatejewa debütiert 1958 mit 24 nach der Moskauer Filmhochschule im Kino und wird 1961 mit „Schlacht unterwegs“ auch international bekannt. Sie ist in „Guten Tag, da bin ich“ 1966 Armen Dschigarchanjans Filmpartnerin. Alain Delon wird von Filmstar Rodion Nachapetow, romantischer Held in den 1960er Jahren und bekannt unter anderem durch Nikita Michalkows „Sklavin der Liebe“ synchroniert. Und für Curd Jürgens spricht Anatoli Solowjow, der u.a. eine Hauptrolle in Konrad Wolfs „Ich war neunzehn“ spielte. In Ungarn, wo Claude Jade ebenfalls von Filmstars wie Aniko Safar oder Nora Kaldy synchronisiert wird, ist es Teri Földi, die dort ihre Françoise spricht. (Link zu den ungarischen Stimmen für Claude Jade)

Teri Földi spricht in Ungarn die Rolle der Françoise. In der DDR-Fassung ist es Helga Sasse

 

 

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Albert Filosow (Scherner), Curd Jürgens (Legraine), Claude Jade (Françoise)

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Claude Jade und Natalja Belochwostikowa bei der Premiere auf dem Internationalen Filmfestival Moskau

Curd Jürgens und Claude Jade

 

5 Kommentare zu “Teheran 43

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