LE CRIME DE LA RUE DE CHANTILLY (1965)
Am 29. Mai 1964 erscheint in den „Dépêches“ eine Kritik zur Konservatoriumsaufführung von „L’école des femmes“: „Eine exzellente Entdeckung: Claude Jorré.“ Als die Jorrés die Sommerferien in einem Chalet im Queyras verbringen, erreicht sie ein Telegramm von Claudes Paten, dem jungen Regisseur Guy Jorré. Er bereite einen Fernsehfilm vor und brauche dringend ein Photo von seiner Cousine. Ihr zuletzt aufgenommenes Portrait zeigt sie als Zwölfjährige mit Zöpfen. Also hinab aus einem in 1.800 Meter Höhe gelegenen Dorf zu einem Photographen in Briançon. Die Aufnahme, die sie ihm senden, zeigt ein starres Lächeln, von dem Claude enttäuscht meint, es verleihe ihr einen Hauch von Einfältigkeit. Guy Jorré ist dennoch zufrieden und Claude hat ihre ersten zwei Drehtage. Als Lily eröffnet und schließt sie den im Fin-de-siècle angesiedelten Kriminalfilm „Le crime de la rue de Chantilly“. Die Rolle ist klein, doch bleibt sie mit ihrem Verehrer Léon die einzige unbekümmerte Figur. In einer düsteren Moritat mit Personal von der verruchten Dirne (Guy Jorrés Frau Annick Allières) bis zu gemeinen Halunken und Totschlägern bricht die Wirkung ihrer Midinette diese Düsternis mit natürlichem Liebreiz auf. Und es erscheint der zweite Artikel zu Claudes Karriere – der „Figaro“ druckt ein Photo von Claude als Lily. Ihrem Filmpartner Christian Azzopardi gehört später das Pariser Restaurant Coupe-Chou, das Claude Jade am 14. Dezember 1972 besuchen wird – mit Ehemann Bernard Coste und ihren Hochzeitsgästen.
LA PRUNELLE (1966/67)
Von Dezember 1966 bis März 1967 spielt sie in Edmond Tyborovskis Serie „La Prunelle“ die Nichte der Titelheldin. Prune-Prunelle (extrovertiert: Armande Navarre) ist eine ungeschickte Tänzerin und katastrophale Amateurdetektivin. Claude Jade agiert als deren Nichte Rosette, Ballerina und ständige Vertraute als weitestgehend vernünftige Unterstützung zur schrägen Performance der Navarre.
An einem Drehtag schminkt sie sich nicht ab und kehrt, bereits in der Metro von seltsamen Blicken begleitet, mit schwarzem Eyeliner und falschen Wimpern heim. Tante Guitou erschrickt ob der heftigen Maskerade: „Meine kleine Coco, verzeih mir, dir das sagen zu müssen, aber diese Maske ist entsetzlich!“
ALLO POLICE: RETOUR A L’ENVOYEUR (1967)
Für „Allô Police“ spielt sie 1967 in „Retour à l’envoyeur“ die Halbwaise Liliane Fressoles, deren Mutter (Marcelle Ranson) im Focus ermittelnder Polizisten steht. Liliane greift beherzt ein, als sich Maman einen Schluck aus der Pulle gönnen will, gibt sich auskunftsfreudig beim ersten Verhör und verweigert später eine Aussage mit Berufung auf ihre Minderjährigkeit.
Claude Jade darf in ihren Auftritten mit hellem Sopran niedlich sein, mehr bedarf es hier nicht; ihre großen Augen und das freundliche Lächeln genügen, mit diesem Intermezzo Wirkung zu erreichen. In einem Kurzauftritt im Pinguinkostüm ist übrigens eine weitere französische Schauspielerin in ihren Anfängen zu entdecken: Marie-Christine Barrault, ein Jahr vor ihrem Filmdebut in Rohmers „Ma nuit chez Maud“.
LES OISEAUX RARES (1967/68)
In „Les oiseaux rares“ hat Claude Jade ihre erste Hauptrolle. Die 60teilige Serie erzählt die Geschichte der fünf Töchter des Ehepaares Massonneau (Guy Saint-Jean und Anna Gaylor): Sylvie (Claude Jade), Martine (Dominique Labourier), Valérie (Bernadette Robert), Juliette (Françoise Godde) und Catherine (Nicole Chaput). Sylvie ist ein romantisches, freches, tapferes und vom Vater als „missraten“ bezeichnetes Mädchen. Wenn sie eine Missetat verbergen will, spielt Sylvie das verstumme Unschuldslamm.
„Die Geschichte ist fröhlich, aber unter ihrer äußeren Exzentrik sanft, kindlich und warmherzig. Jean Dewever ist kein Mann für schlichte Witze; er hat darauf bestanden, ein echtes Körnchen Wahnsinn, eine gute Dosis Frechheit und eine Träne Vitriol hinzuzufügen“, beschreibt Claude Jade die Arbeit mit Dewever.
Komponist François de Roubaix lässt Claude Jade in einer Episode ein harmloses Lied singen: „Non, non, non, saint Éloi n’est pas mort, non, non, non, saint Èloi n’est pas mort, car il chante encore, car il chante encore.“ Ahnungslos schmettert Claude das hübsch anmutende Stück mit klarer Stimme und aus vollem Herzen; nicht wissend, dass sich der Originaltext des unzüchtigen Chansons um derbe Kopulationsvarianten an dieser Stelle auf eine Erektion bezieht: „…car il bande encore, car il bande encore…“
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