Frederick Stafford

Frederick Stafford und Claude Jade in Alfred Hitchcocks „Topas“ (1968/69)

Frederick Stafford (11. März 1928 – 28. Juni 1979) würde heute 95. In Alfred Hitchcocks „Topas“ ist er der zentrale Held und Filmvater von Claude Jade. Vier Jahre später spielten Frederick Stafford und Claude Jade erneut zusammen in „La ragazza di via Condotti“. Als Claude Jade geboren wurde, war er aus 1948 der Tschechoslowakei in den Westen in ein neues Leben geflohen – an Claude Jades 20. Geburtstag haben sie ihren ersten Drehtag zu einem Film, in dem ein Überläufer aus dem Osten in den Westen der Auslöser für ein Agentendrama ist – Claude Jade spielt die Tochter des Agenten, der Staffords berühmteste Rolle wird, gleich nach seinem französischen Äquivalent zu James Bond, Agent „OSS 117“

Claude Jade und Frederick Stafford in „La ragazza di via Condotti“ (1973)

Als Friedrich Strobl von Stein in Piešťany in der Tschechoslowakei geboren, nahm er als Zwanzigjähriger an den tschechoslowakischen Schwimm-Vorentscheidungen für die Olypmischen Sommerspiele 1948 in London teil. Als die ČSR in jenem Jahr der stalinistischen Politik der UdSSR folgte, ging Friedrich nach Australien. Dort arbeitete er als Minenarbeiter, Lastfahrer und Lokführer, promovierte 1962 als Doktor der Chemie und arbeitete beim australischen Pharmaunternehemen Bristol Myers.

Claude Jade und Frederick Stafford in Hitchcocks „Topaz“

Marianne Hold, Frederick Stafford

1964 lernt er auf einer Geschäftsreise nach Bangkok die österreichische Schauspielerin Marianne Hold kennen, die dort „Die Diamantenhölle vom Mekong“ dreht. Nach sechs Tagen heiraten die beiden in einer fernöstlichen Zeremonie, der gemeinsame Sohn Jean Paul Roderick wird am 4. Dezember 1964 geboren. Während Marianne 1965 mit „Der Schut“ ihren letzten Film dreht und ihre Karriere beendet, beginnt die ihres Mannes: André Hunebelle entdeckt den attraktiven und charismatischen Friedrich bei einem Urlaub für den Film.
Hunebelle hatte mit Kerwin Matthews als Agent OSS 117 alias Hubert Bonisseur de La Bath zwei Agentenfilme gedreht und will Matthews nach zu hohen Gagenforderungen mit einem Umbekannten ersetzen. Der Tscheche ändert seinen Namen in Frederick Stafford und gibt sein Filmdebüt als OSS 117 an der Seite von Mylène Demongeot in „Furia à Bahia pour OSS 117“ (OSS 117 – Pulverfaß Bahia).
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Mylène Demongeot: „Frederick Stafford, ein Pharmavertreter, den Hunebelle begeistert in einem Hotel aufgestöbert hatte, in dem sie ihren Urlaub verbrachten. Er ist überhaupt kein Schauspieler, er ist steif wie eine Marionette, aber er ist ein gut aussehender Mann, sehr groß und sehr liebenswürdig.“
Jean Bruce hatte den Agenten OSS 117 bereits 1949 erfunden, vier Jahre vor Ian Flemings „James Bond“. Es ist hier nicht wie bei den Grimms und den hundert Jahre älteren Büchern von Charles Perrault. Auch wenn der erste OSS 117-Film mit Ivan Desny bereits 1956 herauskam, sollte OSS 117 nun allein die Antwort auf Connery als OO7 sein. Stafford war ein französischer James Bond. Wiedererweckt wurde der Agent 2006 von Michel Hazanavicius in den Parodien mit Jean Dujardin.

Frederick Stafford, Claude Jade, Michel Subor: „Topaz“

Wie Sean Connery in den James Bond-Filmen und sein OSS 117-Vorgänger Matthews wird Frederick Stafford von Jean-Pierre Duclos synchronisiert. Frederick Stafford verkörpert OSS 117 auch in Michel Boisronds „Atout cœur à Tokyo pour OSS 117“ mit Marina Vlady. Boisrond besetzt ihn hernach für „L’Homme qui valait des milliards“ mit Anny Duperey. Die folgenden Filme, die Stafford zum Star machen, sind die Agentenfilme „Agent 505- Todesfalle Beirut“ von Manfred R. Köhler, “ Estouffade à la Caraïbe“ von Jacques Besnard, in dem Jean Seberg seine Partnerin ist, und die Kriegsfilme „Dalle Ardenne all’inferno“ (… und morgen fahrt ihr zur Hölle)  mit Curd Jürgens und „Der Königstiger von Al Alamein“ mit Robert Hossein.

In der französichen Version von „Topaz“ spricht statt 007- und 117-Stimme Duclos ein Schauspieler, der Sean Connery in Filmen jenseits der Bond-Serie synchronisiert wie bereits für Hitchcocks „Marnie“: Jean-Claude Michel ist für „L’Étau“ Staffords französische Stimme.

Frederick Stafford mit Anny Duperey, Jean Seberg, Mylène Demongeot, Marina Vlady, Claude Jade

TOPAZ

Claude Jade, John Forsythe, Alfred Hitchcock, Frederick Stafford, Dany Robin

Frederick Stafford hat in Frankreich eine gewisse Popularität, als Hitchcock einen geeigneten Star für „Topas“ sucht. Nachdem er bei „Torn Curtain“ mit Paul Newman und Julie Andrews unglücklich war, wollte er keine Top-Stars mehr, wie es zuvor James Stewart und Cary Grant waren. Claude Jade hatte nach ihrem Debut in Truffauts „Baisers volés“ bereits mit Staffords Entdecker André Hunebelle „Sous le signe de Monte Cristo“ gedreht, ihre französischen Kollegen Dany Robin, Michel Subor, Michel Piccoli und Philippe Noiret genossen bereits Ansehen und auch die weiteren Hauptdarsteller waren keine Unbekannten: die deutsche Krimiheldin Karin Dor war gerade ein Bond-Girl und John Forsythe hatte nach Hitchcocks „The Trouble with Harry“ eine solide Karriere.

Michel Piccoli, Claude Jade, Frederick Stafford, Dany Robin

Frederick Stafford steht in „Topas“ im Zentrum, umgeben von etwa zehn weiteren Hauptfiguren. Stafford wird in den Kritiken vorgeworfen, er sei hölzern oder überfordert. Den Agenten und Liebhaber nimmt man ihm ab, den Familienvater weniger. Tatsächlich wirkt die Steifheit Staffords passend zur Figur des Agenten und Familienvaters, der Verantwortung immer delegiert. Das Ende mit dem Duell, bei dem ein Heckenschütze seinen Gegner Michel Piccoli erledigt, war, hätte dies noch besser pointiert.

Nach dem Duell: Dany Robin, Frederick Stafford und Claude Jade

Doch das Urteil des Testpublikums, nachzulesen hier , machte Hitchcocks bevorzugte Version leider zunichte.

Familienrat und Duell in Alfred Hitchocks favorisiertem Finale seines Agentendrama-Thrillers „Topas“: Frederick Stafford mit Dany Robin, Claude Jade, Michel Subor und Michel Piccoli im Stade Charléty

Frederick Stafford ist in „Topas“ als André Devereaux nicht nur in seiner Loyalität als Agent hin- und hergerissen. Aus Freundschaft zu seinem Kollegen Michael Nordstrom (John Forsythe) soll er als neutraler Franzose für die Amerikaner in New York Kubaner ausspionieren und dann auf Kuba Beweise für die Sationierung sowjetischer Raketen finden. Dies wiederum bringt ihn in Paris in Schwierigkeiten, aus denen er sich nur mit der Enttarnung des für die UdSSR arbeitenden französischen Spionagerings „Topas“ bringen kann – und das nur heimlich operierend.

Dany Robin, Claude Jade, Frederick Stafford, Michel Subor

Der Roman „Topas“ war zu jener Zeit in Frankreich verboten und es kommt während es Drehs zu diplomatischen Verwicklungen: Kulturminister André Malraux widerruft kurzfristig die Drehgenehmigung in und um Paris wegen der antigaullistischen Implikationen des Drehbuchs. Da die Regierung sich beschwert, Hitchock würde einen antifranzösischen Film drehen, findet sich der amerikanische Botschafter Sargent Shriver etwas verwirrt in der Rolle eines Filmagenten. Dass der Film in Frankreich später nicht „Topaz“ sondern „Der Schraubstock“ (L’Étau) heißt, passt zum Dilemma des Helden, der insofern ein typischer Hitchcock-Held ist, der seine Unschuld beweisen muss. Doch es ist ein stets um Diplomatie bemühter Held, der andere durch die dadurch entstehenden Konflikte in Gefahr bringt, beginnend beim Blumenhändler Philippe Dubois (Roscoe Lee Browne) bis zum Ehemann seiner Tochter. Dass er nebenbei zwischen Ehefrau (Dany Robin) und kubanischer Geliebter (Karin Dor) schwankt, verkompliziert es. Eine weitaus komplexere Rolle also als alles, was Stafford vorher zu spielen hatte.

Frederick Stafford und Claude Jade in „Topaz“

Und gemeinsam mit Filmtochter Claude Jade verbringt Stafford auch viel Laufzeit vor der Kamera: harmonisch, fröhlich plaudernd und aufeinander achtend in den New-York-Szenen, wird das Verhältnis von Vater und Tochter im weitereren Verlauf in einer zudem vielfach verflochtenen Personenkonstellation ein wenig tiefer.

Michel Subor, Claude Jade, Frederick Stafford, Dany Robin

Die Fahrt von Orly zum Haus von Granville in Paris zeigt eine klare Sicht der Tochter auf die Ehekrise der Eltern, zwischen denen sie auf der Party zu vermitteln versucht. „Du weißt, dass Mutter dort sein wird?“, fragt Michèle: „Du wirst mit ihr sprechen?“. „Natürlich spreche ich mit ihr“, gibt er angespannt zur Antwort: „Sie hat mich verlassen und nicht ich sie“. Es sind Momente wie Michèles Erklärung, dass Jacques Granville reich geheiratet habe, so dass er neben dem Haus in Paris auch eins an der Côte d’Azur und eines in der Schweiz habe, die Stafford und Jade sorgloser zeigen – oder verbunden, wenn Michèle ihrem Vater später eine Hand auf die Schulter legt nach dem Weggang von Nicole.

Frederick Stafford und Claude Jade in Alfred Hitchcocks „Topaz“

Claude Jade und Frederick Stafford

Frederick Stafford, Claude Jade und Michel Subor

Frederick Stafford und Claude Jade

„I want to go down, I want to go down“

Die Sequenz um das Verschwinden von François Picard (Michel Subor), Staffords Schwiegersohn und Claude Jades Film-Ehemann, und das Entdecken der Leiche des emordeten Spions Jarré (Philippe Noiret) gehört zu den besten des Films, exzellenter Suspense mit einer großen Überraschung, da man damit rechnet, François sei der Tote auf dem Autodach.

Claude Jade und Frederick Stafford in „Topaz“

Dany Robin, Michel Subor, Claude Jade, Frederick Stafford

Claude Jade erinnert sich an einen sehr freundlichen Kollegen, der zudem englisch, französisch, deutsch, tschechisch und italienisch sprach. Gemessen an den Herausforderungen an die Rolle und den immer enger werdenden Handlungsspielraum des André Devereaux war Frederick Staffords Leistung angenehm und die beste Leistung seiner Karriere. So wie auch Staffords Spiel gern im Zweideutigen bleiben darf, fällt auch Hitchcock trotz des Themas nicht in antikommunistische Propaganda: bei ihm setzen auch die Amerikaner den Russen mit Erpressungen unter Druck und wenn sie Kuzenovs Tochter eine schöne Zukunft ausmahlen, ist Tamara Kuzenova (Tina Hedström) etwa in Staffords Alter, als er die Tschechoslowakei verließ.

Philippe Noiret, Michel Piccoli, Claude Jade, Michel Subor, Dany Robin und Frederick Stafford

Es gibt eine Szene zwischen der Drohung der Franzosen, dass gegen ihn ermittelt werde und jener, in der er von François und Michèle vom Flughafen Orly abgeholt wird. André trifft den Überläufer Kuzenov, der ihm vorschwärmt, wie gut es ihm nun im Westen ginge. Das ist 20 Jahre nach dem Überlaufen des Friedrich von Strobl.

Der erste Drehtag für Staffords Film-Tochter Claude Jade, das Duell im Stade Charlety, war Claude Jades zwanzigster Geburtstag. Sie wird ihrem Filmvater etwa vier Jahre später wiederbegegnen. Davor sehen sie sich noch einmal im September 1969 in Paris, wo Alfred Hitchcock zum Officier des Arts et des Lettres geehrt wird.

Subor, Noiret, Jade, Piccoli, Hitchcock und Stafford am 25. September 1969 in Plaza Athénée

LA RAGAZZA DI VIA CONDOTTI

Auf „Topas“ folgten für Frederick Stafford noch einige Krimis in Italien, darunter auch die italienisch-französisch-spanische Produktion „La ragazza di via Condotti“ (Meurtres à Rome / La chica de via Condotti) von Germán Lorente. Frederick Stafford spielt den Privatdetektiv Sandro, der sich gerade bei seiner Freundin Tiffany (Claude Jade) über seine schreckliche Ehefrau beschwert, als diese von einem Liebhaber ermordet wird.

Claude Jade, Frederick Stafford „La ragazza di via Condotti“ (Meurtres à Rome)

Tiffany ist in Sandro verliebt und unterstützt ihn bei seinen Ermittlungen, doch der Detektiv verliebt sich in Laura (Femi Benussi), Stripperin, Boutique-Besitzerin und Lebedame. Claude Jade ist nicht die femme fatale; Tiffany bleibt die zuverlässige Vertraute des Helden. Ihre Liebe bleibt unerwidert wie bei Midge (Barbara Bel Geddes), der Freundin des Detektivs (James Stewart) in Hitchcocks „Vertigo“. Der Held könnte mit ihr glücklich werden, doch er verfällt Laura, die ihn am Ende fallen lässt.

Sandro (Frederick Stafford) und Tiffany (Claude Jade)

Eine Parallele zu Hitchcocks „Vertigo“ bietet German Lorente immerhin kurz an: So wie Femi Benussi als Laura Perücken trägt oder sich die Haare färbt, gibt es auch eine Szene, in der Tiffany sich verändert: mit einer Haarverlängerung sieht Claude Jade aus wie drei Jahre zuvor in Truffauts „Tisch und Bett“, aus dem burschikosen Mädchen wird eine elegante junge Dame.

Frederick Stafford und Claude Jade in „La ragazza di via Condotti“

Die Observierung Lauras wird auch zu einem Beobachten zwischen den Ermittlern Sandro und Tiffany. Beide mustern sich gegenseitig während des Striptease von Laura und es scheint, als fände Sandro Gefallen an der Veränderung seiner vertrauten Tiffany. Doch das Drehbuch will, dass Tiffany Rom zu kalt findet, eine Stadt ohne Seele – und sie reist im letzten Drittel ab nach Südamerika. Vorher gibt Tiffany Sandro noch einen Kuss auf den Mund und nennt ihn „Don Quixote“. Er wird scheitern und am Ende unschuldig im Gefängnis landen.

Frederick Stafford und Claude Jade in „la ragazza di via Condotti“

Frederick Stafford habe ihr gesagt, dass sie sich in ihrer Art zu spielen bei „La ragazza di via Condotti“ wohler fühlen würde als bei „Topaz“, schreibt Claude Jade 2004 in ihren Erinnerungen „Baisers envolés“.

Frederick Stafford zieht sich 1976 vom Film zurück wie zehn Jahre zuvor seine Frau Marianne Hold. Er wird wieder Geschäftsmann.
Frederick Stafford kommt im Juni 1979 beim Absturz zweier Flugzeuge über dem Sarnersee in der Schweiz ums Leben. Die Morane-Saulnier Rallye des mit Stafford befreundeten tschechischen Arztes Pavel Krahulec, in der er mitfliegt, kollidiert mit dem Piper-Flugzeug eines schweizer Geschäftsmannes aus Thun. Als Dr. Frederick Strobl-Stafford wird er auf dem Witikon-Friedhof in Zürich gemeinsam mit Krahulec beigesetzt. 1994 wird es der Stein für drei, als ihm seine Frau Marianne folgt.
Frederick Staffords Sohn Roderick Strobl arbeitet wie seine Eltern als Künstler: nachdem er mit 13 mit klassischem Girattenspiel und Gesang begann, bestand er die Aufnahmeprüfung am Konservatorium in Wien. 1984 mit mit dem Duo „Hold & Bayer“ beginnend und dann als Sänger beim Rock-Projekt „Meanviles“, startete er 1991 eine erfolgreiche Solokarriere als Roderick Stafford, Sänger, Komponist und Produzent.

Frederick Stafford und Claude Jade in „Topas“

Links zu beiden Filmen hier:
Topaz
La ragazza di via Condotti

Alfred Hitchcock mit Claude Jade, John Forsythe, Frederick Stafford und Dany Robin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Paul Le Person

Heute vor 92 Jahren, am 10. Februar 1931, wurde Paul Le Person († 2005) geboren.
Er war Claude Jades Partner im Kino („Sous le signe de Monte Cristo“) und am Theater („Un château au Portugal“). Nach Kursen von René Simon hat er erste kleine Filmrollen in Jean-Paul Rappeneaus „La vie de château“ (1965) und in Claude Lelouchs „Un homme et une femme“ (1966). Bald folgen größere Rollen, so 1967 als Kumpel von Philippe Noiret in Yves Roberts „Alexandre le bienheureux“ (1967) und als Stéphane, einer der Einbrecher in Alain Cavaliers „Mis à sac“ (1967).

Paul Le Person, Paul Barge, Claude Jade, Pierre Brasseur

Im Jahr 1968 erhält Paul Le Person seine erste Hauptrolle in André Hunebelles „Sous le signe de Monte Cristo“ (Der Rächer aus dem Sarg / Gejagt wie Monte Christo), für Claude Jade ist es die zweite nach ihrem Debut in „Baisers volés“ und vor ihrem dritten Film, Hitchcocks „Topaz“. Erstmals erscheinen der Name in Großbuchstaben und sein Gesicht auf einem Filmplakat. Paul Le Person spielt als Armand Bertuccio den treuen Freund des Helden; zusammen mit Edmond Dantès (Paul Barge) landet er auf der Flucht aus dem Gefängnis in Südamerika, wo er mit Pierre Brasseur eine Art Ersatzvater für das Mädchen Linda (Claude Jade) wird, nachdem Lindas Vater Louis (Gabriel Gascon) ermordet wurde. Später kehren Edmond, Linda und Bertuccio nach Frankreich zurück, um die Schurken (Michel Auclair, Raymond Pellegrin) zu überführen.

Paul Barge, Claude Jade, Paul Le Person in „Sous le signe de Monte Cristo“

Claude Jade (Linda), Paul Barge (Edmond Dantès) und Paul Le Person (Bertuccio)

Paul Le Person ist in André Hunebelles für den Humor zuständig und empfiehlt sich mit der Rolle des Bertuccio für weitere Komödien. Die beiden Filme von Robert und Hunebelle machten Paul Le Person so Ende der 1960er Jahre populär.

Sein größter Erfolg wurde 1972 sein Perrache in Yves Roberts „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“. Le Person spielte darin als Perrache den Geheimdienstassistenten von Jean Rochefort, der den blonden Pierre Richard immer wieder vor Mordanschlägen bewahrt. Diese Rolle spielte er auch in der Fortsetzung „Der große Blonde kehrt zurück“ (1974). Ein weiterer bedeutender Auftritt ist sein um Devolitionalien pokernder Mönch in Luis Bunuels „Le fantome de la liberté“.

Dass er auch anders konnte, zeigte Paul Le Person 1981 als „Der Chef“ (Le patron) in der Reihe „Kommissar Moulin“ als Gegenspieler von Yves Rénier, sein Pierre Chartier ist ein gerissener Redakteur, der seiner Frau einen Mord anhängt. „Der Chef“ folgte in der Reihe direkt auf „Die Freundin aus der Kindheit“ mit Claude Jade. Ernste Rollen wie dieser Mörder oder auch sein Gestapo-Kommissar in „Le train“, der Fußballfunktionär in „Coup de tête“ verschwinden ein wenig hinter seinen populären Komödienrollen.

Paul Le Person, Claude Jade und Bernard Woringer in „Un château au Portugal“

1991 spielte Paul Le Person neben Claude Jade und Bernard Woringer in Julien Vartets Stück „Un château au Portugal“ im Studio des Champs Eylées. Als Senator verschafft Paul Le Person dem Theatergatten von Claude Jades Lucie Raboin zu einer seltsamen Diplomatenkarriere.

Paul Le Person 1991 mit Claude Jade und Bernard Woringer in „Un chateau au Portugal“

Eine kleine Galerie erinnert an seinem 92. Geburtstag an seinen Bertuccio an der Seite von Claude Jade in „Sous le signe de Monte Cristo“.

Todestag Claude Jade 2022

 

„Sie war die Inkarnation der Eleganz, der Einfachheit und des Charmes Frankreichs“ beschrieb Frankreichs Kulturminister Renaud Donnedieu de Vabres die Schauspielerin Claude Jade, als er von ihrem Tod am 1. Dezember 2006 erfuhr: „Sie bleibt ein Vorbild für Generationen von Schauspielern, die an dieses ‚fichu métier‘, diesen verdammten Job, wie sie ihn gerne nannte, glauben.

 

Claire Chazal auf TF1: Nachruf auf Claude Jade.

„Mit großer Trauer erfuhr ich vom Verschwinden Claude Jades. Sie war eine große und schöne Schauspielerin, insbesondere in den Filmen von François Truffaut, der sie entdeckt hatte, die diskrete Anmut der jungen Französin. Heute würdige ich eine Schauspielerin von sanftem Strahlen, eine Frau, die ihre Klarheit in ihrem Beruf immer intakt gehalten hat, und ich möchte ihrer Familie und ihren Lieben mein tiefstes Beileid aussprechen. » (Véronique Cayla, Generaldirektorin des Centre National de la Cinématographie, heute Präsidentin Arte)

Claude Jade Nachruf Neues Deutschland „Tisch und Bett“

„Sie hat ihr Leben auf der Bühne beendet … sie war wunderschön und hat eine bemerkenswerte Leistung gezeigt. Es war der 8. August, es war gestern. Claude Jade fühlte sich in einer Umgebung, in der man manchmal die Ellbogen benutzen muss, nicht sehr wohl, [… aber] sie war weder eifersüchtig noch bitter. Sie dachte immer an die anderen „. (Jacques Rampal, Autor und Regisseur ihres letzten Stücks „Célimène et le cardinal“)

Claude Jade spielte bis zum 8. August 2006 die Célimène in Jacques Rampals „Célimène et le cardinal“

„Journal des femmes“  – eine Erinnerung an Claude Jade


hier der Link: Journal des femmes – Claude Jade nous a quittés il y a 14 ans

 

Filmdienst

 
 
 
 

Artikel in „Nous deux“ 2020 zu Claude Jade, die heute vor 14 Jahren starb

 

Geburtstag Claude Jade

Claude Jade in „Le bateau sur l’herbe“ von Gérard Brach, der derzeit in einigen Ländern auf Netflix läuft.

Heute wäre Claude Jade 74 Jahre geworden.
Vor 50 Jahren spielte sie im Fernsehfilm „La Mandragore“ nach Niccolò Machiavellis „La Mandragola“ die Lucrezia mit dem Haarnetz von Elizabeth Taylor aus Zeffriellis „Der Widerspenstigen Zähmung“. Hier kurze Ausschnitte als eine Art Trailer. Der Fernsehfilm von Philippe Arnal wurde am 9. November 1972 im ORTF ausgestrahlt. Claude Jades Partner waren unter anderem Paul Barge und Angelo Bardi.

 

Dani – Danièle Graule 1944-2022

Claude Jade und Dani in „L’amour en fuite“

„Liliane hatte das Gesicht eines Vamps und ausgesprochen burschikose Manieren, sie war das absolute Gegenteil von Christine und zugleich all das, was Christine gern gewesen wäre“, beschreibt Antoine Doinel in Truffauts „Liebe auf der Flucht“ die Freundin seiner Frau Christine, Liliane, gespielt von Danièle Graule, die als Dani bekannt wurde. * „Liliane avait un visage de femme fatale avec des allures de garçon manqué. Elle était tout ce que Christine aurait voulu être“
Vor zwei Tagen, am 18. Juli, starb sie im Alter von 77 Jahren.

Dani, Jean-Pierre Léaud und Claude Jade in „Liebe auf der Flucht“

In „Liebe auf der Flucht“ (L’amour en fuite) erscheint Dani als Liliane in Rückblenden, die so tun als stammten sie aus dem Doinel-Zyklus, einem nicht veröffentlichten Film zwischen „Domicile conjugal“ und „L’amour en fuite“. Sie scherzt mit Julien Dubois, der den Sohn von Christine und Antoine spielt, aus den gegenüberliegenden Fenstern, die aus „Domicile conjugal“ bekannt sind. Tatsächlich war Liliane eine Figur in „La nuit américaine“, die Scriptvolontärin, die eine Affaire mit Schauspieler Alphonse (Jean-Pierre Léaud) hat und dann mit einem Stuntman durchbrennt.

Liliane aus „La nuit américaine“ in „L’amour en fuite“. Jean-Pierre Léaud, Dani und Claude Jade.

Dani, François Truffaut und Claude Jade bei Dreharbeiten

François Truffaut mit seinen Hauptdarstellern Claude Jade, Dani, Jean-Pierre Léaud und Dorothée

Dani war längst keine Unbekannte, als François Truffaut ihr 1973 mit „Die amerikanische Nacht“ zum Durchbruch verhalf. 1963 kam sie aus Perpignan nach Paris, wo sie Kosmetikerin werden wollte. In der Pariser Clubszene knüpfte sie Kontakte zum Mannequin Zouzou, das ebenfalls mit eigentlichem Vornamen Danièle heißt, zum Schauspieler Marc Porel und zu dessen Halbbruder Jean-Marie Périer, einem erfolgreichen Mode-Fotografen. Sie verliebt sich in Périers Mitarbeiter Benjamin Auger, den sie später heiraten wird. Sie arbeitet als Fotomodell und posiert mit Zouzou in Fotoromanen. In den Nachtclubs lernt sie Jimi Hendrix und die Rolling Stones kennen und startete mit Hilfe Benjamin Augers als Sängerin mit „Garçon manqué“. Sie gilt schnell als Vamp der Nachtclub-Szene. Während Claude Jade 1969 in Interviews erklärt, sie würde sich in Nachtclubs langweilen, wird Dani genau dort Mitte der 60er Jahre zu einer „Königin der Nacht“.

Tanzschritte vom Vamp: Dani und Claude Jade in „L’amour en fuite“

Ihre Schauspielkarriere begann sie 1964 mit einem kurzen Auftritt in Roger Vadims „Der Reigen“. Im selben Jahr folgte in Eric Schlumbergers Sketch zum Episodenfilm „Schräger Charme und tolle Chancen“ (La chance et l’amour) neben Stefania Sandrelli und Jacques Perrin eine Nebenrolle als Sandrellis Freundin. Eine weitere Nebenrolle hat sie in „Das Mädchen von drüben“ nach einem Buch von Roman Polański und Gérard Brach. Jean-Marie Périer, der sie immer wieder für Magazine fotografierte, dreht 1971 den Film „Tumuc Humac“ und gibt ihr neben seinem Halbbruder Marc Porel und seinem Vater François Périer eine Hauptrolle. An Porels Seite dreht sie erneut in „Un officier de police sans importance“, in dem auch Robert Hossein und Charles Denner mit von der Partie sind. 1973 spielt sie neben Michel Galabru und Henri Guybet die Frau von Bruno Pradal  in Georges Lautners Komödie „Quelques messieurs trop tranquilles“ – zehn Jahre, bevor Claude Jade, die eng mit Pradal befreundet ist, dessen Frau in „Une petite fille dans les tournesols“ spielt.  1973 gibt François Truffaut Dani die Rolle von Nathalie Bayes Script-Assistentin in „La nuit américaine“.

Dani als Liliane in „La nuit américaine“ (1973) und in „L’amour en fuite“ (1979)

Truffauts Film bringt ihr Anerkennung, doch keine neue Filmrolle. Sie übernimmt auf Anraten von Alain Delon die Leitung eines Nachtclubs, „L’Aventure“. Zu ihren Gästen zählen neben arabischen Scheichs, Alain Delon und dessen Frau Nathalie auch Serge Gainsbourg, Patrick Dewaere und Chantal Goya.

Dani konzentriert sich neben dem Betreiben des Nachtclubs auf ihre Gesangskarriere. Für den Grand Prix d’Eurovison soll sie mit „La Vie à 25 ans“  auftreten, doch nach dem Tod von Georges Pompidou sagt Frankreich die Teilnahme ab.

Im Fernsehfilm „Zwischen Tod und Leben“ (Les anneaux de Bicêtre) nach Georges Simenons Roman „Die Glocken von Bicêtre“ kreuzen sich 1976 erstmals die Wege von Claude Jade als Krankenschwester Blanche, die den von Michel Bouquet gespielten Verleger ins Leben zurückholt und Dani, die als dessen alkoholkranke Frau Lina zu Besuch ins Krankenhaus kommt.

Cover Girls Claude Jade, Dani „Jours de France“ 1971, 1975, 1973

Claude Jade, Dani: Nous deux flash

Es folgt eine biedere Militärklamotte mit den Charlots als Fremdenlegionäre („Et vive la liberté!“), bevor Truffaut ihr mit „Liebe auf der Flucht“ 1978 erneut ein Geschenk macht: Liliane gehört so zur Antoine-Doinel-Chronik. In einer aus „Die amerikanische Nacht“ verwendeten Rückblende, einem Disput zwischen Liliane und Alphonse, wird ein Streit zwischen Liliane und Antoine, in den eine neu gedrehte Szene mit Claude Jade montiert wurde .

Im Original war es Truffaut als Ferrand, der die beiden anspricht, hier ist es Christine Doinel, die den beiden zuruft, sie sollen sich endlich versöhnen. Auch ein Dialog zwischen Liliane und Christine über Antoine, für den eine Frau gleichzeitig eine Krankenschwester, eine Geliebte, ein Schwesterchen und eine Amme sein muss und sie, Liliane, diese Aufgaben nicht erfüllen könne, entstammt einem Dialog aus der „amerikanischen Nacht“ und erinnert auch an die Szene aus „Domicile conjugal“, in der Antoine der im Taxi sitzenden Christine sagt, sie sei seine kleine Schwester, seine Tochter, seine Mutter und sie entgegnet „Ich wär auch gern deine Frau gewesen.“

Neu gedrehte Flashbacks zeigen die Freundschaft von Christine und Liliane, die gemeinsam illustrieren und tanzen oder sich über Antoine lustig machen. Christine, die Liliane Geigenunterricht gibt und sie „sehr schön“ findet, bewundert die neue Freundin, die Kinderbücher schreibt und illustriert. Christine berichtet Antoine stolz, dass ihr auch ihre Bilder gefallen würde, die sie mal für Alphonse gemalt hätte. So findet Christine neben der Arbeit als Geigenlehrerin eine weitere Aufgabe als Illustratorin.

Claude Jade und Dani in „L’amour en fuite“

Dani, Jean-Pierre Léaud, Claude Jade

Als Gruß an seinen Freund Éric Rohmer lässt Truffaut Liliane und Christine Kostümentwürfe für dessen „Perceval le Gallois“ malen, der etwa zeitgleich mit „L’amour en fuite“ ins Kino kommt -und bei dem ebenfalls Nestor Almendros hinter der Kamera steht. Liliane lebt sich ein, die beiden werden unzertrennlich und Antoine meint, sie wollten ihre Persönlichkeit tauschen: „jede wollte die andere werden“ Die beiden küssen sich, was Antoine irritiert und nun parodiert Claude Jade Antoine: wie Jean-Pierre Léaud gestikulierend, ahmt sie Antoine nach, der seit der Lektüre der Romane von Colette überall nur Lesben sieht und Christine warnt, sich vor Liliane in Acht zu nehmen: „Weißt du Christine, trotz allem; ich frage mich wirklich, ob Liliane nicht doch etwas mit dir vorhat. Dieses Mädchen mag alles, was vage ist, seltsam, bizarr, zweideutig, du verstehst, was ich meine. An deiner Stelle würde ich aufpassen.“

Dani, Jean-Pierre Léaud und Claude Jade

In den Sommerferien in Südfrankreich bittet Christine Antoine, er könne ruhig etwas netter zu Liliane sein. Die Szene, in der Christine zu früh vom Markt heimkommt und nun Liliane und Antoine im Bett erwischt, zeigt Truffaut erneut als Buchliebhaber: Antoine hatte Liliane ein Buch geschenkt und sie hatte es, um den Umschlag zu schützen, in Zeitungspapier gewickelt. Und das habe Antoine dann so gerührt, dass er mit ihr schlafen musste. Christine berichtet später Colette (Marie-France Pisier) davon, bei einer Begegnung der Ehemaligen von Antoine Doinel, zu denen nun auch Danis Liliane gehört.

Antoine mit Sabine (Dorothée), Colette (Marie-France Pisiser), Christine (Claude Jade) und Liliane (Dani): Jean-Pierre Léaud in „Liebe auf der Flucht“ (L’Amour en fuite“ von François Truffaut

Gruppenfoto bei Dreharbeiten zu „L’amour en fuite“

Auf „L’amour en fuite“ folgen keine weiteren Rollen. Ende der 70er Jahre, als das Model Zouzou bereits wegen Heroinkonsums abstürzt ist, verliert auch Dani ihren Nachtclub. 1981 wird sie wegen Besitzes und Handels mit Drogen verhaftet, die Magazine berichten von „Dani, Pracht, Drogen, Dekadenz“ und „Dani, vom Jet-Set ins Gefängnis“.

Gemeinsam vor die Kameras traten Claude Jade und Dani erneut in Cannes 1985 zu einem Familienfoto bei einer „Hommage à François Truffaut“ . Im Mai 1989 begegnen sich sich erneut für eine Dokumentation zu einer Truffaut-Ehrung in Cherbourg, „Truffaut et les femmes“, in der Claude Jade, Alexandra Stewart und Dani interviewt wurden. Zwei Jahre vor diesem Treffen der drei Truffaut-Schauspielerinnen hatte Dani ihre Memoiren unter dem Titel „Drogue la galère“ herausgebracht und hatte 1988, zehn Jahre nach „L’amour en fuite“, ein Kino-Comeback mit einer Nebenrolle in Claude Chabrols „Eine Frauensache“.

Alexandra Stewart, Claude Jade und Dani im Mai 1989 in Cherbourg

Alexandra Stewart, Claude Jade und Dani im Mai 1989 in Cherbourg

Dani dreht sporadisch, so 1992 als Gaststar in einer Folge von „Kommissar Moulin“, eröffnet einen Blumenladen – und hat 2001 ein Comeback als Gesangsstar: Dank Étienne Daho wird das 1975 von Serge Gainsbourg auch für Dani geschriebene Stück „Comme un boumerang“ ausgegraben, als Duett von Daho und Dani veröffentlicht und ein Hit. Es geht wieder aufwärts: Für ihre Concierge Claudie in „Ein perfekter Platz“ (Fauteuils d’orchestre) erhält sie eine César-Nominierung für die beste Nebenrolle, Auftritte in „Sag, dass du mich liebst“ (Parlez-moi de vous, 2012) und OIivier Marchals „Carbone“ (2017) folgen. 2018 war sie in der Serie „Aux animaux la guerre“ neben Roschdy Zem und Michel Subor als Zems Mutter zu sehen. 2020 hatte sie mit Olivier Marchal  ihren letzten Film „Bronx“ abgedreht. Nun ist sie im Alter von 77 Jahren gestorben. Adieu Dani.

In einem Nachruf auf Dani schreibt „Les Inrockuptibles“ am 20. Juli: „1979 war Liliane wieder bei Truffaut in L’Amour en fuite, dem letzten Film der Antoine-Doinel-Saga, zu sehen, wo sie eine Schülerin und Freundin von Christine Doinel (Claude Jade) spielte. Sie ist Kinderbuchautorin und Christine Doinel wird ganz natürlich ihre Illustratorin. Doch Doinel schläft mit Liliane. Die Doinels lassen sich schließlich scheiden (nicht nur deswegen, um ehrlich zu sein). Truffaut verwendet und fügt in L’Amour en fuite Szenen aus La Nuit américaine ein, wie er es auch mit Szenen aus früheren Episoden des Doinel-Zyklus tut. Liliane vertraut sich Christine einmal an, nachdem sie sich von Antoine Doinel getrennt hat: „Er braucht eine Frau, eine Geliebte, eine kleine Schwester oder eine Amme, eine Krankenschwester, und ich fühle mich unfähig, alle Rollen gleichzeitig zu spielen“. Christine kann ein Lied davon singen…“ link zum Nachruf Dani en cinq films

Dani, François Truffaut und Claude Jade

Mein Onkel Benjamin DVD

Jacques Brel als Benjamin und – nicht zu vergessen! – Claude Jade als Manette haben mehr Sonne auf unsere Erde gebracht als alle längst verblichenen Sonnenkönige zusammen.“, schrieb Filmkritiker Heinz Hoffmann, als „Mein Onkel Benjamin“ 1972 in den Kinos der DDR seine deutsche Erstaufführung erlebte. Und Renate Holland-Moritz legte im „Eulenspiegel“ nach: „„Zu den großen Vorzügen des Films gehört die Bekanntschaft mit der schönen und hochbegabten Claude Jade, einer Schauspielerin, die auch François Truffaut genügend faszinierte […] .“

In Österreich startete der Film als „Der Mann im roten Rock“ im Kino, in der BRD hatte Édouard Molinaros Film dann Videopremieren als „Mein Onkel Benjamin“ und „Der Frauenheld“.  Nun ist der Filmklassiker bei Pidax als DVD erschienen.
Mehr zum Film hier.

Am 8. Mai pries der „Résistance Republicaine“ den Film als „jedes Mal ein Jungbrunnen, der den Alltag vergessen lässt“ und veröffentlichte einige Ausschnitte und ein Interview mit Claude Jade. Hier der Link
und das Interview:

Jacques Perrin 1941 – 2022

Jacques Perrin und Claude Jade in „Home sweet Home“

Seinen frühen Ruhm als Jungstar der 1960er Jahre nutzte Jacques Perrin, um seine humanistischen Anliegen als Produzent zu verwirklichen. Am 13. April starb der engagierte Schauspieler und Filmemacher im Alter von 80 Jahren.
„Es gibt keine schwierigen Themen im Film. Wenn wir es schaffen, für sie die richtige Form zu finden, werden alle Filme für ein großes Publikum bestimmt sein.“ Jacques Perrin spielte nicht nur mit Claude Jade in Benoît Lamys fulminantem Debütfilm „Home Sweet Home“ ; er war auch Koproduzent des vielleicht nur im Arbeitstitel schwierig erscheinenden Themas: „Traité de savoir-vivre à l’usage des vieilles générations“.

Jacques Perrin (links), Ann Petersen und Claude Jade in „Home sweet Home“

Wer wollte 1973 schon einen Film über alte Menschen produzieren; nicht sexy genug, Leute ins Kino zu locken? Jacqueline Pierreux und Jacques Perrin machten sich stark.

Claude Jade und Jacques Perrin in „Home Sweet Home“ (Trautes Heim)

„Alte Leute inszenieren eine Revolution. Ein Unterhaltung und Sozialkritik geschickt verbindendes Erstlingswerk, ebenso ironisch und heiter im Stil wie originell im Stoff“, lobt das Filmlexikon den Film, der 14 Preise weltweit einheimste.
Produzent wurde Perrin vier Jahre zuvor. Er war bereits ein Star, hatte Auszeichnungen erhalten und war abonniert auf den schönen Unschuldigen. 1969 spielte Jacques Perrin in Costa-Gavras‘ bahnbrechendem Politthriller „Z“ den couragierten Journalisten. Costa-Gavras brauchte einen Produzenten für den brisanten Stoff und Perrin gründete die Firma Reggane. Der Rest ist Filmgeschichte.

Perrin in seiner Lieblingsrolle: als Maxence Françoise Dorléac in „les demoiselles de Rochefort“

„Z“ – Regisseur Costa-Gavras mit Star und Produzent Jacques Perrin

Jacques Perrin und Claude Jade im preisgekrönten „Home Sweet Home“

Claude Jade und Jacques Perrin 2005 in Interviews zu „Home sweet Home“

Fortan produzierte er politisch linke Filme wie „La guerre d’Algérie“ und suchte auch seine Rollen in diesem Genre: In „Der unsichtbare Aufstand“ und „Sondertribunal“ war er sowohl Schauspieler als auch Produzent.

L'honneur d'un capitaine, film 1982, Pierre Schoendoerffer, Jacques Perrin, Nicole Garcia, Charles Denner, Georges Wildon, Claude Jade, Robert Etcheverry, Georges Marchal, Jean-Francois Poron, Christophe Malavoy, Patrick Chauvel, Hubert Gignoux, Jean Vigny, Guerre, Algerie, film de procés,So führte ein weiterer politischer Film erneut Jacques Perrin und Claude Jade zusammen: Pierre Schoendoerffers „L’honneur d’un capitaine“ . Als Anwältin Valouin kämpft sie mit einer Witwe (Nicole Garcia) gegen die Verleumdung eines 25 Jahre zuvor im Algerienkrieg gefallenen Hauptmanns (Perrin). Sie hatten dem Sujet entsprechend keine gemeinsamen Szenen mehr.
2005 ließen sich Claude Jade und Jacques Perrin für die DVD-Veröffentlichung des Meilensteins des belgischen Kinos interviewen. „Home sweet Home“ bleibt es wundervolles Manifest für die Freiheit und die Revolte.

Claude Jade und Jacques Perrin im Trailer zu „Home sweet Home“

Claude Véga 1930 – 2022

Am 11. April verschwand der berühmteste Imitator berühmter Franzosen. Mit einer gewissen Zärtlichkeit wurde er zu ihnen und Véga musste nur an sie denken: Yves Montand, Louis de Funès, Charles Aznavour…

Claude Véga mit Claude Jade in „Domicile conjugal“

Seine Spezialität waren Frauen: Annie Girardot, Maria Callas, Zizi Jeanmaire, Nana Moskouri, Barbara, Alice Sapritch und Delphine Seyrig. Seyrig imitiert er in François Truffauts „Domicile conjugal“ im Fernseher, vor dem Antoine (Jean-Pierre Léaud) und Christine (Claude Jade) sitzen und die Babynahrung von Alphonse essen. Erst jetzt weiß das junge Ehepaar, dass ihr sonderbarer Nachbar, den alle Hausbewohner den „Würger“ nannten, ein Imitator beim Fernsehen ist. Claude Véga war ein Jugendfreund von François Trufffaut und hatte in diesem Film seinen berühmtesten Kinoauftritt. Neben den Imitiationen spielte Claude Véga auch Theater. Nun ist er im ewigen Gedächtnis bei seinen Imitationsvorbildern.

Michel Bouquet 1925 – 2022

Biedere, verklemmte und berechnende Bourgeois, für jene Rollen ist Michel Boquet berühmt, vor allem als Javert in „Die Elenden“ und in Claude Chabrols Abrechnungen mit der Bourgeoisie: Er weckt Verständnis als Stéphane Audrans Ehemann in „Die untreue Frau“ oder ist exzellent verdorben als Audrans Schwiegervater in „Der Riss“.

1976 bietet ihm die Verfilmung von Georges Simenons „Die Glocken von Bicêtre“ eine der wenigen Ausnahmen: Michel Bouquet spielt die Rolle des nach einer Embolie halbseitig gelähmten Verlegers René Maugras.

Michel Bouquet und Claude Jade in „Zwischen Tod und Leben“ (Les Anneaux de Bicêtre)

1976 muss Claude Jade ihre Rolle in Nelly Kaplans Erotikdrama “Néa” absagen, denn ihre Taille hat sich zu sehr verändert: sie ist schwanger. Stattdessen spielt sie nun, parallel zu ihrer Nonne in “Kita no misaki”, die Krankenschwester Blanche in “Les anneaux de Bicêtre“ (Zwischen Tod und Leben).

Ähnlich dem Habit ihrer Nonne ermöglicht ihr die kaschierende Schwesterntracht den Dreh mit einem beeindruckenden Partner: Michel Bouquet. Claude Jade lernt im Hospital Saint-Antoine die genauen Gesten einer Krankenschwester. Vor Drehbeginn erarbeiten die beiden Schauspieler lange an präzisen Details.

Michel Bouquet und Claude Jade in „Les Anneaux de Bicêtre“ (Zwischen Tod und Leben)

Claude Jade beschreibt die Arbeit mit Michel Bouquet in ihren Erinnerungen „Baisers envolés“:
„Michel Bouquet ist äußerst präzise und überlässt nichts dem Zufall. Ich bin sehr beeindruckt von seiner Konzentration und seiner Fähigkeit, so präzise zu arbeiten. Er bereitete sich vollkommen auf die Rolle des Pressemagnaten vor, der plötzlich nach einem Schlaganfall von Hemiplegie und Aphasie befallen ist. Er sagt seinen Text in den ersten zwei Dritteln des Films nur im Voice-over. Wenn die Dreharbeiten stattfinden, ist nichts oder fast nichts wie das, was wir uns vorgestellt haben; die äußeren Beeinträchtigungen sind verwirrend, die Anordnung des Krankenzimmers, in einem Haus wiederhergestellt, ist anders. Doch trotz all dieser Vorgaben passt sich Michel Bouquet an, manchmal macht er das Gegenteil dessen, was er geplant hatte, und er ist dabei großartig. Und er ist zudem ein Mann von perfekter Höflichkeit.“
Fragte man Bouquet in den letzten Jahren nach dem Lauf der Zeit, antwortete er ruhig und ausnahmslos jedem: „Der Tod kommt bald, aber es beeindruckt mich überhaupt nicht.“
Am 13. April ist mit Michel Boquet einer der beeindruckendsten Schauspieler des Französischen Films gestorben.

Letzte Rolle

Claude Jade und Patrick Préjean in „Célimène et le cardinal“

2006 spielt Claude Jade ihre letzte Rolle am Theater und im Film: Célimène in Jacques Rampals „Célimène et le cardinal“.
Das Stück setzt die Geschichte der Helden aus Molières „Menschenfeind“ fort. In Alexandrinerversen begegnen sich hier Claude Jade und Patrick Préjean unter der Führung des 62jährigen Dramatikers Rampal als die 340 Jahre zuvor von Molière mit „Le Misanthrope“ erschaffenen und seitdem unsterblichen Figuren Célimène und Alceste. Das Stück behandelt in erlesener Qualität, unter temporeichen Wendungen und mit exquisitem Humor Themen wie die religiöse Intoleranz, den Fanatismus, die Stelle der Frau in der Gesellschaft, die Erziehung, die Nostalgie der Zeit, die vergeht, und die Ewigkeit dieser beeindruckenden Liebhaber, die Alceste und Célimène sind. „Le Figaro“ schreibt: „Es begeistert vor allem die Freiheit der Schauspieler: Claude Jade, bei der man froh ist, sie wiederzusehen, ist sehr gut als provokante Frau, die mit ihren Finessen Patrick Préjean, den Diener Gottes, durchrüttelt. Er glaubt. Und sie hingegen sprüht. Es ist unmöglich ihr zu widerstehen.“
Claude Jade spielt die Rolle nach der Veröffentlichung als Film auf DVD bis zum 8. August. Sie stirbt am 1. Dezember 2006. Jacques Rampal sagt bei der Trauerfeier: „Ihr Leben endete auf der Bühne, es endete in Schönheit und in einer großartigen Vorstellung. Es war der 8. August. Es war gestern.“
Seit heute in der Filmographie: „Célimène et le cardinal“.