Dominique Marcas

Dominique Marcas, Claude Jade, Edith Perret, Pierrette Thevenon


Heute jährt sich zum zweiten Mal der Todestag der Schauspielerin Dominique Marcas, legendär als Sidonie Archignat, eine der drei Schwestern in „L’île aux trente cercueils“ (Die Insel der 30 Särge / Die Insel der 30 Tode).

„Sie ist die vierte Frau!“ Die Archignat-Schwestern und Véronique d’Hergemont


Marcelle Napoléone Jeanne Perrigault (8. August 1920 – 15. Februar 2022) war erst Lehrerin, bevor sie sich entschloss, Schauspielerin zu werden. Nach absolvierten Kursen wählte sie den Künstlernamen Dominique Marcas: Dominique nach Arlettys Heldin in „Les visiteurs du soir“ und Marcas in Bezug auf Maria Casarès, ihre langjährige Freundin.

Edith Perret, Dominique Marcas, Claude Jade


1979 war sie am Pariser Theatre de la Ville die Kinderfrau Anfissa in Tschechows „Drei Schwestern“ – und im selben Jahr spielte sie als eine der drei Schwestern auf der Insel Sarek ihre bekannteste Rolle im Fernsehen.
Waren Gertrude (Edith Perret) und Clémence Archignat (Pierrette Thevenon) bereits mehrfach unheilvoll aufgetreten, taucht deren verrückte Schwester Sidonie erst nach dem Massaker an den Inselbewohnern auf. Eingesperrt in ihrer Hütte, werden die drei von Véronique (Claude Jade) befreit und bald darauf die nächsten Opfer der teuflischen Machenschaften auf der verfluchten Insel.

Véronique und die Schwestern Archignat auf der Insel der 30 Särge

Während ihre Schwestern das Jahr Vierzehn und drei aus der Weissagung als das Jahr 1917 erkennen und die Toten, die es bis zur Zahl 30 braucht, addieren, darf Dominique Marcas nun aufrehen: Im Roman von Maurice Leblanc nur „die Verrückte“, schmettert sie hier, als Sidonie benannt, die Prophezeiung: „Dreißig Särge, dreißig Opfer, vier Frauen am Kreuz“. Bedrohlich lachend zeigt sie auf Véronique: „Sie ist die vierte Frau!“



Claude Jade erinnert sich in ihren Memoiren: « Dominique Marcas, eine kleine gütige Frau mit dem Gesicht eines runzligen Apfels, war erstaunlich in der Rolle der alten Bretonin, die den Fluch, der auf Sarek niedergehen wird, psalmodierte: „En l’an quatorze et trois, quatre femmes, quatre croix, quatre femmes en croix!“ (Im Jahr vierzehn und drei, vier Frauen, vier Kreuze, vier Frauen am Kreuz!) und in ihrer Schubkarre sitzend, brach sie in ein törichtes Lachen aus, das einen erschauern ließ… ».

In Folge 3 des Sechsteilers „L’îe aux trente cercueils“ begegnet Véronique (Claude Jade) den Schwestern Archignat (Edith Perret, Dominique Marcas, Pierrette Thevenon)

Dominique Marcas hatte bereits viele kleine Rollen gespielt, in Jean-Paul Le Chanois „Papa, Maman…“-Filmen und erhielt 2001 von René Feret („L’homme qui n’était pas là“) in „Rue du retrait“ als 90jährige Mado eine Hauptrolle und hatte eine wunderbare Karriere bis ins hohe Alter. Eine Übersicht über die vielen Rollen Dominique Marcas bietet das Online-Lexikon bdff.



Am 15. Februar 2022 starb Dominique Marcas, die als eine der drei Schwestern von Sarek eine TV-Legende bleibt.


Zur Erinnerung das Kapitel mit den drei Schwestern Archignat aus „L’île aux trente cercueils“




40 Jahre L‘ ile aux trente cercueils – Die Insel der 30 Tode (Särge)

Claude Jade „L’île aux 30 cercueils“

Claude Jade, Ile aux rente cercueils, Insel der 30 Tode, Insel der dreißig Särge, Pascal SellierHeute vor 40 Jahren begann in Frankreich die Ausstrahlung des Sechsteilers „Die Insel der dreißig Särge“, der in Deutschland als Zwölfteiler unter dem Titel „Die Insel der 30 Tode“ lief. VL Media schreibt heute dazu: „Wer sagt, man wisse in Frankreich nicht, wie man eine Genre-Serie macht? Noch nach 40 Jahren vermag die „Insel der dreißig Särge“ die Zuschauer in Angst und Schrecken versetzen.  Mit einer schrecklichen Geschichte und einer bis dahin noch nie dagewesenen Atmosphäre ist sie zu jeder Zeit ein Erfolg.“
 C’était il y a 40 ans… L’île aux trente cercueils

Claude Jade, Ile aux rente cercueils, Insel der 30 Tode, Insel der dreißig Särge

„Vier Frauen am Kreuz, 30 Särge, der Gottesstein, der Leben oder Tod schenkt“

Die Handlung spielt im Jahr 1917. Veronique d’Hergemont (Claude Jade) ist eine junge Frau von Ende Dreißig und will eine schreckliche Vergangenheit vergessen. Sie kann dem bösartigen Vorski den Tod ihres Vaters und Sohnes François, die auf See verunglückten, nicht verzeihen. Beider Tod ist für sie die Strafe dafür, dass sie gegen den Willen ihres Vaters den Comte Vorski geheiratet hatte …

Claude Jade (Véronique d’Hergemont) und Jean-Paul Zehnacker (Alexis Vorski)

Nun erreicht sie die Nachricht von Vorskis Tod und die tragische Vergangenheit holt Véronique erneut ein, als sie ihre Initialien (V d’H) in einem Stummfilm entdeckt. Sie reist an den Drehort in die Bretagne, findet einen Toten mit abgetrennter Hand und folgt unheimlichen Symbolen auf die Insel Sarek, die in der Region als „die Insel der dreißig Särge“ bekannt ist. Mit Véroniques Ankunft beginnt der Alptraum, denn eine Prophezeiung erfüllt sich … Die Initialien „V.d’H.“ prägen sich mit der Verfilmung bei Generationen von Fernsehzuschauern ein.

Claude Jade, Ile aux rente cercueils, Insel der 30 Tode, Insel der dreißig Särge

Die neben der Christine populärste Rolle ihrer Karriere hätte Claude Jade fast nicht erhalten, weil sie als „zu jung“ galt. Jean Meyer hatte ihr prophezeit, dass eine Frau nie so schön sein würde wie mit dreißig Jahren. Die Rolle der Véronique ist verlockend. Doch Claude Jade sei entschieden zu jung, erklärt ihr Regisseur Marcel Cravenne und als sie sein Büro verlässt, fällt ihr im Vorzimmer eine etwas ältere Schauspielerin von skulpturaler Statur auf. Doch sie will die Rolle unbedingt und ähnlich wie bei „Mon oncle Benjamin“ insistiert sie auf erneute Probeaufnahmen, steckt sich den mädchenhaften Pferdeschwanz zu einem strengen Dutt, senkt die Stimme – und überzeugt die Produktion, die Rolle mit ihr zu besetzen.

Die so zart anmutende Claude Jade ist in den Szenen einer Ehe mit dem monströsen Vorski von einer leidenschaftlichen Kraft, wenn sie ihm nach dem Erwachen aus der einstigen Verzauberung mit kalter Verachtung begegnet und ihm dann ihren blanken Hass entgegenschreit.

Claude Jade, Ile aux rente cercueils, Insel der 30 Tode, Insel der dreißig Särge

Claude Jade, Pascal Sellier und Julie Philippe

 

Véronique mit Vorskis Handlangern Otto (Peter Semler) und Conrad (Jean-René Gossart)

Jean-René Gossart, Claude Jade, Pierre Semmler (Peter Semler) und Jean-Paul Zehnacker

Claude Jadde, Pierre CosteDie fünfmonatigen Dreharbeiten sind trotz der Strapazen der Heldin für Claude Jade, die jeden Tag disponiert ist, ein Vergnügen. Sie verbringt die Monate im Dorf Plouharnel, einige Kilometer von Carnac entfernt und am Meer gelegen. „Entre Mers et Mystères“ nennt sich der Ferienort in Eigenwerbung. Ein  Kindermädchen betreut Pierre und eine Köchin ist ebenfalls angestellt. Es ist das einzige Mal in ihrer Karriere, dass sie einen solchen Service nutzt. Claude Jade erlebt am Set, wie die Styropor-Menhire von Männern à la Obelix getragen werden und wandelt durch eine Blumenwiese oberhalb des „Gottesteins“, deren prachtvolle Blüten ihre Stirn überragen.

ile aux trente cercueils claude jade fleurs

Allein durchschreitet „die kleine Jade“ im Sinne von François Truffauts Kosenamen das Feld  mit den riesigen Blumen von Maguennoc, eine Sequenz, in der sie wirkt, als sei sie jene – hier von einer unsichtbaren Herzkönigin bedrohte – Alice im Wunderland, mit der sie sich einst bei Hitchcock beworben hatte.

Yves Beneyton (Philippe Maroux) und Claude Jade (Véronique d’Hergemont)

Der sechsteilige Film lebt von der zentralen Präsenz Claude Jades, die einen Großteil allein auf der Insel ist (oder sich allein wähnt). Die meisten Inselbewohner finden kurz nach Véroniques Ankunft bei einem Massaker den Tod, denn es gibt „dreißig Särge für dreißig Opfer“. Ihre Partner sind beeindruckend: Neben dem bedrohlichen und im Wahn folgerichtig theatralischen Jean-Paul Zehnacker als Vorski, Julie Philippe als dessen ebenso dem Wahnsinn verfallene Handlangerin und Marie Mergey als gütiger Honorine ist der junge Pascal Sellier, Star der Pubertätsromanze „Amant de poche“, in einer herausfordernden Aufgabe zu erleben.
Schüchternen Charme zeigt Yves Beneyton als Philippe Maroux und Véroniques Vater spielt Georges Marchal: Der Star aus Buñuels Filmen „Pesthauch des Dschungels“, „Morgenröte“, „Belle de Jour“ und „Die Milchstraße“ ist der Ex-Mann von Claude Jades „Topas“-Filmmutter Dany Robin und spielte später einen der Zeugen im Gerichtssaal von „L’honneur d’un capitaine“.

claude jade, georges marchal, ile aux trente cercueils, insel der 30 tode, insel der dreißig särge

Georges Marchal als Véroniques Vater Antoine d’Hergemont

Und dann sind da die Archignat-Schwestern: neben Edith Perret und Pierrette Thevenon ist es vor allem Dominique Marcas als Sidonie Archignat, die, dem Wahnsinn verfallen, ihre Prophezeiungen wie Psalme schmettert und ihr Lachen einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Claude

Die Schwestern Archignat (Edith Perret, Dominique Marcas, Perette Thevenon) und Véronique (Claude Jade)

Claude Jade zeigt etliche emotionale Gegensätze: eine kraftvolle doch in ihrer aristokratischen Herkunft meist zurückgenommen gespielte Rolle. Sie überzeugt in all den Extremen an leidenschaftlichem Gefühl, an Resignation, Selbstzweifel und kämpferischer Leidenschaft. Marcel Cravenne beschreibt Claude Jade später als „eine typische Ingmar-Bergman-Heldin“.

düsterer Comic von Marc Lizzano „L’île aux trente cercueils“

Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland erscheint „L’île aux trente cercueils“ immer wieder auf DVD – zum Wieder- oder Neuentdecken.
Ein Remake entstand 2021. Kurz darauf veröffentlichte INA auf seinem Kanal madelen die Serie erneut.

Claude Jade, Ile aux rente cercueils, Insel der 30 Tode, Insel der dreißig Särge DVD

 

Auf die „vier Frauen am Kreuz“ folgt die „Auferstehung“. Was Vorski für ein Wunder des „Gottesteins“ der Prophezeiung hält, ist Maurice Leblancs geistreiches Spiel mit Bibel-Mythen wie „Im Angesicht der Mutter erschlägt Abel Kain“. Szenen aus „L’île aux trente cercueils“-

 

Claude Jade L’île aux trente cercueils