Erinnerung an Dany Robin

Claude Jade und Dany Robin in Alfred Hitchcocks „Topaz“


Am 25. Mai 1995 starben Dany Robin und ihr Ehemann Michael Sullivan an den Folgen eines Brandes in ihrer Pariser Wohnung. Das Paar hatte im November 1969 geheiratet, kurz vor der Premiere des letzten Films der Schauspielerin, die sich nach Alfred Hitchcocks „Topas“ vom Film zurückzog.
Die Nicole Devereaux in „Topas“ war ihre letzte und zugleich berühmteste Rolle. Donald Spoto schrieb in „Alfred Hitchcock – Die dunkle Seite des Genies“, dass laut Hitchcock Claude Jade und Dany Robin „etwas Glanz“ in den Film bringen würden.

Michel Subor, Claude Jade, Dany Robin „Topaz“

Claude Jade, John Forsythe, Alfred Hitchcock, Frederick Stafford, Dany Robin

Claude Jade, John Forsythe, Alfred Hitchcock, Frederick Stafford, Dany Robin

Dany Robin, Claude Jade, Michel Subor, Frederick Stafford „Topas“

Claude Jade, Dany Robin „Topaz“

Dany Robin, Michel Subor, Claude Jade, Frederick Stafford

Dany Robin spielt an der Seite von Frederick Stafford dessen Agenten-Ehefrau, die von ihm mit einer kubanischen Agentin betrogen wird und sich dann ebenfalls in ehelicher Untreue revanchiert, ausgerechnet mit dem am Ende von ihr entlarvten Chef des Spionagerings „Topas“.

Dany Robin, Claude Jade, Frederick Stafford, Michel Subor in „Topas“


Dany Robin hatte nach einer Tanzausbildung Schauspielunterricht erhalten. Sie debütierte im Film bei Marc Allégret und erhielt von Marcel Carné in „Les portes de la nuit“ (1946) und von René Clair in „Le silence est d’or“ (1947) bereits erste größere Rollen, die sie schnell bekannt machten. 1947 spielte sie die weibliche Hauptrolle neben Louis Jouvet in Henri Decoins „Les amoureux sont seuls au monde“ und gab am Théâtre de l’Atelier in André Barsacqs Inszenierung von Anouilhs „L’inivation au château“ als Isabelle an der Seite von Michel Bouquet ihr Bühnendebüt. Bei den Dreharbeiten zu „La Passagère“ lernt sie 1949 Georges Marchal kennen, mit dem sie auch in „La Voyageuse inattendue“, „La Soif des hommes“, „Le Plus Joli Péché du monde“ und „Douze Heures de bonheur“ spielt. Robin und Marchal heiraten 1951 und spielen auch am Theater in „Le Grande Roue“.

Dany Robin und Georges Marchal drehen gemeinsam vier Filme


Zum Star des Französischen Unterhaltungsfilms wird sie mit Julien Duviviers „La Fête à Henriette“ (Auf den Straßen von Paris) mit Michel Auclair. Der poetische und amüsante Film eröffnet Dany Robin eine Karriere, in der sie auch mehrfach mit Jean Marais – in „Les amants de minuit“, „Julieta“ und in André Hunebelles „Les mystères de Paris“ – spielt. Dany Robin bleibt bis auf wenige Ausnahmen wie „Les Draguers“ von Jean-Pierre Mocky dem reinen Unterhaltungsfilm verbunden. Bereits 1953 in Anatole Litvaks „Act of Love“ Partnerin von Kirk Douglas, wird sie seit 1961 wiederholt im englischsprachigen Kino besetzt, neben Peter Sellers in „Waltz of the Toreadors“, in der britischen Carry-on-Komödie „Don’t Lose your Head“ und neben David Hemmings in „The Best House in London“.

Dany Robin dreht seit 1961 auch englischsprachige Filme


Kay Weniger im Großen Personenlexikon des Films: „Meist agierte sie als adrettes hübsches Mädchen, dessen stupsnäsiges Puppengesicht mit den treu blickenden Augen absolute, reine Unschuld verheißt.“

Claude Jade und Dany Robin beim Dreh zu „Topas“


Eben jener äußere Anschein von reiner Unschuld ist es, den auch ihre letzte Hauptrolle in Alfred Hitchcocks „Topaz“ ausstrahlt, bevor sie im letzten Drittel des Thrillers überraschend dem Leitmotiv „Jeder betrügt jeden“ entspricht. Bereits im Sommer 1968 sind Dany Robin als Ehefrau des Agenten und Claude Jade als beider Tochter besetzt.

Claude Jade und Dany Robin 1968


Im Spätsommer lernen sie sich bei Kostümproben in Paris kennen. Sie werden von Pierre Balmain in seine Räume an der rue Pierre-Charon bestellt und Claude Jade beschreibt Dany Robin als „charmant, hübsch, lebhaft und wortgewandt“. Sie wurde von der Journalistin France Roche begleitet, einer schönen, eher mondänen Frau, die Claude ignorierte, bis der Hausherr sich um sie zu kümmern begann: „Da ich sehr diskret war, hatte sie mich als geduldige Praktikantin in dem edlen Haus eingestuft und es nicht für nötig befunden, mich anzusprechen.“ Weitere Kostüme für die beiden Schauspielerinnen fertigte dann die legendäre Edith Head.

Claude Jade und Dany Robin am 8. Oktober 1968 am Stade Charlety



Ihren ersten gemeinsamen Drehtag haben sie an Claudes 20. Geburtstag, am 8. Oktober 1968, im Pariser Stade Charléty, wo die finale Szene des Duells zwischen Stafford und Michel Piccoli gedreht wird. Jenes Finale, bei dem der „Topas“-Chef Granville von einem Scharfschützen aus dem Hinterhalt erschossen wird, fällt nach Testscreenings aus der Endfassung und ist erst 1999 als alternatives Ende im Director’s Cut zu sehen.

Alfred Hitchcock, Claude Jade, Dany Robin

Frederick Stafford, Dany Robin, Claude Jade, Michel Subor und Michel Piccoli im Stade Charléty

Dany Robin, Frederick Stafford, Claude Jade

„A Duel?“, fragen Nicole (Robin) und Michèle (Jade) in der vorangehenden Szene erschrocken ihren Vater, „How idiotic“, kommentiert Michel Subor als Michèles Gatte und Nicoles Schwiegersohn François das Vorhaben. Das Testpublikum – selbst eher aus Idioten bestehend – kann ein Duell nicht nachvollziehen und pflichtet François bei, sodass Hitchcock ein neues Ende drehen muss.

Dany Robin, Michel Subor, Claude Jade

In der ersten Version beobachten Claude Jade und Dany Robin vor dem Stadion die Vorbereitungen zum Duell; am Ende schließen die Frauen den Helden des Films in die Arme, ein Motiv, das es auf Filmplakate und DVD-Cover schaffte, aber nicht in den fertigen Film.

Finale nach dem Duell: Frederick Stafford, Dany Robin und Claude Jade

 

Michel Subor, Claude Jade, Frederick Stafford, Dany Robin

Michel Subor, Claude Jade, Frederick Stafford, Dany Robin

Claude Jade, Frederick Stafford, Dany Robin


Zu Beginn sind Nicole und Michèle vergnügt, weil sie einige Tage gemeinsam in New York verbringen können. Immerhin sind es Michèles Flitterwochen. Doch wird die Familie von CIA-Mann Nordstrom (John Forsythe) besucht. Familienvater André muss für die Amerikaner Kubaner ausspionieren und hat mit der kubanischen Agentin Juanita (Karin Dor) eine Affaire.

Michel Subor, Claude Jade und Dany Robin im New Yorker Colony

Nicoles Befürchtung, André könne was mit Juanita haben, erfüllt sich. Bei der Rückkehr nach Paris weiß Tochter Michèle bereits von Papas Untreue, wenn sie ihn zu einer Party bei seinem Freund Jacques Granville begleitet: „Du weißt, dass Mutter dort sein wird? Wirst du mit ihr sprechen?“. „Sie hat mich verlassen und nicht ich sie“, schmollt André.

Jacques Granville (Michel Piccoli), Michéle (Claude Jade), André (Frederick Stafford) und Nicole (Dany Robin)

Jacques Granville (Michel Piccoli), Michéle (Claude Jade), André (Frederick Stafford) und Nicole (Dany Robin)

Michel Piccoli, Frederick Stafford, Claude Jade, Dany Robin

Michèles Versuch, die Eltern zu versöhnen, scheitert vorerst: „Maman, bitte, er ist in furchtbaren Schwierigkeiten“, bittet Michèle ihre Mutter, die konstatiert: „Es gibt nichts, was ich für ihn tun kann.“

Nicole verabschiedet sich von Granvilles Frau (Komparsin in Grün)


Wir erfahren bei der Party nebenbei, dass Granville zur Zeit der Résistance in Nicole verliebt war, die damalige Kameradin aber später seinen Mitstreiter André geheiratet habe. Kurz darauf taucht Dany Robin bei Michel Piccoli auf, küsst ihn und sagt, sie sei eine freie Frau. Auch dies spielt Dany Robin adrett lächelnd, stellt ihre bisherige Besorgnis in Frage, hat hier den Übergang zur Hitchcock-Blonde.
Erst als das Politische erneut Einzug in die Familie erhält kann „Topas“ enttarnt werden. François interviewt NATO-Mann Henri Jarré, um ihn zu entlarven. Als André und Michèle in dessen Wohnung eilen, entdeckt Michèle im Hof den toten Jarré (Philippe Noiret) und wir können davon ausgehen, dass François – wie im Roman von Leon Uris – ebenfalls tot ist.

Dany Robin, Claude Jade und Frederick Stafford in „Topaz“

Ihre verzweifelte Tochter umarmend und tröstend, bestätigt Nicole erneut, dass sie Andrés Job hasse.

Dann taucht der verletzte François auf und zeigt Michèle seine letzte Skizze von Jarré, den Nicole als einen Besucher von Granville erkennt und nun unter Tränen gesteht, dass sie wisse, wer der Chef von „Topas“ ist: ihr Liebhaber Jacques Granville. „It’s horrible. Horrible“.
In der Endfassung, in der Granville nach Moskau abreist und den Deveraux‘ zuwinkt, fragt Nicole, wie es möglich sei, dass man ihn so einfach gehen lassen könne, zwinkert André ihr zu: „Anyway, that’s the End of Topaz“.

Claude Jade, John Forsythe, Alfred Hitchcock, Frederick Stafford, Dany Robin


Dany Robin erscheint als klassische Kinoheldin mit Mut zum Pathos, gekleidet in edle Roben von Pierre Balmain und Edith Head. Abgesehen von den lächerlichen Perücken ist ein glanzvoller Abschied auf dem Höhepunkt ihrer Karriere.
Beim sechsmonatigen Dreh in Hollywood und in New York freunden sich Claude Jade und Dany Robin schnell an. In New York fanieren sie an der Fifth Avenue, gehen ins Musical „Oliver!“, Hitchcock besorgt ihnen Karten für die Metropolitan-Opera, wo sie „Tosca“ erleben.  Die 73jährige Coiffeuse Nelly Manley, die in der Maske gern davon schwärmt, bereits Marlene Dietrich frisiert zu haben, macht beide Schauspielerinnen etwas unglücklich, denn sie verleiht ihnen eine unpassende Künstlichkeit. Claude Jade: „Der leicht gewellte Pferdeschwanz, der in Paris bei Carita frisiert wurde, wird in ihren knorrigen Händen zu einem korkenzieherartigen Schweinchenchwanz, so fest drückt sie ihren Lockenstab. Dann sprüht sie reichlich Haarspray auf und wenn sie merkt, dass ein Haar absteht, spuckt sie auf ihre rosa lackierten Finger, bevor sie es glatt streicht. Ich finde das abstoßend. Sie ist sehr nett, aber Dany ‚leidet‘ auch. Nelly bereitet ihr schreckliche Perücken vor, die sie wie eine Puppe aussehen lassen und nicht annähernd so natürlich sind wie die Perücken, die Alexandre ihr in Paris angefertigt hat.“

Claude Jade und Dany Robin

Wenn sie mit Dany Robin ausgeht, nimmt Claude Jade ein wenig die Stelle ihrer 18jährigen Tochter Frédérique ein, die der Schauspielerin zur Zeit etwas fehlt. Dany Robin befindet sich gerade in Scheidung mit Georges Marchal. Der Buñuel-Star wird zehn Jahre später Claude Jades Vater in „Die Insel der dreißig Tode“ spielen und beide treffen erneut als Anwältin und Zeuge in „L’honneur d’un capitaine“ aufeinander. Dany ist zu jener Zeit glücklich, denn sie ist verliebt in Michael Sullivan, den sie „my little fox“ nennet, weil sein Gesicht etwas fuchsähnliches hat. Caude schreibt in „Baisers envolés“: „Wir waren sehr schnell befreundet. Ich hatte immer Glück mit meinen fiktiven Müttern.“ Sie gehen viel miteiander aus. Als ein Kellner in einem Restaurant Claude Jades Ausweis verlangt und der Zwanzigjährigen den Cocos-Cocktail verweigert, darf sie hinter dessen Rücken den von Dany Robin probieren.

Claude Jade, John Forythe, Alfred Hitchcock, Frederick Stafford, Dany Robin


Dany Robin und Claude unternehmen mit Claudes Schwester Annie, Dany Robins Sohn Robin und Omar Sharifs Sohn Tarek einen Neujahrsausflug in Sharifs Villa, wo sie mit Sharif, Barbara Parkins, Jacques Demy, Agnès Varda, Michel Legrand, Dany Saval, Maurice Jarre, Philippe Noiret, Monique Chaumette, Michel Subor, Frederick Stafford und Marianne Hold feiern. Die Feten mit den „Erwachsenen“ begeistern Claude ebenso wie die Frisur, die Nellie Manley ihrer Schwester Annie spendiert.

Dany Robin und Claude Jade in Alfred Hitchcocks „Topaz“

Einige Monate nach Ende des Drehs wird Claude Jade von Dany Robin nach London eingeladen, wo diese am 23. November den Produzenten und Agenten Michael Sullivan heiratet und nie wieder drehen wird. Heute vor 29 Jahren starb Dany Robin im Alter von 68 Jahren gemeinsam mit Michael bei einem Wohnungsbrand.

 

Japanisches Poster zu Alfred Hitchcocks „Topaz“

Alfred Hitchcock, Claude Jade, Dany Robin. Topaz

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