Didier Kaminka 1943 – 2024

Am 25. September starb der französische Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler Didier Kaminka. Sein Regiedebut gab er 1975 mit der Anarcho-Komödie „Trop c’est trop“, in dem er eine der Hauptrollen spielte und auch Claude Jade besetzte.

„Trop c’est trop“ (1975) von Didier Kaminka


Bekannter wurde er als Drehbuch- und Dialogautor von 14 Komödien seines Freundes Claude Zidi, unter anderem „La Totale“, der Vorlage zu James Camerons „True Lies“, und den drei „Les Ripoux“-Krimikomödien mit Thierry Lhermitte und Philippe Noiret.
In Didier Kaminkas Regie-Erstling „Trop c’est trop“ spielte Claude Jade als Patricia eines der drei Mädchen, das die Helden anbaggert. „Trop c’est trop“ ist die Geschichte der drei Freunde Didier (Kaminka), Georges (Beller) und Philippe (Ogouz), die am selben Tag unter einem Gemälde von Pétain geboren wurden und auf der Suche nach ihrer großen Liebe aus der Kindheit sind. Jene Edina ist bei einem Unfall ums Leben gekommen und sie landen bei drei verliebten Miezen, gespielt von Claude Jade, Chantal Goya und Nicole Jamet, damals Kaminkas Ehefrau.

Claude Jade, Nicole Jamet, Chantal Goya, Georges Beller, Didier Kaminka und Georges Beller "Trop c'est trop"

Claude Jade, Nicole Jamet, Chantal Goya, Georges Beller, Didier Kaminka , Georges Beller „Trop c’est trop“

In ihren Erinnerungen „Baisers envolés“ erinnert sich Claude Jade:
„„Trop c’est trop“ hatte etwas von einer Schulfreizeit. Das Thema war vollkommen verrückt; jede Zeile war voller Witz und Erfindungsgabe, die Gags zündeten „wie aus der Hüfte geschossen“. Die Gags waren sehr visuell; wir amüsierten uns köstlich und hatten viel Spaß.“

„Trop c’est trop“ von Didier Kaminka

Die Besetzung war unglaublich: Aus seiner Mitwirkung an Pierre Richards Komödie „Je sais rien, mais je dirai tout“ im Jahr 1973 entstand seine Freundschaft mit Richard, Georges Beller und Luis Rego, der aus der Truppe der Charlots stammte, die ebenfalls in „Trop c’est trop“ mitspielten. In weiteren Auftritten sind Daniel Gélin, Jean Carmet, Daniel Prévost, Raymond Bussières, Darry Cowl, Jose Luis de Vilallonga, Micha Bayard, Bernard Menez und Marcel Dalio zu erleben. Didier Kaminka drehte erst 1987 mit „Tant qu’il y aura des femmes“ seinen zweiten eigenen Film, dem bis 1996 vier weitere folgten. Kaminka blieb in erster Linie Drehbuchautor – neben seinen Arbeiten für Claude Zidi auch für François Leterrier („Le garde du corps“), Christian Gion, Pierre Richard und Édouard Molinaro.

Nach „Trop c’est trop“ drehte Didier Kaminka als Regisseur unter anderem „Tant qu’il y aura des femmes“, „Les cigognes n’en font qu’à leur tête“ und „Ma femme me quitte“

„Die Komödie ist eine Geisteshaltung, sie ist Spott, sie ist eine Art zu leben“, amüsierte sich Didier Kaminka. „Das Leben und die Fiktion funktionieren zusammen. Manche Filmautoren erzählen ihr Leben, und andere, zu denen ich gehöre, sind da, um sich zu amüsieren. In meinem ganzen Leben habe ich nie das Gefühl gehabt, dass ich arbeite, niemals“.

 

France Inter Podcast Baisers volés

Einen Monat, bevor Arte am 21. Oktober 2024 zum Todestag von François Truffaut „Baisers volés“ (Geraubte Küsse) ausstrahlen wird, bringt France Inter einen Podcast zu „Baisers volés“:

Die Kritiker von „Le Masque et la Plume“ – Michel Aubriant, Pierre Billard, Jean-Louis Bory und Pierre Marcabru – sind sich einig, dass  „Baisers volés“ der schönste Film des Jahres 1968 und heute der schönste Film von Truffaut ist.

Mit Baisers volés schuf François Truffaut einen Film, der zugleich zart und zutiefst menschlich ist: ein betörendes Werk. Die Geschichte knüpft an Quatre Cents Coups an, ist aber reifer und sensibler. Für Pierre Marcabru ist Baisers volés ein Film „ganz in Sensibilität, ganz in Nuancen“, der von einer perfekten Beherrschung seiner Figuren und der Schauspielerführung zeugt.

Einer der faszinierendsten Aspekte von Baisers volés ist François Truffauts Fähigkeit, die Grenze zwischen Autorenkino und Mainstream-Kino aufzuheben. Pierre Billard betont bewundernd, dass „jeder Zuschauer alles verstehen wird, ständig gerührt ist und begeistert herauskommt“. Mit seiner Mischung aus Emotion und Reflexion gelingt es Truffaut, sowohl Cineasten als auch das breite Publikum zu erreichen, ohne dabei den ästhetischen Anspruch zu opfern.

Der Film ist eine echte Reflexion über die Liebe und die Gefühle der Jugend. Der Film ist zugleich witzig und zärtlich und bietet markante Szenen, wie das wiederholte mysteriöse Auftauchen des Mannes in Gabardine, der Claude Jade folgt und laut Pierre Billard „einen fulminanten intellektuellen und emotionalen Schock“ auslöst.

https://www.radiofrance.fr/franceinter/podcasts/le-masque-et-la-plume/baisers-voles-de-truffaut-1209112

Les critiques du „Masque et la Plume“ – Michel Aubriant, Pierre Billard, Jean-Louis Bory et Pierre Marcabru -sont unanimes pour dire que le film de François Truffaut „Baisers volés“ est le plus beau film de l’année 1968 et aujourd’hui le plus beau film de Truffaut.

Avec Baisers volés, François Truffaut signe un film à la fois délicat et profondément humain : une œuvre envoûtante. L’histoire s’inscrit dans la continuité des Quatre Cents Coups, avec davantage de maturité et de sensibilité. Pour Pierre Marcabru, Baisers volés est un film „tout en sensibilité, tout en nuances“, qui témoigne d’une maîtrise parfaite de ses personnages et de la direction d’acteurs.

L’un des aspects les plus fascinants de Baisers volés est la capacité de François Truffaut à abolir la frontière entre cinéma d’auteur et cinéma populaire. Pierre Billard souligne avec admiration que „n’importe quel spectateur comprendra tout, sera ému en permanence et sortira ravi“. En mêlant émotion et réflexion, Truffaut parvient à toucher aussi bien les cinéphiles que le grand public, sans pour autant sacrifier l’exigence esthétique.

Le film est une véritable réflexion sur l’amour et les sentiments de jeunesse. Le film, à la fois drôle et empreint de tendresse, propose des scènes marquantes, comme l’apparition mystérieuse et répétée de l’homme en gabardine qui suit Claude Jade et apporte, selon Pierre Billard, „un choc intellectuel et émotionnel fulgurant“.



Baisers volés – Geraubte Küsse

Neben „Geraubte Küsse“ sind im Oktober und November 2024 auch „Domicile conjugal“ (Tisch und Bett) und „L’amour en fuite“ (Liebe auf der Flucht) in der Arte Mediathek zu sehen.

Paul Barge 83

Paul Barge und Claude Jade: 1968 in „Sous le signe de Monte Cristo“, 1972 in „La Mandragore“ und von 1998 bis 2000 in „Cap des Pins“

Paul Barge, der heute seinen 83. Geburtstag feiert, hatte seine erste Hauptrolle 1968 in André Hunebelles modernisierter Dumas-Adaptation „Sous le signe de Monte-Cristo“, der in Deutschland als „Der Rächer aus dem Sarg“ (BRD) und „Gejagt wie Monte Christo“ (DDR) lief. Seine Partnerin war Claude Jade, die als Linda nach „Geraubte Küsse“ ihre zweite Filmrolle hatte.

Der französische Widerstandskämpfer Edmond Dantès wird nach einer Intrige falscher Freunde als Verräter und Nazi-Kollaborateur verurteilt. Ihm und dem Mitgefangenen Bertuccio (Paul Le Person) gelingt die Flucht nach Südamerika, wo sie mit dem Mädchen Linda (Claude Jade) und dem Trinker Faria (Pierre Brasseur) einen Schatz finden. Nach zwanzig Jahren kehrt er mit Linda und Bertuccio zurück, um sich an den Schuldigen zu rächen. Der damals unbekannte Paul Barge spielte neben Altstars wie Pierre Brasseur, Michel Auclair und Raymond Pellegrin und den beiden jungen Entdeckungen Anny Duperey und Claude Jade.

Kino-Programmheft „Der Rächer aus dem Sarg“

Die Filme „Sous le signe de Monte Cristo“ und „L’étrangleur“ machen Paul Barge bekannt.

Aufsehen erregte er als „Schakal“ neben Jacques Perrin in Paul Vecchialis „L’étrangleur“ (Der Würger mit dem weißen Schal), in dem er die zuvor von Perrin ermordeten Frauen ausraubt.  1972 stärkt er seine Popularität mit der Rolle des Numa in der Serie „Les gens de Mogador“. Im selben Jahr spielen Paul Barge und Claude Jade erneut zusammen in „La Mandragore“, Philippe Arnals Verfilmung von Macchiavellis „Mandragola“.


Als Callimaco begehrt er Lucrezia (Claude Jade), die schönste Frau aus Florenz, die mit Nicia, dem „dümmsten und am einfachsten gestrickten Mann von Florenz“ verheiratet ist. Durch seine Verkleidungen als Wunderheiler und als in vom Gatten in Lucretias Bett geschobener Jüngling soll er dem kinderlosen Paar zu Nachwuchs verhelfen.


1998, dreißig Jahre nach „Sous le signe de Monte Cristo“, beginnt dann die Serie „Cap des Pins“, in der Claude Jade und Paul Barge zwei Jahre lang in 281 Episoden die Hauptrollen spielen.


In der ersten französischen Daily Soap ist Paul Barge der Kosmetikkonzernchef Gérard Chantreuil, der seine Frau Anna (Claude Jade) mit Affairen demütigt und bevormundet. Doch Anna lehnt sich – auch mithilfe ihrer Kinder Brice (Raphael Baudoin) und Louise (Mélanie Maudran) und Schwiegermutter Agathe (Dora Doll) auf.

Paul Barge, Claude Jade, „Cap des pins“

Sie hat auch einen Liebhaber (Jean-Claude Bouillon), doch Gérard will Anna zurück. Paul Barge und Claude Jade hatten auch geplant, gemeinsam in Strindbergs „Totentanz“ zu spielen.
Zu Paul Barges Geburtstag eine Collage aus den drei Kino- und Fernsehproduktionen mit Claude Jade

https://www.youtube.com/watch?v=Z3-HQDjag00&t=5s

und ein Video aus den ersten Folgen der Serie „Cap des Pins“.

https://www.youtube.com/watch?v=vduz3IP2p7A&t=4316s