Armen Dshigarchanian 1935 – 2020

Armen Dshigarchanian und Claude Jade in „Teheran 43“

„Es gibt weniger Armenier als Filme, in denen Armen Dshigarchanian gespielt hat“, sagte Schauspieler Valentin Gaft über einen der bekannstesten Schauspieler des sowjetischen, russichen und armenischen Kinos.

Armen Dschigarchanjan, Claude Jade

Клод Жад (Claude Jade), Армен Джигарханян (Armen Dschigarchanian)

Клод Жад (Claude Jade), Армен Джигарханян (Armen Dschigarchanian)

Seine weltweit bekannteste Rolle war der Attentäter Max Richard in „Teheran 43“. In Frankreich als Armen Djigarkhanian, im englischsprachigen Raum als Amen Dzhigarkhanyan bekannt, sind seine Partner Claude Jade als Max‘ junge Geliebte und Curd Jürgens als sein Anwalt.

Der 1935 in Jerewan geborenen Armen Dschigarchanjan wuchs in einem russischsprachigen Umfeld  auf, absolvierte seine Schauspielausbildung in seiner Heimatstadt und gab 1960 sein Filmdebüt als energischer junger Akopa in „Obval“. 1965 spielt er als Artjom die Hauptrolle in „Guten Tag, da bin ich!“. Seine Partnerin Natalja Fatejewa wird später die russische Stimme für Claude Jades Françoise in „Teheran 43“. Bekannt wird Armen Dshigarchanjan vor allem als Meister Mukutsch in Genrich Maljans Film „Das Dreieck“ (1968) und als Parteifunktionär Styshnoy in Nikolai Moskalenkos „Kleiner Kranich“ (1969). Zudem spielt er wiederholt mit Ljudmila Gurtschenko in „Weiße Explosion“ und „Alte Wände“. „Teheran 43“ ist 1981 sein erster internationaler Film, 1996 folgt die russisch-französische Produktion „Lebenslinien“ mit Vincent Pérez und Armen Dschigarchanjan in den Hauptrollen.

Claude Jade (Françoise), Armen Dschigarchanjan (Max)

Claude Jade (Françoise), Armen Dschigarchanjan (Max)


In der sowjetisch-französisch-schweizer Großproduktion „Teheran 43“ spielt er seinen Max Richard überzeugend auf zwei Zeitebenen: 1943 versucht Max, auf der Teheraner Konferenz die Staatsmänner Churchill, Stalin und Roosevelt zu ermorden, 1980 vertraut er der jungen Françoise (Claude Jade) seine Erinnerungen an, die Anwalt Legraine (Curd Jürgens) zum Verkauf anbietet.

Claude Jade, Armen Dschigarchanjan

Als sein einstiger Auftraggeber Scherner (Albert Filozov) eine Jagd auf alle damals Beteiligten beginnt, eröffnet Françoise dem Killer, dass sie für Scherner arbeite. Max folgt ihr in ein neues Versteck, wo Scherner ihn töten lässt. Am Ende verhandelt Legraine mit Françoise und Scherner über Max‘ Dokumente.

Angeblich hat sich Nachbarin Françoise in der Tür geirrt.

Françoise (Claude Jade) stellt Max (Armen Dschigarchanian) einer Freundin mit neuem Versteck vor.

Claude Jade erinnert sich in „Baisers envolés“ an den „großen armenischen Schauspieler“ Armen Dschigarchanjan, der für die Rückblenden eine schwarze Perücke trug und in den Gegenwartszenen mit ihr ergraut spielte: „Nous formions un curieux couple!“ Die Filmkritik auf kinopoisk lobte am Film vor allem die Paarkonstellationen der internationalen Stars: Die Verspieltheit von Natalja Belochwostikowa und Alain Delon und die Dekadenz des Paares Armen Dshigarchanian und Claude Jade.

Festivalsieger Moskau 1981: „Teheran 43“-Regisseur Alexandr Alow mit den Stars Natalia Belochwostikowa, Claude Jade, Igor Kostolewski und Armen Dshigarchanian. Hinter dem Regisseur flaniert Albert Filosow

Als Claude Jade mit Ehemann Bernard und dem Autor Georges Conchon von Moskau aus Amen Dshigarchanians Heimatstadt Jerewan  besuchte, sollte sie in einer Kolchose auf die französisch-armenische Freundschaft anstoßen. Vodka floss reichlich. Am nächsten Morgen sollte weiterhin wiederholt mit einem lokalen Cognac angestoßen werden. Um ihre Gastgeber nicht zu verletzen und dennoch keine Migräne zu bekommen, tauschte sie das Getränk gegen einen Pflaumensaft gleicher Farbe. In Moskau, wo Claude Jade von 1979 bis 1982 lebte, ist der bekannteste armenische Schauspieler am 14. November im Alter von 85 Jahren gestorben.

die Jahre in Moskau

Золотой приз МКФ в Москве 1981: Александр Алов, Наталия Белохвостикова, Клод Жад, Игорь Костолевский, Армен Джигарханян

Triumph der Festival-Gewinner Moskau 1981: Regisseur Alexandr Alov mit den „Teheran 43“-Stars Natalia Belochwostikowa, Claude Jade, Igor Kostolewski und Armen Dshigarchanian

Links zu zwei sowjetischen Filmen mit Claude Jade: „Teheran 43“ und „Lenin in Paris“

Claude_Jade_Bernard_CosteBernard Coste muss 1979 als Generalsekretär des Kulturministeriums der Französischen Botschaft Moskau in die Sowjetunion übersiedeln. Seine Frau Claude  kennt Moskau bereits von einem viertägigen Aufenthalt bei den Filmfestspielen 1971. Nun wird sie ab dem Frühjahr 1979 für drei Jahre dort leben, in zwei sowjetischen Filmen spielen und zum Drehen für zwei weitere Kino- und sieben TV-Filme immer wieder nach Frankreich fliegen. Oder in der Tschechei den deutschen Film „Rendezvous in Paris“ drehen.  Sie behalten die Wohnung in Boulogne, denn ein Hotelleben in Frankreich kann sie sich nicht vorstellen.
In Moskau, wo die Menschen in den Magasins Schlange stehen, an manchen Tagen kästenweise Bananen einheimsen und an anderen Tagen Rasierschaum-Rationen, bemerkt sie einen Soldaten, der massenweise Toilettenpapier mit sich trägt, weil es endlich welches zu kaufen gibt. Sie ist privilegiert und kann in den Berioskas mit Devisen einkaufen, in denen fast alles erhältlich ist. Doch Tomaten, Kosmetik, Papiertaschentücher, Käse, Olivenöl oder Videokassetten muss sie in Paris besorgen.

Claude_Jade_Moscou_1981Zu jener Zeit ist sie nicht die einzige französische Künstlerin, die zwischen Moskau und Paris pendelt. Sie begegnet – ausgerechnet am Flughafen – Marina Vlady, die ebenfalls in Paris arbeitet und in Moskau mit ihrem Mann, dem Dichter, Schauspieler und Sänger Wladimir Wyssotzki, lebt. Vlady hatte bereits zehn Jahre zuvor in einem sowjetischen Film des Regisseurs Sergej Jutkewitsch gespielt. Jutkewitsch engagiert nun Claude Jade für sein letztes Werk „LENIN IN PARIS“ , in dem sie die Revolutionärin Inessa Armand spielt. Ein weiterer russischer Film, den Claude Jade in jener Zeit dreht, ist die sowjetisch-französische Großproduktion „TEHERAN 43“.

Truffaut sendet ihr zu jenem Zeitpunkt ein Buch über sich aus der Reihe „L’Age d’homme“ mit einer amüsanten und treffenden Widmung: „Für die köstliche Madame Doinel, Botschafterin des Charmes im Land des Messers zwischen den Zähnen. Mit all meiner Zuneigung, françois.“  Später wird ihr auch Jutkewitsch ein ihm gewidmetes Buch aus der selben Reihe senden und ihr schreiben: „Für eine sehr große Schauspielerin, Claude Jade, mit Bewunderung, sehr freundschaftlich Sergej Jutkewitsch. Paris-Moskau 1980“.

Vladimir Antonik, Sergej Jutkewitsch, Claude Jade Ленин в Париже Сергей Иосифович Юткевич Sergei Yutkevich Sergueï Ioutkevitch Клод Жад — Инесса Арманд Владимир Антоник — Александр Трофимов

Vladimir Antonik, Sergej Jutkewitsch und Claude Jade

Lenin_in_Paris_film_Yutkevich_Claude_JadeClaude Jade, die noch vor Beginn ihrer russischen Filme das kyrillische Alphabet lernt, um sich in der Stadt – speziell beim Einkauf auf dem Markt der Kolchosen – zurechtzufinden, freundet sich mit der französischen Pianistin Brigitte Engerer an.
Sie besuchen Engerers Meister Stanislav Neuhaus, den Stiefsohn Boris Pasternaks, und Claude besichtigt das winzige Arbeitszimmer des Schöpfers von „Doktor Schiwago“, das gleichzeitig sein Schlafraum war und sie an eine Mönchszelle erinnert. An seinem Grab steht wie vor vielen anderen eine Bank, auf der Angehörige in unmittelbarer Nähe der Toten picknicken oder ihrer mit Wodka gedenken können.

Im Juni 1981 wird „Télé 7 jours“ in seinem Bericht „Claude Jade: double carrière à Paris et à Moscou“ sie als die Gastgeberin der französischen Moskau-Besucher preisen: „An ihrem Tisch, wo die Bifteck-frites mit Borschtsch und Blinis alternieren, empfängt sie französische Künstler, die sie dann in die Museen und Theater Moskaus steuert. Micheline Presle, eingeladen zur Woche des französischen Films, war bereits ihr Gast.“

Claude Jade mit ihrem Sohn Pierre Coste

Claude Jade mit ihrem Sohn Pierre Coste

Клод Жад (Claude Jade)

Als neben Jean-Jacques Beneix, Alain Bonnot und Evelyne Dress die platinblonde russisch-französische Schauspielerin Katia Tchenko, zu jener Zeit ein begehrtes Pin-up, die Costes besucht, versucht sich der kleine Pierre als Connaisseur en russe: „Du weißt schon, Maman, dass Katia schöner ist als du.“

Leonid Eidin, Claude Jade, Sergej Jutkewitsch und Elena Korenewa

Alexander Alov, Vladimir Naumov und Claude Jade bei der Aufführung von „Teheran 43“

Auf die armenisch-französische Freundschaft - hier mit Armen Dshigarchanian im Film "Teheran 43"

Auf die armenisch-französische Freundschaft – hier mit Armen Dshigarchanian im Film „Teheran 43“

Dem russischen Winter kann Claude bei einer Armenienreise entfliehen: Sie lassen Pierre bei Bernards Eltern in Moskau und treffen in Jerewan den Schriftsteller Georges Conchon, den Claude 1970 als Jurymitglied in Hyères kennengelernt hatte, und den Politiker Georges Gorse. Als in einer Kolchose die französisch-armenische Freundschaft begossen wird, nehmen die Toasts kein Ende; auf jede neue Ansprache muss ein Glas erhoben und geleert werden. Claude Jade erinnert sich in ihren Memoiren: „Es gelang mir, eine Flasche Wasser zu verstecken;   ich behielt sie unter der Tafel und füllte aus ihr diskret nach. Bald wurde jenen sehr übel, die nicht diese Vorsichtsmaßnahme ergriffen hatten. Als sie sich zum Schluss der Mahlzeit von der Tafel zu erheben und auf ihren Beinen zu halten versuchten, war ihnen ein torkelnder Zickzackgang sicher… Am nächsten Tag wurde das Frühstück auf Geheiß unserer Gastgeber verschoben zugunsten der Bekanntmachung mit dem lokalen Cognac! Für mich war es undenkbar, diesen heftigen Alkohol so früh am Morgen zu trinken. Ich ersetzte ihn durch Pflaumensaft, der die gleiche Farbe hatte und umging so das Risiko, ihre Empfindlichkeit zu verletzen noch eine Migräne zu bekommen und ich erwies ihnen dennoch meine Ehre an ihre Gastfreundschaft.“

Auf dem XII. Moskauer Internationalen Filmfestival, das ihre beiden Filme „Teheran 43“ und „Lenin in Paris“ präsentiert, steht Claude Jade gemeinsam mit den sowjetischen Schauspielern und Regisseuren auf der Bühne. Die französischen Gäste des Festivals begrüßt sie weiterhin als Gastgeberin.  Noch zehn Jahre später sind Kollegen überrascht, als sie erfahren, dass sie wieder in Paris lebt. Trotz der kontinuierlichen Arbeit in Frankreich wähnten sie Claude Jade weiterhin in Moskau.

Bericht über Claude Jade in ihren sowjetischen Filmen "Teheran 43" und "Lenin in Paris" - Клод Жад («Тегеран-43»; «Ленин в Париже»)

Клод Жад – Claude Jade