Heute vor 102 Jahren wurde Curd Jürgens geboren. Sein letzter Kinofilm war „Teheran 43“, eine Großproduktion des sowjetischen Mosfilm mit Frankreich und der Schweiz, in dem neben Russen auch westliche Stars spielten: Alain Delon, Claude Jade und Curd Jürgens.
„Teheran 43“ war mit 47 Millionen Zuschauern der erfolgreichste russische Film des Jahres 1981 und erhielt den Goldpreis auf den XII. Internationalen Filmfestspielen Moskau.
Auf den XI. Moskauer Filmfestspielen 1979 war Claude Jade, gerade nach Moskau übergesiedelt, dem Produzenten Georges Cheyko begegnet. Sie hatte ihn zehn Jahre zuvor in Sarajevo bei der Vorpremiere des Films „Die Schlacht an der Neretva“ in Beisein General Titos kennengelernt. Damals gehörte Curd Jürgens zu den Stars des Films und für „Teheran 43“ hatte er bereits zugesagt. Cheyko war überrascht: „Ah! Claude, welche Überraschung. Ich hatte dich nicht erwartet, weil du nicht im Flugzeug warst.“ Cheyko erfährt, dass sie zwar Frankreich beim Festival präsentiert, aber seit kurzem in Moskau lebt. „Du musst unbedingt in diesem Film mitspielen“, drängte Cheyko Claude Jade, die nun Partnerin des großen Curd Jürgens in dessen letztem Kinofilm wurde.

Der Sender TWZ ( ТВ Центр ) spricht in seiner Dokumentation von 100.000.000 verkauften Tickets.
Doch als der Film dann 1982 in den Kinos der DDR und ein Jahr später in der BRD als „Teheran 43 – Killer sind immer unterwegs“ lief, war Curd Jürgens‘ eindrucksvolle Stimme dort nicht zu hören. Der Schauspieler war inzwischen verstorben und von Ernst Wilhelm Borchert synchronisiert worden.
Curd Jürgens spielte Alec Legraine, einen geschäftstüchtigen Anwalt, der die Memoiren des ehemaligen Nazikillers Max Richard (Armen Dschigarchanjan) auf einer Auktion verkaufen will. Es sind die Pläne zum Attentat auf Churchill, Stalin und Roosevelt. Der Killer hält sich bei der jungen Françoise (Claude Jade) versteckt, die ebenfalls heimlich für Legraine arbeitet… Am Ende wird Maître Legraine mit Max‘ Mörder Scherner und mit Françoise über die Dokumente verhandeln.
In der Alliance Française in Karatschi, Pakistan, lief am 25. August 2017 der Film „Teheran 43“.
So zwielichtig bis verworren die Rollen von Claude Jade und Curd Jürgens sind (Claude Jade: „Curd Jurgens spielte den Anführer des hässlichen Netzwerks, für das ich arbeitete, und ich verstand wirklich nicht viel von dem, was ich hier tat.“), so seltsam auch Claude Jades Rolle beim Filmfestival Moskau, wo „Teheran 43“ seine Premiere hatte. Das Festival wurde mit „Lenin in Paris“ eröffnet und „Teheran 43“ war der Beitrag der Sowjetunion. Claude Jade: „Ich bin mit russischen Schauspielern und Regisseuren auf die Bühne gegangen. Ich war auch Teil der französischen Delegation, aber der Botschafter brachte mich dazu, meine Kameraden zu empfangen, während ich logischerweise einer der Gäste war. Mein Status war wirklich schlecht definiert.“
Curd Jürgens, der als Sohn eines Hamburger Kaufmanns dänischer Herkunft und einer Französin zweisprachig aufgewachsen war, lernte mit Moskau eine der früheren Wirkungsstätten seines Vaters Kurt Jürgens kennen: als Import-Export-Kaufmann hatte dieser oft Moskau bereist. Im sowjetischen „Teheran 43“ wurde der in München geborene und in Berlin aufgewachsene Curd Jürgens nicht als deutscher sondern österreichischer Schauspieler besetzt. Die sowjetische Besetzungsmacht im Nachkriegsösterreich wollte ihm 1946 bei einer Burgtheater-Tournee in die Schweiz keine Einreise genehmigen. So erhielt er auf Initiative des Burgtheaterdirketors noch am selben Tag die österreichische Staatsbürgerschaft.
Mit Alain Delon, Curd Jürgens, Claude Jade und Georges Géret waren vier internationale Stars in der Besetzungsliste des sowjetischen Films. Curd Jürgens wurde von seiner frisch angetrauten fünften Frau Margie in die Sowjetunion begleitet, Alain Delon von Mireille Darc – und Claude Jade lebte bereits seit dem Frühjahr 1979 mit Ehemann Bernard und Sohn Pierre in Moskau.
Curd Jürgens wurde wegen seiner stattlichen Größe von 1,92 Metern seit 1935 als Charmebolzen in belanglosem Kitsch besetzt, bis er als „Des Teufels General“ 1955 bekannt und im gleichen Jahr mit Yves Ciampis pazifistischem Existenzialistendrama „Les héros sont fatigue“ (Die Helden sind müde) ein internationaler Star wurde. In jene Jahre fallen sein Antiheld Paul, der in Georg Wilhelm Papsts „Das Bekenntnis der Ina Kahr“ vergiftet wird, und sein Bruno in Robert Siodmaks Hauptmann-Verfilmung „Die Ratten“. Deutschland hatte einen Star, der sich jenseits des Nachkriegs-Eskapismus mit seinen belanglosen Heimatfilmen etablierte. Curd Jürgens hatte stets diese Aura von Brüchigkeit, war sinnlich und sexuell statt aseptisch, wirkte stärker und verbrauchter als die glatten und keimfreien Unterhaltungsfilm-Schönlinge. Als er nach „Et Dieu … créa la femme“ (Und immer lockt das Weib) von Brigitte Bardot als „Armoire normande“ bezeichnet wurde, blieb ihm dieses Etikett bis an sein Lebensende haften.
Die deutsche Klatschpresse übersetzte den „normannischen Schrank“ dabei falsch als „normannischen Kleiderschrank“.
Jürgens drehte auch schlechte Filme wie die unkritische Verharmlosung Wernher von Brauns („Wernher von Braun – Ich greife nach den Sternen“) und machte eher mit seinen zahlreichen Geliebten oder Ehefrauen Schlagzeilen.
Auch wenn im Gegensatz zum Jet-Set-Tratsch seine gelungenen Memoiren „… und kein bißchen weise“ stehen: Curd Jürgens kannte keinen „jardin secret“, wie ihn Claude Jade bevorzugte, und versorgte die Klatschblätter genüsslich mit seinen Liebesabenteuern als Bonvivant.
Seiner Ausstrahlung tat dies keinen Abbruch.
Da die Stars Jürgens, Delon und Jade nur in der Gegenwartsebene agieren, sei noch einmal angemerkt, dass Curd Jürgens zu jener Zeit, die der andere Teil des Films beschreibt, der Zeit des Attentatsversuchs, nie in Hitlers verbrecherischer Wehrmacht diente. Er hatte sich in Wien 1944 mit Nazis angelegt: mit einem Mitarbeiter des für die Deportation der Wiener Juden verantwortlichen Baldur von Schirach, mit dem Bruder des Gestapochefs Ernst Kaltenbrunner sowie mit SS-Obersturmbannführer Otto Skorzeny, Teilnehmer der Aktion „Unternehmen Eiche“, die auch in „Teheran 43“ zu sehen ist. Es sind die von Max seinem Anwalt präsentierten echten Aufnahmen der Befreiung Mussolinis. Auf die Auseinandersetzung mit den Nazis folgte für Curd Jürgens die Einweisung als „politisch unzuverlässig“ in ein Arbeitslager, aus dem er wenig später fliehen konnte.
Dass sich Curd Jürgens bereits in seinen 1976 erschienen Memoiren mit den Verbrechen gegen die Juden in Wien auseinandergesetzt hatte, findet erneute Anerkennung in der vor zwei Jahren im Aufbau Verlag erschienenen Biographie „Curd Jürgens. General und Gentleman“ von Heike Specht. Heute wäre der große Schauspieler Curd Jürgens 102 geworden.
mehr zum Film hier: Teheran 43