110. Geburtstag Henri Langlois

Vor 110 Jahren wurde Henri Langlois (1914-1977), einer der Gründer der Cinémathèque Française, geboren. 1968 wird Langlois zum Politikum: Am 7. Februar – zwei Tage nach Drehbeginn zu „Baisers volés“ – erfährt François Truffaut, dass sein einstiger Förderer, der kultisch verehrte, doch als Leiter als „unaufgeräumt“ beurteilte Henri Langlois als Chef der Cinémathèque durch Pierre Barbin, einen Mann aus dem Gefolge des Kulturministers André Malraux ersetzt werden soll. Die einstigen Kinder der Cinémathèque und die Ehemaligen der „Cahiers du cinéma“, François Truffaut, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette und Claude Chabrol, sind bereit, den Kampf um Langlois aufzunehmen. Unter Truffauts Leitung formiert sich ein aus mehreren Generationen bestehendes Komitee zur Rettung Henri Langlois’.

Auszug aus der „Biographie François Truffaut“ von Serge Toubiana und Antoine de Baeque

François Truffaut mobilisiert Filmschaffende aus aller Welt, die nun die Projektion ihrer Filme in der Cinémathèque untersagen, solange Langlois nicht wieder im Amt sei. Es solidarisieren sich unter anderem Jacques Tati, Jean Renoir, Josef von Sternberg, Charles Chaplin, Gloria Swanson, Akira Kurosawa, Jean-Pierre Mocky, Jerry Lewis, Roberto Rossellini, Fritz Lang, Richard Lester. Truffaut greift in Artikeln Malraux an. Am 12. Februar versammeln sich fast dreihundert Regisseure, Schauspieler, Kritiker und Filmliebhaber vor dem Eingang der Cinémathèque, mit François Truffaut, Jean-Pierre Léaud und Claude Jade an der Spitze. Sie blockieren den Zugang.

François Truffaut und Jean-Pierre Léaud mit Claude Jade (im Profil hinter Léaud) bei der Demonstration.


Nur zwei Tage später greift die Polizei ein. Etwa dreitausend Demonstranten treffen auf der Esplanade vor dem Trocadéro ein. Sie werden von dreißig Mannschaftswagen der Polizei und von mobilen Einsatztruppen eingekesselt. Die Polizei setzt Knüppel ein. Truffaut erleidet eine Gehirnerschütterung, Bertrand Taverniers Gesicht ist blutüberströmt… Die Demonstranten weichen der Staatsgewalt, doch die Öffentlichkeit solidarisiert sich mit ihnen. Der Kampf um Langlois wird im März zum Politikum, zwei Monate vor dem Pariser Mai. Und so entsteht der Film eher neben diesem Kampf, der Truffaut vollkommen einnimmt. In den DVD-Kommentaren erinnert sich Claude Jade: „François kam oft zu spät, er verpasste Proben; am Ende ist es ein kleines Wunder, dass der Film so wunderbar wurde.“

Mit dem Kampf um Langlois beschäftigt, dreht Truffaut seinen Film, der bereits im Vorspann auf den Kampf um die Cinémathèque verweist. Eine Kamerafahrt auf den Eingang des Filmmuseums endet auf dem Schild „Vorübergehend geschlossen“; darüber die Zueignung an Henri Langlois.

François Truffaut, Henri Langlois und Claude Jade bei der Premiere von „Baisers volés“. Fotos oben links: © Ulla Josephsson / ADAGP



Am 4. September erlebt „Baisers volés“ seine Premiere in der Cinémathèque française. Der alte und neue Hausherr Henri Langlois, dem der Film gewidmet ist, macht Truffaut einen Vorschlag. Er sähe das junge Paar gerne in einer Fortsetzung: „Verheiraten Sie Jean-Pierre Léaud und Claude Jade!“ François Truffaut dreht sie 1970 mit „Domicile conjugal“.

Baisers volés an François Truffauts 40. Todestag bei Arte

François Truffauts Todestag jährt sich heute zum 40. Mal. Arte nimmt zu Ehren des Regisseurs seinen Filmklassiker „Baisers volés“ (Geraubte Küsse) ins Programm.
Da „Domicile conjugal“ (Tisch und Bett) und „L’amour en fuite“ (Liebe auf der Flucht) in der Mediathek des Senders bereits  seit dem 1. Oktober ihren Platz haben, ist die Trilogie um Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud) und seine Freundin und spätere Frau Christine Darbon (Claude Jade) vollständig.

Die Trilogie des Paares Antoine und Christine in François Truffauts Doinel-Zyklus nun bei Arte

War die Filmkritik sich 1968 einig, dass „Baisers volés“ der beste französische Film des Jahres war, so wurde er kürzlich im Podcast von France Inter einmütig als bester Film von François Truffaut bezeichnet. Ein Aspekt von „Baisers volés“ sei François Truffauts Fähigkeit, die Grenze zwischen Autorenkino und Mainstream-Kino aufzuheben, sowohl Cineasten als auch das breite Publikum zu erreichen, ohne dabei den künstlerischen Anspruch zu opfern.
Die Ansage des Mannes, der Christine verfolgt und ihr am Ende im Beisein Antoines einen Antrag macht, spiegelt den gesamten Film wider: witzig, berührend, überraschend und sogar absurd. Truffaut selbst sagte: „Mit den Jahren, die vergehen, glaube ich, dass diese letzte Szene aus Baisers volés, die mit viel Unschuld gemacht wurde, ohne dass ich selbst wusste, was sie aussagen wollte, fast zu einem Schlüssel für alle Geschichten wird, die ich erzähle.“ Heute wissen wir von François Truffauts Heiratsantrag an seine Hauptdarstellerin.

Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, François Truffaut Baisers volés

Der Filmdienst schrieb im Januar 2007 in seinem Nachruf auf Claude Jade, Truffaut habe seiner Hauptdarstellerin am Ende von Baisers volés eine der schönsten Liebeserklärungen des Kinos gemacht: Der Unbekannte, der ihr am Ende einen Heiratsantrag macht und dann geht, ist wie Doinel ein Alter ego Truffauts.


Der Filmkritiker und Regisseur Hans-Christoph Blumenberg sprach dazu 2024 im Podcast „François Truffaut – Der Mann, der die Frauen liebte“ im Gespräch mit Josef Schnelle, wie grausam es war, dass er Claude Jade kurz vor der geplanten Hochzeit sitzen ließ (mehr dazu bei „Geraubte Küsse“ und in der Animation Smartphone von François Truffaut von INA und Libération) und dennoch immer wieder mit ihr Filme drehte. Filmhistoriker Robert Fischer ergänzt, dass er manche Hauptdarstellerinnen zweimal und Claude Jade sogar dreimal besetzte. Im ersten Film sei es immer die Geschichte eines Mannes, der im Begriff ist, sich in diese Frau zu verlieben und der zweite Film ist jeweils der Film eines Mannes, der bereits der Freund oder Partner dieser Person ist. Nach Ablauf des Podcasts sind die Gespräche von Josef Schnelle mit Robert Fischer, Hans C. Blumenberg, Gertrud Koch und  Michael Klier im April 2025 als „Der Mann, der das Kino liebte“ bei Schüren erschienen.
Dank Arte kann dann auf „Baisers volés“ jener Film folgen, von dem Henri Langlois, dem Baisers volés gewidmet ist, sich wünschte, dass Antoine und Christine heiraten: „Domicile conjugal“.

Animation „Baisers volés – Geraubte Küsse“ von Gabrielle Selnet

Ebenfalls in der Arte Mediathek ist eine einminütige Animation der Regisseurin Gabrielle Selnet mit ihrer eigenen Sicht auf den Filmklassiker, die Arte zu François Truffauts Todestag am 21. Oktober 2004 in der Reihe Short Cuts ausstrahlte.

„Baisers volés“ (Geraubte Küsse) als einminütige Animation von Gabrielle Selnet

Short Cut Baisers volés Arte France
Short Cut Geraubte Küsse Arte deutsch

François Truffaut, Claude Jade und Jean-Pierre Léaud

„Als junger Schauspieler neigt man oft dazu, Dinge tun zu wollen, bevor man sie spürt.“ (Claude Jade) arte-Magazin Oktober 2024

„Als junger Schauspieler neigt man oft dazu, Dinge tun zu wollen, bevor man sie spürt.“ (Claude Jade) arte-Magazin Oktober 2024

mehr zum Film hier
Baisers volés – Geraubte Küsse

ab heute, 21. Oktober bis 4. November in der Mediathek „Baisers volés“ (Geraubte Küsse)
Ausstrahlung 21:40

Geraubte Küsse (deutsche Fassung)
https://www.arte.tv/de/videos/011587-000-A/geraubte-kuesse/
Baisers volés
https://www.arte.tv/fr/videos/011587-000-A/baisers-voles/

Seit dem 1. Oktober 2024 bis zum 1. Februar 2025 in der Arte Mediathek:
Tisch und Bett (deutsche Synchronfassung)
https://www.arte.tv/de/videos/011981-000-A/tisch-und-bett/
Domicile conjugal
https://www.arte.tv/fr/videos/011981-000-A/domicile-conjugal/
Liebe auf der Flucht (deutsche Synchronfassung)
https://www.arte.tv/de/videos/045938-000-A/liebe-auf-der-flucht/
L’amour en fuite
https://www.arte.tv/fr/videos/045938-000-A/l-amour-en-fuite/

Oktober 2024

„Jedes Jahr, wenn der Oktober wiederkehrt, entsteht in mir in der Herzgegend eine kleine Erwärmung: Ah, Oktober, das wird Claudes Geburtstag sein.“ (François Truffaut, 1982)
„Chaque année, lorsque revient le mois d’octobre, un petit réchauffement se produit en moi dans la région du cœur: Ah, octobre, cela va être le birthday de Claude.“ (François Truffaut, 1982)

Heute vor 76 Jahren wurde Claude Jade geboren.

Am 21. Oktober 2024 jährt sich zum 40. Mal François Truffauts Todestag. Arte ehrt ihn und gibt die Möglichkeit zu einem Wiedersehen mit des Chronik des Paares Antoine Doinel und Christine Darbon. Seinen schönsten Film „Baisers volés“ (Geraubte Küsse) zeigt Arte am 21. Oktober, gefolgt von einem Porträt des Schauspielers Jean-Pierre Léaud. Bereits ab dem 1. Oktober sind die beiden weiteren Filme „Domicile conjugal“ (Tisch und Bett) und „L’amour en fuite“ (Liebe auf der Flucht) in der arte Mediathek zu entdecken oder wiederzuentdecken.

Zwar werden die Filme immer wieder in französischen und deutschen Kinos gezeigt, ob nun zu einer Hommage an Claude Jade im Berliner Kino Lichtblick, bei einer Jean-Pierre-Léaud-Retrospektive in Düsseldorf oder in etlichen Reihen zu Ehren von François Truffaut im Berliner Babylon. Zu Truffauts 30. Todestag zeigten in Paris die Cinémathèque und in Berlin das Lichtblick Truffaut-Werkschauen  . Doch im Fernsehen waren sie zuletzt vor zwölf Jahren zu sehen.

Arte zeigt im Oktober und November 2024 die François-Truffaut-Filme „Baisers volés“, „Domicile conjugal“ und „L’amour en fuite“ mit Jean-Pierre Léaud und Claude Jade.

Seit dem 1. Oktober 2024 bis zum 1. Februar 2025 in der Arte Mediathek:
Tisch und Bett (deutsche Synchronfassung)
https://www.arte.tv/de/videos/011981-000-A/tisch-und-bett/
Domicile conjugal
https://www.arte.tv/fr/videos/011981-000-A/domicile-conjugal/
Liebe auf der Flucht (deutsche Synchronfassung)
https://www.arte.tv/de/videos/045938-000-A/liebe-auf-der-flucht/
L’amour en fuite
https://www.arte.tv/fr/videos/045938-000-A/l-amour-en-fuite/

Vom 21. Oktober bis 4. November dann auch „Baisers volés“ (Geraubte Küsse)

Geraubte Küsse (deutsche Fassung)
https://www.arte.tv/de/videos/011587-000-A/geraubte-kuesse/
Baisers volés
https://www.arte.tv/fr/videos/011587-000-A/baisers-voles/

 

François Truffaut, Jean-Pierre Léaud und Claude Jade. Baisers volés

Mehr Informationen hier:

Baisers volés (Geraubte Küsse)

Domicile conjugal (Tisch und Bett)

L’amour en fuite (Liebe auf der Flucht)

France Inter Podcast Baisers volés

Einen Monat, bevor Arte am 21. Oktober 2024 zum Todestag von François Truffaut „Baisers volés“ (Geraubte Küsse) ausstrahlen wird, bringt France Inter einen Podcast zu „Baisers volés“:

Die Kritiker von „Le Masque et la Plume“ – Michel Aubriant, Pierre Billard, Jean-Louis Bory und Pierre Marcabru – sind sich einig, dass  „Baisers volés“ der schönste Film des Jahres 1968 und heute der schönste Film von Truffaut ist.

Mit Baisers volés schuf François Truffaut einen Film, der zugleich zart und zutiefst menschlich ist: ein betörendes Werk. Die Geschichte knüpft an Quatre Cents Coups an, ist aber reifer und sensibler. Für Pierre Marcabru ist Baisers volés ein Film „ganz in Sensibilität, ganz in Nuancen“, der von einer perfekten Beherrschung seiner Figuren und der Schauspielerführung zeugt.

Einer der faszinierendsten Aspekte von Baisers volés ist François Truffauts Fähigkeit, die Grenze zwischen Autorenkino und Mainstream-Kino aufzuheben. Pierre Billard betont bewundernd, dass „jeder Zuschauer alles verstehen wird, ständig gerührt ist und begeistert herauskommt“. Mit seiner Mischung aus Emotion und Reflexion gelingt es Truffaut, sowohl Cineasten als auch das breite Publikum zu erreichen, ohne dabei den ästhetischen Anspruch zu opfern.

Der Film ist eine echte Reflexion über die Liebe und die Gefühle der Jugend. Der Film ist zugleich witzig und zärtlich und bietet markante Szenen, wie das wiederholte mysteriöse Auftauchen des Mannes in Gabardine, der Claude Jade folgt und laut Pierre Billard „einen fulminanten intellektuellen und emotionalen Schock“ auslöst.

https://www.radiofrance.fr/franceinter/podcasts/le-masque-et-la-plume/baisers-voles-de-truffaut-1209112

Les critiques du „Masque et la Plume“ – Michel Aubriant, Pierre Billard, Jean-Louis Bory et Pierre Marcabru -sont unanimes pour dire que le film de François Truffaut „Baisers volés“ est le plus beau film de l’année 1968 et aujourd’hui le plus beau film de Truffaut.

Avec Baisers volés, François Truffaut signe un film à la fois délicat et profondément humain : une œuvre envoûtante. L’histoire s’inscrit dans la continuité des Quatre Cents Coups, avec davantage de maturité et de sensibilité. Pour Pierre Marcabru, Baisers volés est un film „tout en sensibilité, tout en nuances“, qui témoigne d’une maîtrise parfaite de ses personnages et de la direction d’acteurs.

L’un des aspects les plus fascinants de Baisers volés est la capacité de François Truffaut à abolir la frontière entre cinéma d’auteur et cinéma populaire. Pierre Billard souligne avec admiration que „n’importe quel spectateur comprendra tout, sera ému en permanence et sortira ravi“. En mêlant émotion et réflexion, Truffaut parvient à toucher aussi bien les cinéphiles que le grand public, sans pour autant sacrifier l’exigence esthétique.

Le film est une véritable réflexion sur l’amour et les sentiments de jeunesse. Le film, à la fois drôle et empreint de tendresse, propose des scènes marquantes, comme l’apparition mystérieuse et répétée de l’homme en gabardine qui suit Claude Jade et apporte, selon Pierre Billard, „un choc intellectuel et émotionnel fulgurant“.



Baisers volés – Geraubte Küsse

Neben „Geraubte Küsse“ sind im Oktober und November 2024 auch „Domicile conjugal“ (Tisch und Bett) und „L’amour en fuite“ (Liebe auf der Flucht) in der Arte Mediathek zu sehen.

Geraubte Küsse im Babylon Berlin

In der Reihe 60’s France zeigt das Berliner Kino Babylon an drei Abenden „Geraubte Küsse“ (Baisers volés) von François Truffaut mit Jean-Pierre Léaud und Claude Jade.

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In der Reihe laufen neben „Geraubte Küsse“ außerdem „Jules und Jim“, „Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß“, „Belle de jour“, „Letztes Jahr in Marienbad“, „Paris gehört uns“, „Außer Atem“, „Cleo – Mittwoch zwischen 5 und 7“, „Le Bonheur“,  „Alphaville“, „Maskulin feminin“, „Zazie“, „Schießen Sie auf den Pianisten“ und „Die Regenschirme von Cherbourg“.

„Geraubte Küsse“ läuft
Freitag, 09.08.2019 um 19.30
Montag, 12.08. um 20.00
Freitag, 16.08. um 18:15
Kino BABYLON Berlin, Rosa-Luxemburg-Straße 30, 10178 Berlin

https://babylonberlin.eu/programm/festivals/60-s-france/2492-60-s-france-geraubte-k-sse

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Jean-Pierre Léaud 75

Jean-Pierre Léaud feiert heute seinen 75. Geburtstag. Gefeiert wurde Léaud im letzten Jahr mehrfach: Das Filmmuseum Düsseldorf widmete ihm eine umfangreiche Retrospektive und zum 50. Jahrestag von „Baisers volés“ erschien in der Reihe „Les meilleurs films de notre vie“ in Frankreich und Italien ein Buch über François Truffauts poetisches Meisterwerk.

Seit diesem Film und mit seinen beiden Fortsetzungen „Domicile conjugal“ und „L’amour en fuite“ sind Jean-Pierre Léaud und Claude Jade eines der wichtigsten Paare der Filmgeschichte. Vor kurzem erschien bei „Les Echos“ ein Artikel über das Einfärben von Fotos durch Künstliche Intelligenz. Neben Motiven vom Eiffelturm, der Landung der Allierten 1944 und der Mädchenschule in Singapur von 1890 gibt es vier Ikonen: Neben Marilyn Monroe und dem Rennfahrer Eddie Merckx das Filmpaar Jean-Pierre Léaud und Claude Jade.

Jean-Pierre Léaud ist auch bei Claude Jade François Truffauts filmischer Stellvertreter.

Jean-Pierre Léaud ist das Gesicht der Nouvelle Vague und das Gesicht des Französischen Films der 60er und 70er Jahre. Und auch wenn er oft mit Truffauts Widerpart Godard gedreht hatte, bleibt er im Gedächtnis des Kinos Antoine Doinel.
„Im zwanzigsten Jahrhundert hat es im Grunde nur einen geglückten Versuch gegeben, Marcel Prousts „Suche nach der verlorenen Zeit“ ins bildliche Medium zu übertragen, eben Truffauts Doinel-Zyklus.“, schrieb „Die Zeit“.
Er war Truffauts Double, auch bei Claude Jade. Denn mit „Baisers volés“ begann auch die Chronik eines Paares: Antoine und Christine. Die für Juni 1968 geplante Hochzeit zwischen François und Claude wurde abgesagt, doch auf der Leinwand wurde aus Antoine und Christine ein Ehepaar.

Christine (Claude Jade) und Antoine (Jean-Pierre Léaud) aus „Geraubte Küsse“ heiraten in „Tisch und Bett“

Das Trio der „Baisers volés“: François Truffaut, Claude Jade, Jean-Pierre Léaud

Ein Ehepaar, das eigentlich noch zu jung ist, so als seien Kinder durch eine Tür getreten und zu früh erwachsen. So spielen sie Erwachsene.
Claude Jade beschreibt in „Baisers envolés“ die Zeit der Arbeit zu „Domicile conjugal“: „Wir arbeiten viel und lachen auch viel. François ist für Jean-Pierre und mich sehr präsent, es wird eine engere Komplizenschaft und Jean-Pierre akzeptiert das Duzen. Er ist jovial, fröhlich und entspannt. Er wohnt die ganze Zeit bei François, der ihn ans Set mitnimmt und sich wie ein Vater um ihn kümmert. Es ist auch sehr lustig zu hören, wie die Leute aus der Nachbarschaft zu François sagen: „Oh schau, wir haben neulich deinen Sohn gesehen!“
Es stimmt, dass Jean-Pierre ihm in dieser Zeit ähnelt; er trägt die gleichen Anzüge, die gleichen Hemden, die gleiche Jacke, den gleichen Mantel. Die Ähnlichkeit ging so weit, dass auch seine Handschrift der von François nahe kam. Wenn Journalisten schrieben, dass Doinel Truffauts Doppelgänger ist, meinen sie auch Jean-Pierre, bei dem Rolle und Darsteller verschmolzen. Ihre enge Freundschaft ist ein verstörendes Spiegelspiel, das Pirandello interessiert hätte.“
Und wenn Truffaut Claude Jade und Jean-Pierre Léaud als seine „Contemporains“ bezeichnete, nannte er seine einstige Verlobte auch bis zuletzt „ma troisième fille“.

Längst sind Antoine und Christine Ikonen, ihre beiden Schauspieler Jean-Pierre Léaud und Claude Jade sind Kulturgut, dessen sich Filmemacher und Autoren bedienen. Bei Christophe Honoré werden sie in seinem Film „Les chansons d’amour“ zitiert.

Auch im Roman „Niemand“ finden sie Einzug, wenn Gwenaelle Aubry in den beiden Kindern, „dem fahrigen dunkelhaarigen jungen Mann mit seinen engen Pullis und seinen anliegenden Jacken“ und in der „sehr jungen Frau mit dem Rehgesicht“ ein Paar sieht, das aus dem Erwachsenenspielen nicht herausgefunden hat, „“ihre darunter noch so spürbare Kindheit, den Eindruck, lebhaft wie eine Reminiszenz zweier Kinder, die Mama und Papa spielen wie Claude Jade mit ihrer Pelzmütze und ihrem Einkaufsnetz als Hausfrau verkleidet, die stolz wie ein kleines Mädchen darauf besteht, mit „madame“ angesprochen zu werden ….“

Und auch in David Foenkinos Roman „Unsere schönste Trennung“ erscheinen die beiden: „Wir beschlossen, in einem Gebäude mit großem Innenhof eine Wohnung zu beziehen. Ich weiß nicht, warum ich mein Leben immer mit dem von Antoine Doinel vergleiche, auf alle Fälle kam es mir vor, als sei ich am Ende der geraubten Küsse angekommen. Als würde mein Leben in den ehelichen Hafen einfahren. Alice hatte zudem soviel von Claude Jade, vor allem wenn sie schlief. Mir gefiel, wenn sie Röcke im Retro-Look trug und wir im orangefarbenen Stil der 70er Jahre lebten. Das Leben bleibt doch immer das gleiche.“

Mit „Liebe auf der Flucht“ blieb die Chronik beendet, Claude Jade und Jean-Pierre Léaud teilten sich beim Festival von Cannes ein Jahr nach Truffauts Tod noch einmal die Bühne – zu einem Foto der Filmfamilie von François.

Jean-Pierre Léaud (erste Reihe, 2. v.r.) und Claude Jade (r.) 1985 in Cannes

Von Daniel Cohn-Bendit, der 1968 mit Truffaut, Claude Jade und Jean-Pierre Léaud vor der Cinémathèque demonstrierte, wurde 1986 der Versuch einer Fortsetzung unternommen. Er kontaktierte Claude Jade und auch Léaud, doch das Projekt kam nie zustande. Ein Drehbuchentwurf Truffauts schilderte das „Tagebuch von Alphonse“, in dem es nur noch Christine und ihren gemeinsamen Sohn mit Antoine, Alphonse Doinel, gab. Daraus wurde 2004 ein Hörspiel mit Claude Jade und Stanislas Merhar – ohne Jean-Pierre Léaud.
Den letzten gemeinsamen öffentlichen Auftritt hatten beide 2005 beim Festival von Angers. Claude Jade starb 2006, Jean-Pierre Léaud dreht noch immer Filme, in seinem jüngsten Film von 2019, „C’è tempo“, spielt er als Gast sich selbst. Eine Reminiszenz an Antoine Doinel, der er bleiben wird, ein ewig junger Träumer.

jean-pierre leaud, claude jade

1968 – im Smartphone von François Truffaut

„1968 – das Jahr, in dem alles begann“
Wie würde man die Ereignisse von 1968 auf einem Smartphone und seinen Apps verfolgen?
INA und Libération präsentieren das Mobiltelefon von François Truffaut.

1968 war das Jahr der „Geraubten Küsse“, aber auch des Kampfes um die Cinémathèque, des Abbruch des Festivals von Cannes und die Zeit der Heiratspläne von François Truffaut und der 16 Jahre jüngeren Claude Jade. Der achtminütige Kurzfilm „1968 raconté en version mobile – François Truffaut“ ist der zweite Beitrag einer Reihe von Mikhail Zygar, Karen Shainyan und Timur Bekmambetov, in Partnerschaft mit Libération und der INA. Die Erzählerstimme: Vincent Collet.
Hier Screenshots des Mobiltelefons von François Truffaut aus diesem Film.

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Beteiligt sind Henri Langlois, Claude Jade, Jean-Pierre Léaud, Jean-Luc Godard, die Eltern von Claude (Marcelle und Marcel Jorré), Charles de Gaulle, Julio Cortazar, Mick Jagger, Evgueni Evtouchenko, Paul Newman, Albert Duchenne, François Mitterrand, Petitionsunterzeichner von Alfred Hitchcock über Charles Chaplin bis Akira Kurosawa.

Link zum Kurzfilm  „1968 raconté en version mobile – François Truffaut“

 

Это 1968 год! молодой французский режиссер Франсуа Трюффо оказывается в эпицентре восстания кинозвезд. Клод Жад françois Truffaut, Claude Jade
weiterer Link zur russischen Version:
Это 1968 год!  Франсуа Трюффо

Henri Langlois : Victoire ! Tu es l’homme qui a sauvé la Cinémathèque ! Le festival de Cannes annulé en signe de solidarité. Oui, j’aime votre fille et je voudrais l’épouser. Le meilleur film de l’année 1968, il era acclamé par tout le monde, sauf par Godard. Claude Jade, Marcel Jorré, Marcelle Jorré Baisers volés, Révolte, Mai 1968, Mai 68, Cannes Festival. François Truffaut, Claude Jade, Jean-Pierre Léaud, Mick Jagger, Evgueni Evtouchenko, Jean-Luc Godard, les parents de Claude, Henri Langlois, Charles de Gaulle, Julio Cortazar, Paul Newman, Albert Duchenne, François Mitterrand Voix off : Vincent Collet

Jean-Pierre Léaud-Retrospektive im Filmmuseum Düsseldorf

Mit 14 Filmen präsentiert das Filmmuseum Düsseldorf vom 4. bis zum 30. März die Reihe „Jean-Pierre Léaud – Der sanfte Rebell“.

Jean-Pierre Léaud - geboren 1944 in Paris als Sohn einer Schauspielerin und eines Drehbuchautors - konnte sich bereits als Kind beim Casting für Francois Truffauts ersten Spielfilm "Sie küssten und sie schlugen ihn" (1959) für die Titelrolle des Antoine Doinel durchsetzen. So begann eine der fruchtbarsten und wichtigsten Kooperationen in der Filmgeschichte. Zusammen mit der Schauspielerin Claude Jade, eine weitere Entdeckung Truffauts, waren sie als das Paar Antoine und Christine Zentrum einer ganzen Reihe von insgesamt zwanzig Jahren umspannenden Filmen. Ihre Figuren sind naiv und neunmalklug, doch während Christine mit der Zeit reifer wird, bleibt Antoine auch als Erwachsener ein Kind. Ein ewiger Jüngling, zart, bisweilen scheu und immer den Schalk im Nacken. Der Zyklus zeigt ihn als Kind, als Jugendlichen, schließlich als Ehemann und Familienvater. In Filmen wie "Geraubte Küsse" (1968), "Tisch und Bett" (1970) oder "Liebe auf der Flucht"(1979) hangelt er sich von Job zu Job oder verstrickt sich in chaotische Liebesgeschichten. Auf das von ihm fabrizierte Chaos reagiert er nur mit einem lakonischen Lächeln und einem lässigen Schulterzucken. Les 400 coups, Baisers voles, Domicile conjugal, L'Amour en fuite

Jeden Sonntag wird ein Film aus François Truffauts Antoine-Doinel-Zyklus gezeigt. Und somit laufen an drei Sonntagen, jeweils um 15 Uhr auch die Filme der Antoine-und-Christine-Saga. Am 11. März macht „Baisers volés“ (Geraubte Küsse) den Anfang, am 18. März läuft „Domicile conjugal“ (Tisch und Bett / Das Ehedomizil) und am 25. März „L’amour en fuite“ (Liebe auf der Flucht).

Der Focus schreibt:
„Mit insgesamt 14 Filmen widmet sich das Filmmuseum Düsseldorf, Schulstraße 4, dem vielseitigen und sechs Jahrzehnte umspannenden Werk von Jean-Pierre Léaud. Der Schauspieler und die Ikone des französischen Autorenkinos wurde zusammen mit François Truffaut und als dessen Alter Ego Antoine Doinel zum Aushängeschild der Nouvelle Vague. Léaud repräsentierte das Lebensgefühl der französischen Jugend in den 1950er- und 1960er-Jahren. Am Sonntag, 4. März, startet die Filmreihe im Filmmuseum um 15 Uhr. Bis zum 30. März können sich Interessierte die Filme zum Großteil im Original mit Untertitel anschauen.

Mit dem Antoine-Doinel-Zyklus zeigt das Filmmuseum die vier Langfilme und einen Kurzfilm Truffauts mit Léaud als chaotisch-charmanten und träumerischen Lebenskünstler. Weitere Filme von Aki Kaurismäki, Jerzy Skolimowski, Bernardo Bertolucci, Bertrand Bonello und Jean-Luc Godard sowie sein aktueller Film, „Der Tod von Ludwig IXV“ von Albert Serra, runden die Reihe ab.
Jean-Pierre Léaud – geboren 1944 in Paris als Sohn einer Schauspielerin und eines Drehbuchautors – konnte sich bereits als Kind beim Casting für Francois Truffauts ersten Spielfilm „Sie küssten und sie schlugen ihn“ (1959) für die Titelrolle des Antoine Doinel durchsetzen.

So begann eine der fruchtbarsten und wichtigsten Kooperationen in der Filmgeschichte. Zusammen mit der Schauspielerin Claude Jade, eine weitere Entdeckung Truffauts, waren sie als das Paar Antoine und Christine Zentrum einer ganzen Reihe von insgesamt zwanzig Jahren umspannenden Filmen. [ Anm.: natürlich sind es für Antoine und Christine etwa zehn Jahre ]

Ihre Figuren sind naiv und neunmalklug, doch während Christine mit der Zeit reifer wird, bleibt Antoine auch als Erwachsener ein Kind. Ein ewiger Jüngling, zart, bisweilen scheu und immer den Schalk im Nacken.

Der Zyklus zeigt ihn als Kind, als Jugendlichen, schließlich als Ehemann und Familienvater. In Filmen wie „Geraubte Küsse“ (1968), „Tisch und Bett“ (1970) oder „Liebe auf der Flucht“ (1979) hangelt er sich von Job zu Job oder verstrickt sich in chaotische Liebesgeschichten.  Auf das von ihm fabrizierte Chaos reagiert er nur mit einem lakonischen Lächeln und einem lässigen Schulterzucken.

Ab Mitte der 1960er-Jahre beginnt Léaud, sich von Antoine Doinel zu emanzipieren. Seine Figuren – so zum Beispiel in „Masculin, féminin“ (1966) oder „I hired a contract killer“ (1992) – werden abstrakter, sein schüchternes Wesen bleibt ihm jedoch erhalten. Erst Jahre später wendet er sich gänzlich anderen Rollen zu und dreht letztlich mit fast allen Größen des europäischen Kinos.

2016 erhält Jean-Pierre Léaud die Goldene Palme für sein Lebenswerk

Im Jahr 2000 erhielt er einen Ehren-César und 2016 wurde ihm die Goldene Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes als Ehrenpreis für sein Lebenswerk verliehen.“

Link zur gesamten Léaud-Werkschau im „Black Box“-Kino
Link zum ersten gemeinsamen Film Geraubte Küsse (Baisers volés)

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Le Figurant

„Le Figurant“ von Didier Blonde erzählt von einem Komparsen, der im Februar 1968 am Set zu François Truffauts „Baisers volés“ dem Mädchen Judith begegnet. Vor dem Hintergrund der Demonstrationen an der Cinémathèque Française vor 50 Jahren dreht Truffaut seinen Film. Judith, auch sie ist Komparsin, taucht nie wieder am Set auf. Der Erzähler, ein Cinephiler, ist von ihr bewegt wie Doinel von Claude Jade. Und er beginnt mit der Suche nach ihr. Und auch 50 Jahre später ist er davon besessen, sie zu finden.

Hier ein Link zum legendären Film: „Baisers volés – Geraubte Küsse“

Daniel Ceccaldi 89

Claude Jade, Daniel Ceccaldi und Claire Duhamel in "Geraubte Küsse"

Claude Jade, Daniel Ceccaldi und Claire Duhamel in „Geraubte Küsse“

ceccaldi_claude jade daniel ceccaldi Domicile conjugalIn „Baisers volés“ und „Domicile conjugal“ war Daniel Ceccaldi (1927-2003) der Stiefvater von Christine Darbon-Doinel alias Claude Jade – und natürlich der Schwiegervater von Truffauts Alter ego Antoine Doinel.
Den Namen Darbon für Christines Eltern entlieh Truffaut dem Schauspieler François Darbon, der im Kurzfilm „Antoine et Colette“ den namenlosen Stiefvater von Antoines platonischem Schwarm Colette gespielt hatte. Die Darbons leben im 16. Arrondissement, in der avenue Édouard-Vaillant Nummer 44.
Ceccaldi_baisers_voles_Claude_Jade_Daniel_Ceccaldi_1968_filmClaude Jade über ihre Filmeltern: „François sagte, dass er Mädchen mit netten Eltern gern mochte. Aus diesem Grund sind Antoine Doinels Schwiegereltern so sympathisch.“
Daniel Ceccaldis Lucien Darbon könnte dem Universum Charles Dickens‘ entstammen, ein  gebildeter, schelmischer und  warmherziger Bonhomme, als Stiefvater und als Schwiegervater auch ein Komplize der Helden.

Claude Jade, Claire Duhamel, Jean-Pierre Léaud und Daniel Ceccaldi. Baisers volés. 1968.

Claude Jade, Claire Duhamel, Jean-Pierre Léaud und Daniel Ceccaldi. Baisers volés. 1968.

Jean-Pierre Leaud, Claude Jade, Daniel Ceccaldi, Claire Duhamel. Domicile conjugal. 1970

Jean-Pierre Leaud, Claude Jade, Daniel Ceccaldi, Claire Duhamel. Domicile conjugal. 1970

Ceccaldi_Dom_le canard malicieux daniel ceccaldi claude jadeEr ist warmherzig und in seiner Spielfreude köstlich, wenn er am Essenstisch erklärt, weshalb Christine auf keinen Fall die Marseillaise spielen dürfe. Er ist ein Feingeist, der eine Autowerkstatt besitzt und der in „Domicile conjugal“ seinem Enkel Alphonse eine gelbe Gummiente mitbringt. Kurz zuvor hat Christine herausgefunden, dass Antoine sie mit einer Japanerin betrogen hat. Lucien: „Diese Ente ist übrigens für Alphonse, die ist nicht für euch. Ich sage das, weil ich kürzlich einen interessanten Roman gelesen habe: ‚Die schelmische Ente‘. Es ist die Geschichte eines Richters, eines Mannes aus dem gehobenen Bürgertum, der sich unsterblich in eine Ente verliebt, eine Ente, die man seinem Sohn geschenkt hat.“ Christine: „Das kann Antoine nicht passieren; er hat für leblose Dinge nichts übrig. Er bevorzugt Menschen, obgleich er überhaupt nichts gegen die Farbe Gelb hat.“

Ceccaldi_Banania_Baisers_voles_Claude_JadeSeinen schönsten Satz in „Domicile conjugal“ hat Ceccaldi in einer Szene im Bordell, in dem er seinem Schwiegersohn begegnet: „Wertvolle Menschen sind wie schöne Dinge. Sie verlassen selbst die guten Häuser mit Bedauern.“
Der Kritiker Bob Wade schreibt über Ceccaldis Lucien Darbon: „Claude Jade’s parents are memorably played by Daniel Ceccaldi and Claire Duhamel. Ceccaldi’s role may represent the most pleasant and neurosis-free father in any movie of the era. He overflows with Dickensian warmth and geniality.“

François Truffaut, Daniel Ceccaldi, Claude Jade, jean-Pierre Léaud

François Truffaut, Daniel Ceccaldi, Claude Jade, jean-Pierre Léaud

Daniel Ceccaldi1972 bittet Daniel Ceccaldi Claude Jade, in Shakespeares „Henry V“ seine kleine französische Prinzessin Catherine de Valois zu spielen, im von ihm inszenierten und gespielten Stück bei Sommerfestivals in Beauhency, Sarlat und Sisteron. Leider fällt dieses schöne Projekt ins Wasser, bei dem man einem berühmten Tochter-Vater-Paar der Filmgeschichte nach ihrer Vermählung auf der Bühne hätte applaudieren können.

Claude Jade schwärmt in ihrer Autobiographie „Baisers envolés“: „Daniel Ceccaldi, toujours disert, charmant et plein d’esprit.“ Heute wäre der Schauspieler 89 Jahre geworden.

Jean-Pierre Léaud, François Truffaut, Claude Jade, Daniel Ceccaldi und Claire Duhamel bei Dreharbeiten zu "Domicile conjugal", 1970

Jean-Pierre Léaud, François Truffaut, Claude Jade, Daniel Ceccaldi und Claire Duhamel bei Dreharbeiten zu „Domicile conjugal“ (Das Ehedomizil / Tisch und Bett, 1970)

Mehr über Daniel Ceccaldi in „Baisers volés“ hier: „Geraubte Küsse“