Prandino L’altro Visconti

Filmbuch und Biographie: „Prandino – L’altro Visconti“ (2018) von Corrado Colombo mit Mario Gerosa; auf dem Cover Corrado Colombo mit Eriprando „Prandino“ Visconti (1932 – 1995)

„Prandino – L’altro Visconti“. Bereits der Titel von Corrado Colombos Buch nennt den übermächtigen Schatten des berühmten Onkels Luchino Visconti über der Karriere des Regisseurs Eriprando „Prandino“ Visconti.
Als sein Film „Una spirale di nebbia“ unter dem unglücklichen Titel „Caresses bourgeoises“ in den Pariser Kinos startete, war der Familienname auf dem Plakat weitaus größer als der Vorname. Eriprando Visconti, dessen erster Film „Una storia Milanese“ bereits den Kritikerpreis bei den Filmfestspielen von Venedig 1962 erhalten hatte, stand immer im Schatten des Onkels.

Eriprando „Prandino“ Visconti und Claude Jade

Claude Jade hatte „Prandino“, so der Kosename des Regisseurs Eriprando Visconti, als einen freundlichen und charmanten Mann in Erinnerung. Doch eben auch François Truffauts Urteil über Viscontis Arbeit, als dieser den Film 1978 in einem Kino an den Champs Elysées gesehen hatte.

Martine Brochard, Carole Chavet, Claude Jade, Eleonora Giorgi; Flavio Bucci, Marc Porel, Duilio del Prete, Stefano Satta Flores

Corrado Colombo, ein enger Mitarbeiter des 1995 verstorbenen Regisseurs, hat am Donnerstag sein Buch vorgestellt. Zur der feierlichen Präsentation liefen die Filmmusiken von Ivan Vandor („Una spirale di nebbia“) und John Lewis („Eine Mailänder Geschichte“), Trailer und Filmausschnitte. Neben Filmritiker Gino Buscaglia und Journalisten waren auch Eriprando Viscontis Kinder anwesend: Conte Edoardo „Dardo“ di Modrone und Ortensia. Im Film waren Dardo und Ortensia Neffe und Nichte der von Claude Jade gespielten Maria Teresa.

Corrado Colombo zwischen Prandino Viscontis Kindern Ortensia und Dardo (Conte Edoardo di Modrone); rechts: Ortensia und Dardo 1977 mit Claude Jade in „Una spirale di nebbia“

Eigentlich wären die beiden ihre Filmkinder geworden. Claude war zuerst für die Rolle der bei der Jagd getöteten Valeria vorgesehen. Doch dann erkannte Prandino Visconti ihre große Fähigkeit zu Traurigkeit und Melancholie. So erhielt sie die Rolle der Identifikationsfigur des Romans von Michele Prisco, die am Ende als einzige der Nebelspirale entkommt.
Demnächst mehr zu diesem Buch von Corrado Colombo und dem Film.

Marc Porel

Claude Jade, Marc Porel, Roberto Posse, Carole Chauvet in „Una spirale di nebbia“

Marc Porel wäre heute 67 geworden. Eine seiner besten Rollen hatte er 1977 an der Seite Claude Jades in Eriprando Viscontis „Una spirale di nebbia“.
Von Jean-Claude Brialy entdeckt, debütiert der schöne Sohn des Schauspielerpaares Jacqueline Porel und Gérard Landry in Costa-Gavras‘ „Ein Mann zuviel“. Er spielt neben Jean Gabin („Der Clan der Sizilianer“, „La Horse“) und erhält 1970 zwei Hauptrollen: als Gilles in Jacques Derays Sagan-Verfilmung „Un peu de soleil dans l’eau froide“ und als Jean in Édouard Molinaros „Les aveux les plus doux“. Seine Partnerin sollte bereits damals Claude Jade sein, die zuvor mit Molinaro „Mon oncle Benjamin“ gedreht hatte. Doch sie lehnte wegen einer Nacktszene ab und Caroline Cellier spielte die Frau an Porels Seite.

Caroline Cellier spielt die Rolle an Porels Seite, die Claude Jade zuvor abgelehnt hatte.

Marc Porel spielte neben Jean Gabin in „La Horse“ und „Der Clan der Sizilianer“, in dem auch Alain Delon mit von der Partie war. Dem vielversprechenden Start folgten Actionfilme wie „Big Guns“, erneut an der Seite Alain Delons, oder kleinere Rollen wie die des ermordeten Rocky in Lautners „Die Straße nach Salina“.

Visconti-Star Marc Porel, Sexsymbol in den 1970ern.

Porel dreht in der Folgezeit vor allem in Italien und wird von Luchino Visconti für zwei seiner letzten Filme besetzt: in „Ludwig II“ spielt er Richard Hornig, den Liebhaber des von Helmut Berger gespielten Königs und in „Die Unschuld“ den Liebhaber Laura Antonellis.

Marc Porel als Richard Hornig in Luchino Viscontis „Ludwig“

Marc Porel als Filippo d’Arborio in Luchino Viscontis „Die Unschuld“

Una spirale di nebbia

Claude Jade, Marc Porel „Una spirale di nebbia“

Fabrizio (Marc Porel), Maria Teresa (Claude Jade), Marcello (Duilio Del Prete), Valeria (Carole Chauvet)

Una spirale di nebbia, Eriprando Visconti, Claude Jade, Marc Porel, Carole Chauvet, Duilio Del Prete, Martine Brochard, Flavio Bucci, Stefano Satta Flores, Eleonora Giorgi

Una spirale di nebbia, Eriprando Visconti, Claude Jade, Marc Porel, Carole Chauvet, Duilio Del Prete, Martine Brochard, Flavio Bucci, Stefano Satta Flores, Eleonora Giorgi

Una spirale di nebbia, Eriprando Visconti, Claude Jade, Marc Porel, Carole Chauvet, Roberto Posse

Waren dies noch Nebenrollen, so macht Eriprando Visconti, der Neffe des Meisterregisseurs, ihn zum Star seiner Verfilmung von Michele Priscos „Una spirale di nebbia“. Porel spielt den jungen Fabrizio, der des Mordes an seiner Frau (Carole Chauvet) verdächtigt wird. Einzig seine unglücklich verheiratete Cousine Maria Teresa (Claude Jade) hält zu ihm und versucht, seine Unschuld zu beweisen.

Claude Jade und Marc Porel in „Una spirale di nebbia“

Sieben Jahre nach Claudes Absage für „Les aveux les plus doux“ zeigen sich nun beide nackt; Claude Jade hat ihre einstigen Ansichten bereits mit „Le malin plaisir“ (siehe Jacques Weber) revidiert. Dass in Viscontis Film die Männer Marc Porel, Duilio del Prete und Stefano Satta Flores alles zeigen, entspricht der Entwicklung im frankoitalienischen Kino der 70er Jahre, deren Freiheit in den 80er Jahren bigotter Prüderie weicht. Die Nacktheit in „Spirale di nebbia“ ist nicht selbstzweckhaft und voyeuristisch: sie ist natürlich, bleibt vor allem Zubehör zum Leben und lässt Verletzlichkeit zu.

Marc Porel in "Non si sevizia un paperino" (Don't torture a duckling - Quäle nie ein kind zum Scherz)

Marc Porel in „Non si sevizia un paperino“ (Don’t torture a duckling – Quäle nie ein Kind zum Scherz)

Marc Porel, der auch in einigen Gialli auftrat, so in Lucio Fulcis „Non si sevizia un paperino“ und „Sette note in nero“ , wurde von einem exzessiven Leben verbrannt, und er nahm Drogen. Marc Porels Zerbrechlichkeit und Sensibilität schien immer durch seine Darstellung. Einige seiner Weggefährten stürzten ab mit den Drogen und fingen sich wieder auf, wie die Sängerin und Schauspielerin Dani. Für Marc Porel kam keine Hilfe im Kampf gegen die Drogen und er starb im Alter von nur 34 Jahren in Marokko an einer Meningitis infolge des Drogenkonsums. Er war zweifellos eine der großen Hoffnungen des Französischen Kinos.

Claude Jade behütet – eine Galerie

Les_Feux_de_la_chandeleur_Claude_Jade

Claude Jade 1972 in „Les feux de la Chandeleur“ (Kerzenlicht)

Célimène et le cardinal

2006 in „Célimène et le cardinal“

Behütet wächst Claude Jade auf und bereits 1964 trägt sie auf der Bühne ihre erste Kopfbedeckung, eine Haube. Zwischen ihrer Molière-Heldin Agnès und ihrer Molière-Heldin Célimène liegen 42 Jahre.
Der Karrierestart erfolgt unter Männern, die sie behüten oder behüten wollen: Sacha Pitoëff und François Truffaut. Und freilich trägt Claude Jade in vielen ihrer zahlreichen Filme Hüte; mal sind es historische Modelle, in seltenen Fällen sind sie ein dramatisches Element.
Unter der Seite Gut behütet  finden Sie hier ab heute einen Artikel, der zugleich eine chronologische Galerie ist.

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