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Triumph der Festival-Gewinner Moskau 1981: Regisseur Alexandr Alov mit den „Teheran 43“-Stars Natalia Belochwostikowa, Claude Jade, Igor Kostolewski und Armen Dshigarchanian
Links zu zwei sowjetischen Filmen mit Claude Jade: „Teheran 43“ und „Lenin in Paris“
Bernard Coste muss 1979 als Generalsekretär des Kulturministeriums der Französischen Botschaft Moskau in die Sowjetunion übersiedeln. Seine Frau Claude kennt Moskau bereits von einem viertägigen Aufenthalt bei den Filmfestspielen 1971. Nun wird sie ab dem Frühjahr 1979 für drei Jahre dort leben, in zwei sowjetischen Filmen spielen und zum Drehen für zwei weitere Kino- und sieben TV-Filme immer wieder nach Frankreich fliegen. Oder in der Tschechei den deutschen Film „Rendezvous in Paris“ drehen. Sie behalten die Wohnung in Boulogne, denn ein Hotelleben in Frankreich kann sie sich nicht vorstellen.
In Moskau, wo die Menschen in den Magasins Schlange stehen, an manchen Tagen kästenweise Bananen einheimsen und an anderen Tagen Rasierschaum-Rationen, bemerkt sie einen Soldaten, der massenweise Toilettenpapier mit sich trägt, weil es endlich welches zu kaufen gibt. Sie ist privilegiert und kann in den Berioskas mit Devisen einkaufen, in denen fast alles erhältlich ist. Doch Tomaten, Kosmetik, Papiertaschentücher, Käse, Olivenöl oder Videokassetten muss sie in Paris besorgen.
Zu jener Zeit ist sie nicht die einzige französische Künstlerin, die zwischen Moskau und Paris pendelt. Sie begegnet – ausgerechnet am Flughafen – Marina Vlady, die ebenfalls in Paris arbeitet und in Moskau mit ihrem Mann, dem Dichter, Schauspieler und Sänger Wladimir Wyssotzki, lebt. Vlady hatte bereits zehn Jahre zuvor in einem sowjetischen Film des Regisseurs Sergej Jutkewitsch gespielt. Jutkewitsch engagiert nun Claude Jade für sein letztes Werk „LENIN IN PARIS“ , in dem sie die Revolutionärin Inessa Armand spielt. Ein weiterer russischer Film, den Claude Jade in jener Zeit dreht, ist die sowjetisch-französische Großproduktion „TEHERAN 43“.
Truffaut sendet ihr zu jenem Zeitpunkt ein Buch über sich aus der Reihe „L’Age d’homme“ mit einer amüsanten und treffenden Widmung: „Für die köstliche Madame Doinel, Botschafterin des Charmes im Land des Messers zwischen den Zähnen. Mit all meiner Zuneigung, françois.“ Später wird ihr auch Jutkewitsch ein ihm gewidmetes Buch aus der selben Reihe senden und ihr schreiben: „Für eine sehr große Schauspielerin, Claude Jade, mit Bewunderung, sehr freundschaftlich Sergej Jutkewitsch. Paris-Moskau 1980“.

Vladimir Antonik, Sergej Jutkewitsch und Claude Jade

Claude Jade, die noch vor Beginn ihrer russischen Filme das kyrillische Alphabet lernt, um sich in der Stadt – speziell beim Einkauf auf dem Markt der Kolchosen – zurechtzufinden, freundet sich mit der französischen Pianistin Brigitte Engerer an.
Sie besuchen Engerers Meister Stanislav Neuhaus, den Stiefsohn Boris Pasternaks, und Claude besichtigt das winzige Arbeitszimmer des Schöpfers von „Doktor Schiwago“, das gleichzeitig sein Schlafraum war und sie an eine Mönchszelle erinnert. An seinem Grab steht wie vor vielen anderen eine Bank, auf der Angehörige in unmittelbarer Nähe der Toten picknicken oder ihrer mit Wodka gedenken können.
Im Juni 1981 wird „Télé 7 jours“ in seinem Bericht „Claude Jade: double carrière à Paris et à Moscou“ sie als die Gastgeberin der französischen Moskau-Besucher preisen: „An ihrem Tisch, wo die Bifteck-frites mit Borschtsch und Blinis alternieren, empfängt sie französische Künstler, die sie dann in die Museen und Theater Moskaus steuert. Micheline Presle, eingeladen zur Woche des französischen Films, war bereits ihr Gast.“
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Claude Jade mit ihrem Sohn Pierre Coste

Клод Жад (Claude Jade)
Als neben Jean-Jacques Beneix, Alain Bonnot und Evelyne Dress die platinblonde russisch-französische Schauspielerin Katia Tchenko, zu jener Zeit ein begehrtes Pin-up, die Costes besucht, versucht sich der kleine Pierre als Connaisseur en russe: „Du weißt schon, Maman, dass Katia schöner ist als du.“

Leonid Eidin, Claude Jade, Sergej Jutkewitsch und Elena Korenewa

Alexander Alov, Vladimir Naumov und Claude Jade bei der Aufführung von „Teheran 43“

Auf die armenisch-französische Freundschaft – hier mit Armen Dshigarchanian im Film „Teheran 43“
Dem russischen Winter kann Claude bei einer Armenienreise entfliehen: Sie lassen Pierre bei Bernards Eltern in Moskau und treffen in Jerewan den Schriftsteller Georges Conchon, den Claude 1970 als Jurymitglied in Hyères kennengelernt hatte, und den Politiker Georges Gorse. Als in einer Kolchose die französisch-armenische Freundschaft begossen wird, nehmen die Toasts kein Ende; auf jede neue Ansprache muss ein Glas erhoben und geleert werden. Claude Jade erinnert sich in ihren Memoiren: „Es gelang mir, eine Flasche Wasser zu verstecken; ich behielt sie unter der Tafel und füllte aus ihr diskret nach. Bald wurde jenen sehr übel, die nicht diese Vorsichtsmaßnahme ergriffen hatten. Als sie sich zum Schluss der Mahlzeit von der Tafel zu erheben und auf ihren Beinen zu halten versuchten, war ihnen ein torkelnder Zickzackgang sicher… Am nächsten Tag wurde das Frühstück auf Geheiß unserer Gastgeber verschoben zugunsten der Bekanntmachung mit dem lokalen Cognac! Für mich war es undenkbar, diesen heftigen Alkohol so früh am Morgen zu trinken. Ich ersetzte ihn durch Pflaumensaft, der die gleiche Farbe hatte und umging so das Risiko, ihre Empfindlichkeit zu verletzen noch eine Migräne zu bekommen und ich erwies ihnen dennoch meine Ehre an ihre Gastfreundschaft.“
Auf dem XII. Moskauer Internationalen Filmfestival, das ihre beiden Filme „Teheran 43“ und „Lenin in Paris“ präsentiert, steht Claude Jade gemeinsam mit den sowjetischen Schauspielern und Regisseuren auf der Bühne. Die französischen Gäste des Festivals begrüßt sie weiterhin als Gastgeberin. Noch zehn Jahre später sind Kollegen überrascht, als sie erfahren, dass sie wieder in Paris lebt. Trotz der kontinuierlichen Arbeit in Frankreich wähnten sie Claude Jade weiterhin in Moskau.


Клод Жад – Claude Jade