Michel Subor 1935 – 2022

Claude Jade und Michel Subor 1969

„Fotografie ist die Wahrheit. Und Kino ist 24 Mal die Wahrheit pro Sekunde“. Diesen berühmten Satz sagte Michel Subor als Godards „Der kleine Soldat“, ein Film, der erst drei Jahre nach seiner Fertigstellung ins Kino kam.  Um die Wahrheit geht es auch einer weiteren wichtigen Filmfigur in Subors Karriere: als Schwiegersohn eines in Bedrängnis gerateten Agenten – und Ehemann der von Claude Jade gespielten Agententochter – ist er in Alfred Hitchcocks „Topas“ der Journalist François Picard, der einem Mitglied des in Frankreich operierenden sowjetischen Spionagerings „Topas“ die Wahrheit entlockt.


Mischa Sobietsky, Vater Russe, Mutter aus Aserbaidschan, wird 1935 in Paris geboren. Als Anti-Bolschewisten waren sie aus der Sowjetunion nach Frankreich emigriert.  In seiner ersten kleinen Filmrolle spielt er bereits an der Seite seiner späteren „Topas“-Schwiegermutter Dany Robin in „Frou Frou“ einen Restaurantbesucher. Die Hauptrolle in Jean-Luc Godards „Der kleine Soldat“ hätte ihn bereits 1960 berühmt gemacht, doch der Film lag wegen der verschärften Filmzensur zur Zeit des Algerienkrieges bis 1963 auf Eis. Die Stimme von Subor, der 1959 sein Theaterdebüt als Ersatz für Serge Reggiani in Sartres „Die Eingeschlossenen von Altona“ gab, hatte François Truffaut ausreichend verführt, ihn als Erzähler von „Jules und Jim“ einzusetzen.

Dany Robin, Claude Jade, Frederick Stafford und Michel Subor in „Topas“

In der Zwischenzeit war er der Partner von Brigitte Bardot in einer in einer von der Kritik geschmähten Erotikkomödie von Roger Vadim („In Freiheit dressiert“), spielte den tragischen Helden im Deserteursdrama „Ferien in der Hölle“ und war der Liebhaber von Marie-José Nat in Michel Drachs Ehedrama „La vie conjugale“.  1968 wird er von Alfred Hitchcock für „Topas“ engagiert. Er spielt den Ehemann von Michèle (Claude Jade), Tochter des französischen Agenten André Devereaux (Frederick Stafford).

Frederick Stafford (1928-1979) , Claude Jade (1948-2006), Michel Subor (1935-2022)

Michel Subor und Claude Jade: „With a wife like this, one can afford to be modest“

Alfred Hitchcock hat die Romanvorlage geändert, so dass François Picard bereits zu Beginn mit Michèle und ihren Eltern seine Flitterwochen in New York verbringt. Im Roman ist Michèle im ersten Teil noch mit einem amerikanischen Snob verlobt und beginnt gegen den Willen ihres Vaters eine Beziehung mit dem unbequemen Pariser Journalisten. Subor darf so bereits zu Beginn seinem Schwiegervater helfen und hat später die Aufgabe, den „Topas“-Spion Henri Jarré (Philippe Noiret) zu entlarven. Kenner des damals in Frankreich verbotenen Romans rechnen mit François Tod, als Michèle bei einem Blick aus Jarrés Fenster einen Toten auf einem im Hof stehenden Auto liegen sieht.

Claude Jade, Michel Subor

Michel Subor und Claude Jade in Alfred Hitchcocks „Topas“

In Leon Uris‘ Roman „Topas“ wird François ermordet: Seine Mörder locken Michèle aus der Wohnung und klingeln kurz darauf. In der Annahme, Michèle sei zurückgekehrt, öffnet er und wird totgeschlagen. Michèle und ihre Mutter flüchten dann über die spanische Grenze. Bei Hitchcock überlebt François. So kann er Michèle seine Zeichnung des toten Verräters Henri Jarré zeigen – den Nicole als Besucher ihres Liebhabers Jacques Granville erkennt. Hitchock lässt Michel Subor einen markanten Satz sagen, als er angeschossen zu Michèle und ihren Eltern heimkehrt: „„I’ve been shot… just a little.“ Dass reichliche Filmblut auf seinem Hemdärmel ironisiert diesen Satz ebenso wie Michèles Replik: „What do you mean: Not bleeding?“

Dany Robin, Michel Subor, Claude Jade, Frederick Stafford. „What do you mean: Not bleading?“

Als „Topas“ 1969 herauskommt, werden einige Szenen mit Subor werden geschnitten und erst 1999 im Director’s Cut veröffentlicht: Ein amüsanter Dialog mit Michèle über die UNO-Delegierten und die Wildheit der Kubaner, eine Fahrt mit Michèle und André vom Flughafen Orly zum Haus des „Topas“-Chefs Jacques Granville, eine innerfamiliäre Diskussion über ein Duell zwischen André und Granville und schließlich François als Andrés Sekundant beim Duell im Stadion Charléty.

Claude Jade und Michel Subor in Alfred Hitchcocks „Topas“

Parallel zu „Topas“ spielen Claude Jade und Michel Subor Hauptrollen in der sechsteiligen Familiensaga „Mauregard“ und pendeln dafür zwischen Frankreich und Hollywood. Subor ist als Ersatz für den ausgefallenen Jean-Marc Bory. Allerdings haben Claude Jade und Michel Subor in „Mauregard“ keinen gemeinsamen Szenen, da ihre Rollen zeitlich durch 40 Jahre getrennt sind. Claude Jades Rolle von Michel Subors Großtante Françoise wird als gealterte Figur übrigens von einer Schauspielerin gespielt, die ebenfalls mit Alfred Hitchcock gearbeitet hatte: Brigitte Auber als über den Dächern von Nizza balancierende Diebin Danielle aus „To Catch a Thief“.
Michel Subors Karriere verläuft in den 70er und 80er Jahren diskret, bis er 1990 dank Claire Denis ein großes Comeback hat: „Beau Travail – Der Fremdenlegionär“, ein homoerotisches Soldatendrama und zugleich Reminiszenz an Subors großen Erfolg als „Der kleine Soldat“: auch hier heißt er wie bei Godard Bruno Forestier, dessen Geschichte Denis weiterspinnt. Claire Denis arbeitet mit Michel Subor in drei weiteren Filmen („L’intrus – Der Feind in meinem Herzen“, „White Material – Land in Aufruhr“, „Les Salauds – Dreckskerle“) . Nach Subors Tod – er verstarb nach einem Autounfall im Krankenhaus –  schreibt Claire Denis am 17. Januar  „le grand petit soldat est mort“.

Claude Jade und Michel Subor in Alfred Hitchcocks „Topaz“

Dany Robin, Michel Subor, Claude Jade. Topaz

Michel Subor, Claude Jade und Dany Robin in Alfred Hitchcocks „Topas“

Claude Jade und Michel Subor in „Topas“

Link: Galerie Michel Subor und Claude Jade in Alfred Hitchcocks „Topas“

Claude Jade, Michel Subor „Topaz“

Number One (1973) restauriert auf dem 39. Torino Film Festival 2021

 

Luigi Pistilli und Claude Jade in Gianni Buffardis „Number one“

Gianni Buffardis lange verschollener Film „Number One“, der im Mai 1973 in den italienischen Kinos uraufgeführt wurde, läuft in restaurierter Fassung auf dem 39. Torino Film Festival.
Claude Jade spielt Gianni Buffardis Film die französische Schauspielerin Sylvie Boisset, die im legendären Nachtclub „Number One“ verkehrt und die Carabinieri in einem Fall von Kunstraub kontaktiert. So wird sie interessant für die Behörden und auch für einige Kriminelle, denn Sylvie gibt den Ermittlern weitere Hinweise auf den Tod ihrer amerikanischen Freundin Deborah…

Guido Mannari und Claude Jade in „Number one“ von Gianni Buffardi

Chris Avram und Claude Jade in „Number one“

Claude Jade als Sylvie Boisset in „Number one“

Der Nachtclub eröffnet den Film. Bald häufen sich die Verbindungen zum berühmten Club mit mysteriösen Diebstählen von Gemälden, neuen und verstörenden Morden und einer Welt, die zunehmend korrupt und gewalttätig wird. In größeren Rollen sind neben Renzo Montagnani als Polizeikommissar und Luigi Pistilli als Kommandant der Carabinieri sowie Claude Jade unter anderem Guido Mannari, Venatino Venantini, Chris Avram, Howard Ross alias Renato Rossini und Massimo Serato zu sehen.
Bis Ende 2021 war nur wenig über den Film bekannt, den sie zusammen mit „La ragazza di via Condotti“ aufgrund eines Vertrags mit dem Anwalt Claudio Giglioli 1973 in Rom dreht, hier nachzulesen: Zwei Filme in Rom: Number one.

Venantino Venantini, Claude Jade, Chris Avram und Gianni Buffardi bei Dreharbeiten zu „Number One“

Die Stars des Films sind unter Pseudonymen Anspielungen auf tatsächliche Personen des Jetset im „Number One“. So spielt die Rolle des Benny von Chris Avram – im Bild oben mit Claude Jade, Venatino Venantini und Gianni Buffardi während der Dreharbeiten – direkt auf den Filmproduzenten und Playboy Pier Luigi Torri an, der zu jener Zeit mit der Schauspielerin Marisa Mell liiert und mit dieser Affaire ein Star in der Jetset-Klatschpresse war. Torri war ein Symbol des „Number One“ und verschwand rasch nach England, um nach einem Drogenskandal im Nachtclub nicht verhaftet zu werden. Auch „Number One“-Betreiber Paolo Vassallo findet sein Double in Venantino Venantinis Rolle Leo wie auch die Mordopfer: Die an einer Überdosis Heroin verstorbene Amerikanerin Deborah zu Beginn des Films erinnert an die Frau von John Paul Getty Jr, It-Girl Talitha Pol-Getty, und das am Seeufer hingerichtete Paar an Giuliano Carabei (im Film Guido Mannari als Massimo) und das Model Tiffany Hoyveld (im Film von Isabelle de Valvert gespielt), beide 1971 an einem See nahe Rom erschossen aufgefunden.

Der Film von Gianni Buffardi verschwand kurz nach seiner Aufführung, das „Number One“ wurde ein Jahr später nach einem erneuten Drogenskandal geschlossen. Nun tauchten Negative auf und die Cineteca Nazionale ermöglichte mit dem Cineasten-Sender Cine34 eine Restaurierung – unter Beisein vom einstigen Kameramann Roberto D’Ettorre Piazzoli und Antonello Buffardi De Curtis, dem Sohn des 1979 verstorbenen Regisseurs.



Der Film wurde vom Centro Sperimentale di Cinematografia – Cineteca Nazionale in Zusammenarbeit mit Cine34, RTI-Mediaset und Infinity+ restauriert.
Nach einer Vorpremiere am 27. November gibt es am 29. November eine Präsentation in Anwesenheit von Antonello Buffardi De Curtis, Kameramann Roberto D’Ettorre Piazzoli, dem Journalisten, Filmkritiker und Essayisten Alberto Anile, seit Januar 2021 Kurator des Nationalen Filmarchivs des Centro Sperimentale di Cinematografia, Luca Pallanch von der Cineteca Nazionale und Marta Donzelli, Filmproduzentin und seit März 2021 Präsidentin des Centro Sperimentale di Cinematografia.
Der Sender Cine34 wird den Film auch im Fernsehen ausstrahlen.

Laut Festival-Programm läuft „Number One“ in der Sektion „Back to Life“ im Massimo zu folgenden Terminen:
27. November 2021 – 09:30
29. November 2021 – 17:30
30. November 2021 – 12:00

Link zum Festival

Fernsehausstrahlung Cine 34

Der Kanal Cine 34 von Mediaset strahlt den Film aus. Am Donnerstag, 9. Dezember um 21 Uhr und am Freitag, 10. Dezember, um 6:48


Link zur TV-Ausstrahlung  Numer One auf Cine 34

Link zu Artikel zu „Number one“ hier:
zwei Filme in Rom 1973: Number One / La ragazza di Via Condotti

 

Georges Claisse 1941 – 2021

Claude Jade und Georges Claisse in „Porté disparu“

Seine Fernsehkarriere begann Georges Claisse ein Jahr nach seinem Theaterdebut mit seinem Pylade in Alfieris „Oreste“ am Théatre Récamier 1966 mit Nebenrollen an der Seite von Philippe Ogouz in der Serie “Rouletabille“ und neben Claude Giraud in “Das Geheimnis der weißen Masken“.
Der Rue-Blanche-Absolvent hat im Kino prägnante Nebenrollen unter anderem in “Wir werden nicht mehr in den Wald gehen“ (1970) – im Fernsehen folgen gewichtigere Rollen, so im Bergsteigerdrama „Entscheidung in der Wand“ (Mort d’un guide, 1975) und im Dreiteiler “Les Lavandes“ (1976-1978).

Georges Claisse macht neben seinen Hauptrollen in französischen Filmen („Le rendez-vous avec quelqu’un“) und Serien („Les Sesterain ou Le Miroir 2000“, „Le fils du ciel“) auch Karriere im deutschen Kino („Ein für allemal“, 1973) und Fernsehen in Serien wie „Die rote Kapelle“ (1973) und „T.E.A.M. Berlin“ (1989-2000).
Eine spannende Aufgabe gibt ihm 1995 Kinoregisseur Jacques Richard im Fernsehfilm „Porté disparu“: Georges Claisse spielt einen Mann, der als verschwunden galt und nach zwanzig Jahren wieder auftaucht im Leben seiner damaligen Frau Hélène (Claude Jade) und seiner Kinder. Hèlène ist inzwischen neu verheiratet. Bei der Erstausstrahlung hatten die Zuschauer die Möglichkeit, den Fortgang der Handlung über Anrufe selbst mitzubestimmen.

Georges Claisse und Claude Jade in „Porté disparu“ von Jacques Richard (1995)

Georges Claisse, dessen letzte Fernsehrolle 2021 der Maréchal Pétain in Laurent Heynemans „Laval, le collaborateur“ war, starb am 15. November 2021 im Alter von 80 Jahren.

73. Geburtstag Claude Jade – Link zum Film „Le bateau sur l’herbe“

„Le bateau sur l’herbe“ zählt Claude Jade zu ihren liebsten Filmen.
Heute wäre sie 73 Jahre geworden.

John McEnery und Claude Jade in „Le bateau sur l’herbe“

Gérard Brach gab Claude Jade ihre erste Gegenbesetzung als unbedarftes egoistisches Mädchen, das die Freundschaft zweier Männer (Jean-Pierre Cassel und John McEnery) zerstört.
Es war ein sehr intimer Film, der Frankreich bei den Filmfestspielen in Cannes vertrat, aber nur ein Kritikererfolg wurde.
Claude Jade „vereint in ihrem Spiel eine Koketterie und eine Perfidie, die ein junges Mädchen heimsucht, von allen Männern geliebt zu werden – und sei es vom besten Freund des Geliebten.” (La revue de deux mondes)
Als Claude gemeinsam mit Jean-Pierre Cassel ein Jahr nach den Dreharbeiten nach Brasilien fliegt, um dort „Le bateau sur l’herbe“ zu präsentieren, lernt sie einen jungen Kulturattaché der Französischen Botschaft kennen: ihren späteren Mann Bernard Coste.

Hier der komplette Film
Le bateau sur l’herbe

Claude Jade, Jean-Pierre Cassel

Claude Jade, John McEnery

Claude Jade in „Le bateau sur l’herbe“

Jean-Pierre Cassel, Claude Jade, John McEnery

Jean-Pierre Cassel, Claude Jade, Le bateau sur l'herbe, Das Schiff auf der Wiese, The Boat on the Grass, Gerard Brach, cinema francais 1970 1971, festival de Cannes

Claude Jade, Jean-Pierre Cassel

Claude Jade, John McEnery

Le bateau sur l’herbe

Monsieur Seul auf youtube

Seit dem 19. August hat der Kanal Series den Krimi „Monsieur seul“ aus der Reihe „Malaventure“ auf youtube online gestellt.

Monsieur Seul mit Michel Vitold und Claude Jade


Ein Mann Ende 50 (Michel Vitold) schaltet eine Kontaktanzeige als „monsieur seul“, als alleinstehender Herr. Gleichzeitig kauft er eine Kollektion gefälschter Diamanten. Die junge Englischlehrerin Hélène (Claude Jade), eine Waise, bleibt hartnäckig…

Un Homme d’une cinquantaine d’années (Michel Vitold) passe une petite annonce dans le journal : „Monsieur 58 ans, sentimental, revenus confortables, souhaite rencontrer vu mariage jeune femme affectueuse“. Dans le même temps lui achète une collection de faux diamants. La jeune prof d’anglais Hélène Letailleur (Claude Jade) suit son annonce. La jeune femme angélique est orpheline et est attirée par l’homme…



Hier der Link zu „Malventure – Monsieur seul“ auf youtube

Anna Gaylor 1932 – 2021

Claude Jade und Anna Gaylor in der Serie „les oiseaux rares“

Mutterrollen waren ihre populärsten: Anna Gaylor war im Fernsehen die Serienmutter für Claude Jade und deren vier Fernsehschwestern in Jean Dewevers „Les oiseaux rares“ und die Mutter von Véronique Jannot im Sechsteiler „Pause café“. Im Kino spielte sie nach Fabienne Guyons Mutter in Jacques Demys „Ein Zimmer in der Stadt“ (1982), Gérard Lanvins Mutter in „Moi vouloir toi“ (1985), Jean Renos Mutter in „Die Besucher“ (1993) und Philippine Leroy-Beaulieus Mutter in „Neun Monate“ (1994) zuletzt von 2003 bis 2013 die Mutter von Jean-Pierre Darroussin in den drei „Le Coeur des hommes“-Filmen. Anna Gaylor ist am 20. September verstorben.

Anna Gaylor in Stephen Boyd in „Seven Thunders“ und mit Patrick McGoohan in „Nor the Moon by Night“

Anna Gaylor und Charles Denner in Alain Jessuas „La vie à l’envers“ (1964)

Die Absolventin des Conservatoire national supérieur d’art dramatique startete eine Karriere im angelsächsischen Kino, so als Partnerin Stephen Boyds in „Seven Thunders“ und neben Patrick McGoohan in „Gnadenloser Dschungel“.
In Frankreich mit der Hauptrolle neben Jean Sorel im Eifersuchtskrimi „Bittere Frucht der Liebe“ ebenfalls etabliert, arbeitet Anna Gaylor häufig unter der Regie ihres Ehemanns Alain Jessua. Dessen Drama „Das umgekehrte Leben“ wird 1964 ihr wichtigster Film. In der Folgezeit in Nebenrollen engagiert, dreht sie über 120 Filme für Kino und Fernsehen; zuletzt war sie 2018 in „Dans la brume“ als Colette zu sehen, eine ältere Dame, die Romain Duris und Olga Kurylenko bei sich aufnimmt.

Claude Jade mit ihren Serieneltern Anna Gaylor und Guy Saint Jean


Große Popularität verdankt Anna Gaylor der 1967 gedrehten und 1969 ausgestrahlten Fernsehserie „Les oiseaux rares“, in der sie als Florence Massonneau die Mutter von fünf Töchtern spielte. Einer der seltenen Vögel, die flügge werden und für Turbulenzen in der Villa der Massonneaus sorgen, ist Sylvie, gespielt von Claude Jade. Ob es der Kauf eines Pferdes ist oder die Unterbringung desselben im Wohnzimmer: Maman muss ihr gegen den unnachgiebigen Papa (Guy Saint-Jean) beistehen. Und in der letzten der 60 Folgen darf Anna Gaylor als Mutter des Quintetts verkünden, dass sie erneut schwanger ist. Vermutlich wieder die Mutter eines Mädchens.

Les oiseaux rares

Les oiseaux rares

Anny Duperey 74

Anny Duperey wird heute 74.

Claude Jade und Anny Duperey in „Sous le signe de Monte Cristo“

Am Pariser Konservatorium ausgebildet, debütiert sie 1965 in Jean Meyers Inszenierung von „Les trois mariages de Mélanie“ am Théâtre Michel. Unter Meyers Regie wird Claude Jade später in sechs Stücken spielen. 1967 gibt Anny Duperey ihr Filmdebüt in Godards „Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß“ und hat kurz darauf ihre erste große Rolle in Michel Boisronds „Der goldene Schlüssel“ (L’homme qui valait des milliards). Als Filmtochter von Raymond Pellegrin wird sie am Ende mit Frederick Stafford, Claude Jades Filmpartner in Alfred Hitchocks „Topas“ und „La ragazza di via Condotti“, glücklich.

1968 spielen Anny Duperey und Claude Jade die weiblichen Hauptrollen in André Hunebelles „Sous le signe de Monte Cristo“. Hier ist Anny Duperey die Ehefrau von Raymond Pellegrin, ihrem Filmvater aus „Der goldene Schlüssel“. 1974 spielen Claude Jade und Anny Duperey erneut zusammen in „Le malin plaisir“. 1978 spielen beide Heldinnen der TV-Reihe „Les amours sous la Révolution“, Anny Duperey als Aimée de Coigny in „André Chénier et la jeune captive“ und Claude Jade als Lucile Desmoulins in „La passion de Camille et Lucile Desmoulins“.
Herzlichen Glückwunsch zum 74.

Remake „L’île aux trente cercueils“

Am 29. März begannen die Dreharbeiten zu einem Remake des Sechsteilers „L’île aux trente cercueils“ (Die Insel der dreißig Särge), der in Deutschland als „Die Insel der dreißig Tode“ im Fernsehen lief und wiederholt auf DVD erschien.
1979 lief die legendäre Serie erstmals im französischen Fernsehen. 2019 wurde ihr 40jähriges Jubiläum gefeiert.
Claude Jade spielte die Hauptrolle der Véronique d’Hergemont, die fünfzehn Jahre nach der Nachricht vom Tod ihres Sohnes und ihres Vaters geheimen Zeichen folgt und auf der Insel Sarek landet, auf der ein grausiger Fluch lastet. Mit ihrer Ankunft sind die 30 Bewohner der „Insel der dreißig Särge“ dem Tod geweiht. Véronique nimmt den Kampf mit unheimlichen Mächten auf und stellt sich einer teuflischen Intrige.

Das phantastische Abenteuer nach einem der besten Romane von Maurice Leblanc erfährt nun eine Neuverfilmung, ebenfalls in sechs Teilen. Die Hauptrolle, die damals von Claude Jade gespielt wurde, erhielt Virginie Ledoyen. An ihrer Seite spielen Charles Berling als Vorski, Jacques Webers Sohn Stanley Weber als Stéphane Maroux, Jéremy Gillet in der Doppelrolle Paul/Aurélien  und der am 27. Juli 2021 verstorbene Jean-François Stévenin in seiner letzten Rolle als Henri Dormont. Weiterhin wurden Dominique Pinon, Adama Niane, Noam Morgensztern, Marilyne Canto, Martine Chevallier, Tom Rivoire, Thomas Mustin und  Manon Valentin besetzt. Das Remake wurde von Elsa Marpeau und Florent Meyer entwickelt. Regie führt Frédéric Mermoud.
Im Remake erhält die Heldin, die nun Christine heißt, auf ihrem Smartphone eine Nachricht zu ihrem totgeglaubten Sohn, die sie auf die Insel Sarek führt. Während die Heldin den Spuren ihrer Vergangenheit folgt, schürt eine Reihe von Todesfällen die Angst unter den 30 Bewohnern von Sarek.

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Die Rollen von Claude Jade und Jean-Paul Zehnacker spielen Virginie Ledoyen und Charles Berling

Wer sich bis zur Ausstrahlung nicht gedulden mag, erst vor einem Monat wurde der TV-Klassiker im kanadischen Fernsehen als Marathon ausgestrahlt, nachdem er in Kanada im Januar zu sehen war. Und die Serie gibt es zudem als DVD und in Streams.
Hier einige Erinnerungen an das Original
L’île aux trente cercueils – 40 Jahre

Link zur Mitteilung:
https://www.programme-tv.net/news/series-tv/273074-lile-aux-trente-cercueils-une-nouvelle-adaptation-bientot-sur-france-2-avec-virginie-ledoyen-au-casting/

Thomas Lilti – Einfluss durch Claude Jade

Regisseur, Drehbuchautor und Arzt. Von Thomas Lilti, dem Schöpfer und Regisseur der Serie „Hippocrate“, ist der autobiographische Bericht „Le Serment“ erschienen, in dem er über seine Karriere als Arzt und Filmemacher berichtet.
Im Interview mit Marilyne Letertre von „Madame Figaro“ nennt er auf die Frage nach einer prägenden Begegnung die mit Claude Jade.

Ein Treffen, das Sie geprägt hat?
Claude Jade, die ins Krankenhaus kam, an dem ich Medizinstudent war. Ich war in Anbetung vor Truffaut, ich identifizierte mich mit Antoine Doinel und plötzlich war ich ein wenig verliebt in sie. Ich sagte ihr, ich wollte Filme machen und wir tauschten ein paar Briefe aus. Es war das erste Mal, dass das Kino in mein Leben als Arzt Einlass fand.

Interview Thomas Lilti Madame Figaro

Robert Hossein gestorben

Robert Hossein ist am 31. Dezember 2020, einen Tag nach seinem 93. Geburtstag, verstorben.

Claude Jade, Robert Hossein in "Prêtres interdits" (Der Abbé und die Liebe), 1973

Claude Jade, Robert Hossein in „Prêtres interdits“ (Der Abbé und die Liebe), 1973

In Claude Jades Geburtsjahr 1948 hat Robert Hossein den Cours Simon besucht und debütiert am Theater und im Film. Er inszeniert 1949 sein eigenes Stück „Les vouyous“ und beginnt die Zusammenarbeit mit Frédéric Dard. Dards „Les salauds vont en l’enfer“ inszeniert er 1954 am Grand Guignol und ein Jahr später fürs Kino. Die Hauptrolle spielt Marina Vlady, die seine erste Lebensgefährtin ist. Sie spielen gemeinsam in Georges Lampins „Schuld und Sühne“ und in Hosseins Regiearbeit „Toi le venin – Nachts fällt der Schleier“. Robert Hossein spielt zumeist Gangster und üble Schurken, die manchmal einen guten Kern haben.
Auch als Regisseur dreht er vor allem Gangsterfilme und wechselt das Genre nur selten wie für den Western „Une corde, un colt“ (Friedhof ohne Kreuze) oder die Victor-Hugo-Verfilmung „Les Misérables“ (Die Elenden / Die Legion der Verdammten) von 1982. Zwei Jahre zuvor hatte er die Uraufführung des Musicals „Les Misérables“ im Palais des sports inszeniert.

Zum Sexsymbol wird er in den 1960er Jahren er mit der Reihe um „Angélique“: in vier Kostümschinken ist er an der Seite von Michèle Mercier deren Mann Joffrey de Peyrac.  Für Alex Joffé spielt er in „Rififi bei den Frauen“ und Denys de La Patellière besetzt ihn für „Le tonnerre de Dieu“ (Herr auf Schloss Brassac) und „Les Aventures de Marco Polo“. 1973 folgt die dritte Zusammenarbeit mit Denys de La Patellière für „Prêtres interdits“ (Der Abbé und die Liebe).

Claude Jade wird für die weibliche Hauptrolle der Françoise besetzt und Truffaut schreibt ihr:
am 9. Juli 1973 aus Los Angeles:
„Meine kleine Claude,
ja, du bist immer meine kleine Claude, aber wegen deines so liebevollen Briefes hatte ich letzte Nacht einen sehr schlechten Traum. An einer Bar traf ich Robert Hossein und auch Alex Joffé, der mir sagte: ‚Ich drehe einen Film mit Robert als Priester in der Résistance’. Ich sagte: ,Halt, ich dachte, La Patellière würde den Film drehen’.
– Ja, aber er ist abgewiesen worden und ich ersetze ihn.
– Aber mit der kleinen Claude Jade werden Sie doch drehen?
– Äh… nein, wir haben uns gestern entschlossen, auch sie umzubesetzen.
Du siehst, dieser Traum war unangenehm und er wäre Gold für einen Psychoanalytiker – ein Filmemacher, der umbesetzt wird!
Also schreibe mir bitte einen langen Brief, mit dem du mich beruhigen wirst und mir deine Arbeit schilderst; das würde mir große Freude bereiten, denn ich denke ständig an dich.
[…]
Ich umarme dich ganz heftig, meine kleine Claude, ich wünsche dir glückliche Dreharbeiten mit dieser so guten Persönlichkeit, die du da kreieren wirst; schreibe mir schnell,
françois“

„Robert Hossein, ce n’est pas mal, hein?“, sagt Claude Jade 2001 in einem großen Interview in der „Allocine Talkshow“, als sie auf den Film angesprochen wird. Damit reiht sie sich in eine Liste legendärer Aktricen, die mit Hossein spielten: Annie Girardot, Michèle Morgan, Marina Vlady, Marie-José Nat, Catherine Deneuve, Brigitte Bardot, Michèle Mercier, Anna Karina, Stéphane Audran, Delphine Seyrig, Marie-France Pisier, Nicole Garcia, Catherine Rouvel …

Michèle Watrin, die Claude Jades Cousine spielte, war damals Robert Hosseins Verlobte. Sie starb 1974.

Hossein war neben Marina Vlady auch mit weiteren Schauspielerinnen liiert, eine davon spielte in „Prêtres interdits“ Claude Jades Filmcousine. Michèle Watrin hatte gerade in der Fernsehserie „La mer est grande“ eine Hauptrolle gespielt. Als Françoises Cousine steht sie dem Abbé Rastaud, der gerade Françoise nach einem Fahrradunfall verarztet, unbeholfen im Weg und er schiebt sie entnervt beiseite. Eine vergnügliche Szene, denn die beiden wollten ein Jahr darauf heiraten. Im August 1974 kommt Michèle Watrin bei einem Autounfall ums Leben. Ihr Beifahrer Robert Hossein überlebt.

Robert Hossein, Claude Jade und Claude Piéplu in „Der Abbé und die Liebe“

„Prêtres interdits“ erzählt sie Geschichte eines ungewöhnlichen Liebespaares. Die junge Pariserin Françoise verliebt sich 1936 auf dem Lande in den Priester Jean. Nach anfänglichem Zögern erwidert er ihre Gefühle. Als Françoise ein Kind erwartet, wird Jean suspendiert und geht in die Résistance… Der Priester stellt eine Ausnahme in Robert Hosseins Rollenspektrum dar. Der Film lief im deutschen Fernsehen erstmals 1986 und dann 1988 in einer Mittwoch-Filmreihe zu Ehren Robert Hosseins. Die Kinozeotschrift Filmspiegel schrieb 1986 zur Erstaufführung: „Diesen Abbé spielt Robert Hossein, Regisseur und Schauspieler, der so häufig den miesen Ganoven, den brutalen Draufgänger verkörpert hat. Hier ist es eine Rolle, die ihm die Darstellung menschlicher Größe und glaubhafter Gefühle abverlangt. Seine Partnerin ist Claude Jade – die 26jährige wirkt wie ein gerade 16jähriges Schulmädchen.“

Die Kritik lobt die Leistungen der drei Hauptdarsteller Robert Hossein, Claude Jade und Claude Piéplu, der Hosseins Amtskollegen Ancely spielt:
„Denys de La Patellière zögert nicht, Schauspieler zu besetzen, die bereits sehr geprägt sind. Robert Hossein und Claude Piéplu zwingen sich zu ihren Priestern. Um für die verbotene Liebe des Priesters nicht das Gesicht der Sünde zu verwenden, nahm er das reinste Gesicht des Französischen Kinos, das von Claude Jade. Nichts scheint hässlich oder schmutzig; er verwendet zarte poetische Bilder, schwelgend in der Musik von Vivaldi.“  (Le Combat, 20. November 1973)„Verbotene Priester ist ein populärer Film, der Akzente setzt und bemerkenswert mit einem Robert Hossein in seiner wohl besten Rolle. Claude Jade ist sehr lieblich als die verbotene Frucht und die Präsenz von Claude Piéplu dominiert vor allem die zweite Hälfte des Films.“ (Aurore, 24. November 1973)
„Die Leistung der Schauspieler ist hervorragend, die Nüchternheit, die Genauigkeit des Tons und die Einstellung der drei Protagonisten ist unleugbar exzellent.“ (Image et son)

zur Erinnerung vorerst ein Link zum Film „Der Abbé und die Liebe“ (Prêtres interdits)

1988 lief der Film mit vier weiteren in einer Robert-Hossein-Filmreihe

 

Der Film lief wiederholt im DDR-Fernsehen, später im ZDF als „Verbotene Gefühle“. In einer Mittwoch-Filmreiehe zu Ehren Robert Hosseins liefen neben „Der Abbé und die Liebe“ auch Sonderdezernat CIII Montmartre (Brigade Anti-gangs) , Madame Sans-Gêne, Friedhof ohne Kreuze (Une corde, un colt) Die Schamlosen (Les Libertines).

Der Film lief erneut in einer fünfteilen Robert-Hossein-Filmreihe.